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# taz.de -- Rot-Grün-Rot in Berlin startet: Warum es knallen wird im Senat
> Die Koalition aus SPD, Grünen und Linken geht in die zweite Runde. Fünf
> Thesen, warum wir turbulente Monate erwarten dürfen. Ein Wochenkommentar.
Bild: Glücksbringer*innen sind nie schlecht: Franziska Giffey am ersten Arbeit…
Knapp drei Monate hat es gedauert von der Wahl des Abgeordnetenhauses Ende
September bis zur [1][Wahl Franziska Giffeys durch das Abgeordnetenhaus am
21. Dezember.] Eine lange Zeit angesichts der Tatsache, dass die neue
Regierung Berlins auch die alte ist, und zudem länger als die
Regierungsbildung im Bund dauerte.
In dieser Zeit haben die Politiker*innen von SPD, Linken und Grünen
viel geredet, mit- und untereinander, öffentlich und hinter verschlossenen
Türen. Die drei Partner sollten sich jetzt also ein bisschen kennen und
wissen, was auf sie zukommt in den nächsten fünf Jahren. Sofern das Bündnis
so lange Bestand hat.
Zwar haben sich die drei Parteien im Koalitionsvertrag versprochen, besser
miteinander zu regieren als in der letzten Legislatur (vor deren Beginn sie
sich das übrigens auch schon versprochen hatten). Doch deutet viel darauf
hin, dass Berlin turbulente sechs Monate bevorstehen oder vielleicht sogar
ein ganzes wildes Jahr.
## Warum?
Auch wenn SPD, Grüne und Linke fünf gemeinsame Jahre auf dem Buckel haben:
Diese Regierung ist personell eine ganz andere als die vorherige. Viele
erfahrende Senator*innen in allen Parteien haben die Berliner
Politikbühne verlassen (müssen), darunter Finanzsenator Matthias Kollatz
(SPD), Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) und Ramona Pop (Grüne).
[2][Acht der zehn Senator*innen sind neu], genauso wie die Regierende
Bürgermeister Giffey. Manche wie der von der SPD nominierte parteilose
Wirtschaftssenator Stephan Schwarz sind explizite Seitenwechsler aus der
Praxis und unerfahren mit dem bisweilen speziellen Innenleben der
Senatsverwaltungen. Andere wie Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne)
kommen von außerhalb und dürfen erst mal die Stadt und ihre Gepflogenheiten
kennen lernen. Es wird also dauern, bis alle in ihren Ämtern angekommen
sind.
Doch in dieser Zeit stehen bereits zahlreiche wichtige Entscheidungen an:
Das Gremium, das sich mit der Umsetzung des Enteignen-Volksentscheids
beschäftigen soll, muss besetzt, das Bündnis mit Bauinvestoren eingefädelt
werden. Schließlich, so der [3][neue, alte Bausenator Andreas Geisel
(SPD)], laufe Berlin die Zeit davon, wenn es darum geht, die soziale
Spaltung der Stadt auf dem Wohnungsmarkt zu verhindern.
Im Hintergrund zieht sich derweil die Prüfung, ob die [4][Wahlen am 26.
September] nicht zumindest teilweise wiederholt werden müssen, weil die
Pannen und die Selbstüberschätzung der Verwaltung zu groß waren. Das wäre
ein demokratischer GAU. Es liegt also genug Zündstoff herum; irgendjemand
wird sicher was damit anfangen.
## Beim wem regiert sie rein?
Drittens ist da [5][Franziska Giffey] selbst. Die Regierungschefin hat die
Koalitionsverhandlung akribisch bis ins Detail geführt, und „geführt“ ist
dabei wörtlich zu nehmen. Nun ist der Koalitionsvertrag unterzeichnet und
die Posten verteilt; die Sorge und der Druck, das Bündnis könnte vielleicht
nicht zustande kommen, sind verflogen. Und die Frage ist: Wie wird Giffey
den Senat nun führen? Sie hat schon angekündigt, Verantwortung für alle
Themen zu übernehmen. Das heißt im Zweifelsfall aber auch: Allen
reinzureden. Mal sehen, wer sich das gefallen lässt.
Viertens ist da natürlich Corona. Derzeit sieht es so aus, als müsste die
Politik in den nächsten Wochen viele folgenschwere Entscheidungen treffen;
vielleicht sogar die Schließung von Schulen und Kitas, was lange als No-Go
galt. Die neue SPD-Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse gilt aus ihrer
Zeit als Schuldirektorin als absolute Gegnerin von solchen Maßnahmen,
angefangen von der Ablehnung der Maskenpflicht in Klassenzimmern. Auch hier
wird es zu Konflikten kommen.
Zudem weiß niemand, wie sich die Proteste gegen die Maßnahmen in Berlin
entwickeln werden. Bisher sind sie zwar zahlreich, aber insgesamt
überschaubar. [6][Die fünfte Welle] könnte das ändern.
## Viele junge Abgeordnete sorgen für Schwung
Schließlich sind auch die Regierungsfraktionen im Abgeordnetenhaus
besonders bei Linken und Grünen deutlich jünger und unerfahrener. Das kann
die Politik beleben, aber auch zu Unruhe führen und deutlichen Druck auf
den Senat.
Das heißt natürlich nicht, dass es zu Konflikten zwischen SPD, Grünen und
Linken kommen muss. Vielleicht sorgt gerade der Druck durch die Pandemie
für eine besonders konstruktive Arbeit. Aber dies sind aufreibende Zeiten.
Viele Politiker*innen haben sich noch nicht von den Anstrengungen von
fast zwei Jahren Corona, dem Wahlkampf und den langen
Koalitionsverhandlungen erholt. Und ein paar Weihnachtstage dürften dafür
kaum reichen. Zumal die Arbeit, wie gesagt, gleich losgeht.
24 Dec 2021
## LINKS
[1] /Neue-Buergermeisterin-Franziska-Giffey/!5820972
[2] /Rot-gruen-roter-Senat-in-Berlin/!5823098
[3] /Berlins-SPD-stellt-Senatorinnen-vor/!5823026
[4] /Wahlpannen-in-Berlin/!5806491
[5] /Jetzt-regiert-Franziska-Giffey/!5820948
[6] /Virologin-ueber-Omikron-Variante/!5820738
## AUTOREN
Bert Schulz
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Wochenkommentar
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