# taz.de -- Kinotipps der Woche: Spätes Happy End | |
> Das Klick-Kino feiert den 120. Geburtstag von Marlene Dietrich. Die | |
> Dokumentation „Searching for Sugar Man“ ist auf der Suche nach Sixto | |
> Rodriguez. | |
Bild: Auf der Suche nach dem Singer-Songwriter Sixto Rodriguez: „Searching fo… | |
Den 120. Geburtstag von Marlene Dietrich feiert das Klick-Kino mit dem | |
Publikumserfolg „Ich küsse Ihre Hand, Madame“ (R: Robert Land, 1929), in | |
dem Marlene in einem Fantasie-Paris eine elegante Dame gibt. | |
Damals war die Verwechslungsgeschichte um einen russischen Grafen (Harry | |
Liedtke), der im Exil als Kellner arbeitet, nicht zuletzt deshalb populär, | |
weil der Stummfilm eine musikalische Tonsequenz enthält. Heute guckt man | |
vielleicht mehr auf Marlenes berühmte Beine, wenn sie mit dem | |
Grafen/Kellner die große Treppe hinuntersteigt (27. 12., 17.30 Uhr, | |
[1][Klick-Kino]). | |
Eine der nettesten Musikdokumentationen ist und bleibt „Searching for Sugar | |
Man“ (2012), in der sich ein Plattenladenbesitzer und ein Musikjournalist | |
aus Südafrika auf die Suche nach dem amerikanischen Singer-Songwriter Sixto | |
Rodriguez machen. Der in Detroit als Sohn mexikanischer Immigranten | |
geborene Musiker hatte Anfang der 1970er-Jahre mit „Cold Fact“ und „Coming | |
From Reality“ zwei prima Platten aufgenommen, die allerdings weltweit | |
floppten. | |
Nur im damaligen Apartheid-Staat Südafrika nicht, wo der nunmehr von der | |
Bildfläche verschwundene Rodriguez mit seinem Anti-Establishment-Pop ohne | |
sein Wissen zu einem musikalischen Helden jener weißen Südafrikaner wurde, | |
die einen liberalen Wandel wünschten. Aber weil man so gar nichts über ihn | |
wusste, hielt man ihn schließlich für tot. Doch das war er mitnichten. | |
Rodriguez hatte ein bescheidenes Leben als Restaurateur und Bauarbeiter in | |
Detroit gelebt, dabei aber seine intellektuellen und sozialen Interessen | |
weiter gepflegt: ein bodenständiger Mann, der auch mit dem plötzlich | |
wiedererwachten Interesse an seiner Person und seiner Musik ganz | |
selbstverständlich umzugehen weiß. | |
Denn ein spätes Happyend gab es auch: viel umjubelte Konzerte in Südafrika. | |
Der schwedische Regisseur Malik Bendjelloul hat die Suche nach Rodriguez | |
über sechs Jahre hinweg verfolgt, was [2][in seinem Film] ebenso amüsant | |
wie anrührend herüberkommt und nebenbei auch ein seltsames Stück | |
südafrikanischer Kulturgeschichte erzählt (24. & 25. 12., 21.15 Uhr, 27. | |
12., 21 Uhr, [3][Sputnik Kino]). | |
Das beste Kinoprogramm zwischen den Jahren zeigt das Arsenal-Kino mit der | |
kleinen [4][Reihe der Farbfilme des japanischen Regisseurs Yasujiro Ozu.] | |
Sein letzter Film „Samma no aji“ (Ein Herbstnachmittag, 1962) funktioniert | |
wie ein gelassenes Kompendium all der Themen, die ihn zeitlebens bewegten: | |
das Verhältnis von Tradition und Moderne, die Beziehungen der älteren zur | |
jungen Generation und die veränderte Stellung der Frau in der | |
Nachkriegsgesellschaft. | |
Ausgangspunkt für Probleme aller Art ist dabei stets die Abnabelung der | |
Kinder von den Eltern und ihre Einbindung in neue familiäre Strukturen. | |
„Samma no aji“ erzählt seine Geschichte aus der Perspektive eines Witwers, | |
der sich langsam überzeugen lässt, dass für seine Tochter die Zeit eines | |
eigenen Lebens gekommen ist, und entwirft dabei auch ein schönes Porträt | |
der japanischen Mittelschicht. | |
Kann man sich möglicherweise gebrauchte Golfschläger leisten? Kann sich der | |
erwachsene Bruder nicht vielleicht selbst das Essen zubereiten, anstatt | |
sich von der Schwester bedienen zu lassen? Hier wird es geklärt (27. 12., | |
20 Uhr, [5][Arsenal 1]) | |
23 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] http://www.klickkino.de/programm/ich-k%C3%BCsse-ihre-hand-madame/ | |
[2] https://www.sputnik-kino.com/program/movie/2285 | |
[3] https://www.sputnik-kino.com/program/movie/2285 | |
[4] /Kinotipp-der-Woche/!5819170 | |
[5] https://www.arsenal-berlin.de/de/kino-arsenal/programm/einzelansicht/articl… | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
## TAGS | |
Filmgeschichte | |
Filmrezension | |
taz Plan | |
Musik | |
Kolumne Frisch gesichtet | |
Japan | |
Filmkritik | |
taz Plan | |
taz Plan | |
Japanisches Kino | |
taz Plan | |
taz Plan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kinoempfehlungen für Berlin: Eine gewaltige Umstellung | |
Das Zeughauskino zeigt Exilfime aus den Niederlanden der 1930er Jahre, das | |
Filmmuseum präsentiert Potsdam als Drehort dieser Zeit auch online. | |
Kinotipps der Woche: Manieriert geschnüffelt | |
Viel Spaß auf dem Nil im Sputnik. Das schöne Leben für Nutztiere im | |
Filmmuseum – und, was sich Menschen darunter vorstellen, im Zeiss | |
Großplanetarium. | |
Kinotipp der Woche: Ohne Eile und in Farbe | |
Rhythmus und Struktur: Das Kino Arsenal würdigt das Spätwerk des | |
japanischen Regisseurs Yasujiro Ozu mit einer kleinen Filmreihe. | |
Kinoempfehlungen für Berlin: Immer diese Familie | |
In „Encanto“ muss ein kleines Mädchen die familiären Superkräfte retten. | |
„Ohayo“ erzählt vom Streik von Kindern gegen den ohnmächtigen Vater. | |
Kinotipps für Berlin: Der übrig gebliebene Kapitalismus | |
Eine Doku im Casablance ist dem linken Schriftsteller Walter Kaufmann | |
gewidmet, Paul Verhoevens „Benedetta“ nimmt das Klosterleben auf die | |
Schippe. |