# taz.de -- Berlins Regierende Bürgermeisterin: So wahr ihr Gott helfe | |
> Franziska Giffey (SPD) wird als neue Regierende Bürgermeisterin | |
> vereidigt. Auch die Senatsmannschaft kommt am Dienstag offiziell ins Amt. | |
Bild: Blitzblank gefegte Rathaustreppe für Berlins neue Regierende: Franziska … | |
BERLIN taz | „Mach's gut“, sagt ihr noch eine Freundin, als [1][Franziska | |
Giffey] um kurz vor zehn von der Besuchertribüne runter muss in die Reihen | |
der SPD-Fraktion. Vater Wolfgang, an den großen, kräftigen Händen gut als | |
jener Kfz-Meister zu erkennen, von dem in Giffey-Porträts oft die Rede ist, | |
der 12-jährige Sohn und der Bruder der designierten Regierungschefin sitzen | |
in der ersten Reihe der Tribüne, um am Dienstag ihre Wahl zur ersten | |
Regierungschefin zu verfolgen. | |
Giffey ist schnell hochgehuscht, um ihre Leute zu begrüßen, und auch jene | |
der künftigen Senatsmitglieder, die keine Abgeordneten sind und deshalb | |
hier oben und nicht unten im Plenarsaal sitzen. Gut eineinhalb Stunden | |
später, um 11.10 Uhr, spricht sie ihren Amtseid – und zwar anders als | |
Bundeskanzler Olaf Scholz vor knapp zwei Wochen mit dem Zusatz „So wahr mir | |
Gott helfe“. Das hatte auch ihr Vorgänger Michael Müller vor fünf Jahren so | |
gemacht. | |
147 Mitglieder hat das Abgeordnetenhaus, einige sind an diesem | |
Dienstagmorgen gar nicht da. 139 stimmen schließlich mit, 84 davon votieren | |
mit „Ja“ für Giffey, 52 mit „Nein“, zwei enthalten sich, eine Stimme i… | |
ungültig. Zieht man fünf fehlende Koalitionsabgeordnete von deren 92 | |
Mandaten ab, ist man bei 87 – allzu viele haben also Giffey nicht die | |
Gefolgschaft verweigert. | |
Dabei war durchaus [2][Gegenwind von der Linksfraktion] erwartet worden. In | |
deren Landesverband hatte es viel Unzufriedenheit über den | |
Koalitionsvertrag gegeben, unter anderem, weil die Partei im Senat das | |
Stadtentwicklungsressort abgeben musste. 84 Stimmen hingegen ist ein | |
Ergebnis, mit dem Giffey sichtlich gut leben kann, als sich nun die | |
Gratulanten aus Koalition und Opposition vor ihr aufreihen. | |
## Der Vertrag ist unterzeichnet | |
Die Grundlage für ihre Wahl hat ein anderer Termin früher am Morgen | |
geliefert. Um 9 Uhr ist Giffey als SPD-Landesvorsitzende mit den | |
Vorsitzenden der Koalitionspartner in der Staatsbibliothek Unter den Linden | |
verabredet, um den Vertrag zwischen Sozialdemokraten, Grünen und | |
Linkspartei zu unterzeichnen. Der beschreibt auf rund 150 Seiten die Basis | |
ihrer Zusammenarbeit. | |
Wie an viele Orten, an denen sich die Partner seit der Parlamentswahl am | |
26. September zu Koalitionsverhandlungen oder Pressekonferenzen getroffen | |
haben, ist auch die Wahl dieses Ortes bedeutungsschwanger. Denn nach langen | |
Jahren des Umbaus erlebte jüngst auch die Staatsbibliothek einen Neustart, | |
wie ihn Giffey schon im Wahlkampf ankündigte. | |
Knapp zwei Kilometer Fahrt sind es von dort ins Abgeordnetenhaus. Nicht | |
viel weiter ist es vom Parlament zum Roten Rathaus. Denn dort steht nach | |
Giffeys Vereidigung der nächste Akt an: die Ernennung ihrer zehn | |
Senatsmitglieder, vier Männer und sechs Frauen. Also runter von der | |
Tribüne, raus aus dem Plenarsaal, wo pandemiebedingt ohnehin eine | |
Lüftungspause ansteht, und rüber in die Regierungszentrale. | |
Weil die bloße Ernennung den- oder diejenigen zwar zum Senator oder zur | |
Senatorin macht, aber noch nicht die Befugnis zur Amtsausübung verleiht, | |
müssen alle danach wieder die knapp zweieinhalb Kilometer zurück zum | |
Abgeordnetenhaus fahren. Dort geht es nach eineinhalbstündiger | |
Unterbrechung weiter – Giffeys Familie ist unter den Ersten, die wieder der | |
auf die Tribüne kommen. | |
Die designierten Senatsmitglieder sitzen bereits auf der Senatsbank, bevor | |
sie einzeln aufstehen und vor [3][Parlamentspräsident Dennis Buchner (SPD)] | |
so wie Giffey ihren Amtseid leisten. Vier der zehn machen das wie die neue | |
Regierungschefin mit Gottesbezug. Darunter ist – neben | |
Vize-Regierungschefin Bettina Jarasch, Bildungssenatorin Astrid-Sabine | |
Busse und Wirtschaftssenator Stephan Schwarz – auch die neue | |
Justizsenatorin Lena Kreck von der Linkpartei, bislang Professorin an der | |
Evangelischen Hochschule Berlin im Stadtteil Zehlendorf. So viel Gott war | |
lange nicht im Senat: 2016 ergänzte neben Müller nur die damalige | |
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop ihren Amtseid mit „so wahr mir Gott helfe“. | |
## Die Omikron-Krise | |
Fünf Minuten später sind die Formalia passé und der politische Alltag da – | |
die neue Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) wirbt für Zustimmung | |
dafür, [4][die epidemische Notlage] zu erklären. Drastisch formuliert sie | |
in ihrer ersten Rede im Berliner Parlament – im bayrischen Landtag war sie | |
als Abgeordnete bis 2019 bereits jahrzehntelang zu hören. „Omikron | |
verändert fast alles, was wir bislang über die Pandemie gelernt haben“, | |
sagt sie, „die Übertragungsrate ist so hoch, dass man sich, das werden wir | |
in ein paar Tagen sehen, überall anstecken kann.“ | |
Es gehe nicht nur ums Krankenhaus, sondern darum „insgesamt die | |
Infrastruktur aufrecht zu halten.“ Wenn U-Bahnfahrer oder Verkäuferinnen im | |
Einzelhandel nicht mehr arbeiten könnten, „dann ist unser Zusammenleben | |
bedroht“. | |
Für Franziska Giffey sind Gottes Worte wie eine Einstimmung auf das, was | |
eine halbe Stunde später in anderem Kreis auf sie zukommen wird: Sie, | |
gerade zur Regierungschefin gewählt, muss dann mit den anderen 15 | |
Ministerpräsidenten beim Bund-Länder-Gipfel über das „Wie weiter mit | |
Corona?“ und die vom RKI dringend empfohlenen Kontaktbeschränkungen auch | |
für Geimpfte beraten. | |
21 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Berlins-SPD-stellt-Senatorinnen-vor/!5823026 | |
[2] /Linke-stimmt-ueber-Koalitionsvertag-ab/!5821673 | |
[3] /Vorne-im-Abgeordnetenhaus/!5806543 | |
[4] /Nachrichten-zur-Coronakrise/!5823125 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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