Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Michael Müller im Bundestag: Die SPD hat's ja!
> Der Noch-Regierende Bürgermeister von Berlin ist bald Hinterbänkler im
> Bundestag. So was leistet sich wohl nur die SPD.
Bild: Entdecken Sie ihn? Der Regierende Bürgermeister als einfacher Abgeorndet…
Man konnte Michael Müller in den letzten Jahren oft auf der großen
politischen Bühne Deutschlands entdecken. 2017 war der Regierende
Bürgermeister von Berlin [1][zugleich Präsident des Bundesrats]; in der
Coronakrise dann durfte er als Vorsitzender der
Ministerpräsidentenkonferenz nach den Sitzungen mit der Bundeskanzlerin die
Beschlüsse der Bund-Länderrunden einem Millionenpublikum im Fernsehen
verkünden. Überhaupt hat Müller, nach Ränkespielchen im SPD-Landesverband
Anfang 2020 schon fast abgeschrieben, in der [2][Pandemie an Profil
gewonnen und viel richtig gemacht]. Dafür bekam er Anerkennung, weit über
Berlin hinaus.
Diese Woche ist seine letzte im Amt des Regierenden, ja die letzte einer
langen Zeit in der Berliner Landespolitik. Am vergangenen [3][Dienstag
leitete Müller zum letzten Mal die Senatssitzung], am kommenden Dienstag
wird Franziska Giffey vom Abgeordnetenhaus zur Regierenden Bürgermeisterin
gewählt.
Müller war nicht wieder als SPD-Spitzenkandidat angetreten; stattdessen hat
Giffey das bislang schlechteste Ergebnis für die Sozialdemokraten in der
Hauptstadt zu verantworten. Müller wurde direkt in
Charlottenburg-Wilmersdorf in den Bundestag gewählt. Und da seine Partei –
im Rückblick auf das ganze vergangene Jahr gesehen doch eher überraschend –
die Bundestagswahl gewonnen hat und mit Olaf Scholz den Kanzler stellt,
dürfte einer weiteren politischen Karriere im Rampenlicht eigentlich nichts
mehr im Wege stehen.
Könnte man meinen. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass Müllers Partei
die SPD ist. Und für Dankbarkeit war die noch nie bekannt.
Denn statt zum Beispiel Staatssekretär im von der SPD verwalteten
Bauministerium zu werden oder gar Ressortchef – schließlich war Müller
mehrere Jahre Stadtentwicklungssenator in Berlin -, darf der Ex-Regierende
erstmal umfassend die Qualität der Bundestagsstühle testen. Er wird
einfacher Abgeordneter, ein Hinterbänkler, wie man so sagt.
Einer, der schon mit Merkel über den künftigen Krisenkurs in der Pandemie
gefeilscht hat; einer, der als Ministerpräsident der wichtigsten Stadt der
Republik Deutschland weltweit repräsentiert hat; einer, der zeitgleich als
Wissenschaftssenator zuletzt viel zum Glanz der Stadt als
Forschungsmetropole beigetragen hat – man könnte meinen, die SPD leidet an
Personalüberfluss, dass sie sich das leisten kann. Und mit 57 Jahren wäre
Müller keineswegs zu alt für einen zentralen Regierungsposten.
Natürlich ist die politische Bilanz des gelernten Druckers
Interpretationssache. Man kann sagen, seine rot-rot-grüne Regierung hat
weder die Wohnungsnot erfolgreich bekämpft noch die Misere in der
Verwaltung, sichtbar etwa an gänzlich fehlenden Terminen auf den
Bürgerämtern, bekämpft.
Vielleicht fehlt es ihm auch an einem Netzwerk in der Partei. Denn statt
Müller ist die Brandenburgerin Klara Geywitz Bauministerin geworden; die
45-Jährige war mal Olaf Scholz' bessere Hälfte in der gescheiterten
Kandidatur der beiden um den Parteivorsitz. Und die Berliner Abgeordnete
Cansel Kiziltepe aus dem dezidiert linken Kreisverband
Friedrichshain-Kreuzberg wird unter Geywitz Staatssekretärin.
Müller hat immerhin einen angenehmen Bundestagsausschuss bekommen: Im
Auswärtigen Ausschuss darf er künftig für die SPD den elder statesman geben
und viel in der Welt herumreisen. Wie das geht, hat er in seinen letzten
Wochen als Regierender Bürgermeister noch mal trainiert: Am 20. und 21.
November jettete Müller flugs mal an den Golf, nach Dubai und Abu Dhabi,
für politische und wirtschaftliche Gespräche, wie es offiziell heißt.
Mit der Erfahrung von eineinhalb Jahren Pandemie und nach drei Jahren
Klimaprotesten hätte man wohl sagen können, die Gespräche wären auch auf
Zoom möglich gewesen; bei zwei Tagen Reise und insgesamt mindestens zwölf
Stunden Flugzeit war ja nicht gerade viel Raum für den Austausch; dafür
wurde ordentlich Kohlendioxid in die Luft geblasen. Geschadet hat es Müller
nichts: So was interessiert die SPD halt nicht.
18 Dec 2021
## LINKS
[1] /Berlins-Regierender-mit-neuem-Amt/!5457115
[2] /Berlins-Regierender-im-Interview/!5691683
[3] /Mutmasslich-letzte-Sitzung-des-R2G-Senats/!5822421
## AUTOREN
Bert Schulz
## TAGS
Wochenkommentar
Michael Müller
Bundestag
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
SPD
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Michael Müller
Wochenvorschau
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
## ARTIKEL ZUM THEMA
Abgang von Regierungschef Müller: Ab in den Bundestagsausschuss
Am Dienstag wird Franziska Giffey zur Regierenden Bürgermeisterin gewählt.
Das ist auch der Rückzug von Michael Müller aus der Landespolitik.
Mutmaßlich letzte Sitzung des R2G-Senats: Zum Abschied vielsagende Torte
Schreibfehler beim rot-grün verzierten süßen Präsent für den Senat des
ausscheidenden Michael Müller (SPD). Der übt vor Journalisten Selbstkritik.
Die Wochenvorschau für Berlin: Müllers letzte Runde
Michael Müller regiert Berlin seit 2014. Diese Woche dürfte seine letzte im
Amt sein. Sie führt ihn auch an den Breitscheidplatz, Ort des Attentats.
Regierungsbildung in Berlin: Auf Loyalität bauen
Als Berliner Bausenatorin wird Iris Spranger gehandelt. Bekäme sie den
Zuschlag, wäre das für Franziska Giffey eine überaus riskante Personalie.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.