# taz.de -- Weihnachten und Neujahr: Keine Ferien für die Psyche | |
> Für viele ist die Weihnachtszeit ermüdend und anstregend. Doch gerade für | |
> Menschen mit psychischen Erkrankungen kann sie besonders schwierig sein. | |
Bild: Weihnachten ist nicht für alle die schönste Zeit des Jahres | |
Weihnachten ist die schönste Zeit des Jahres, heißt es. Die Realität sieht | |
oft anders aus: Statt Besinnlichkeit stehen bei vielen Stress und Hektik | |
oben auf der Liste. Geschenke kaufen, Kekse backen, Essen kochen, Baum und | |
Bude schmücken – die Erwartungen rund um die Feiertage sind hoch, die | |
Wahrscheinlichkeit einer Enttäuschung ist es dementsprechend auch. | |
Schon 2015 veröffentlichten Wissenschaftler*innen der Universität | |
Göttingen eine Studie, die zeigte, dass eine Mehrzahl der Menschen um die | |
Weihnachtszeit herum niedergeschlagener und unzufriedener sind als sonst. | |
Die Daten zeigten, dass dies vermutlich an der stetig wachsenden | |
Ausrichtung auf materiellen Konsum liege. Neben den sozialen | |
Verpflichtungen erhöht die monetäre Belastung bei vielen den Stress. | |
Besonders schwierig kann [1][die Weihnachtszeit für Menschen mit | |
Depressionen sein]. Da ist es dann egal, ob vorweihnachtlich, während der | |
Festtage oder danach: Psychische Erkrankungen machen schließlich keine | |
Ferien. Wer in einer depressiven Episode steckt, fühlt sich um das | |
Jahresende schnell unter Druck: All die vermeintliche Heiterkeit kumuliert | |
sich auf wenige Tage, wer diese nicht bedienen kann, wird schnell mal | |
zur*zum Spielverderber*in. | |
Der Vorwurf, nicht mal jetzt könne man sich zusammenreißen, schwingt oft | |
unterschwellig mit oder platzt im schlimmsten Fall bei Gans und Rotkohl aus | |
einem Unverständigen heraus. Da sind Scham und Schuldgefühle | |
vorprogrammiert und stürzen Betroffene nur noch tiefer in das Loch der | |
Erschöpfung. | |
## Ermüdung nach Weihnachten | |
Aber auch Menschen, die sonst nicht zwingend zu depressiven Episoden | |
neigen, ereilt zuweilen ein Gefühl der Ermüdung um und besonders nach | |
Weihnachten. „Entlastungsdepression“ wird dieses Phänomen genannt, das sich | |
mit der Vorbereitung auf eine wichtige Prüfung vergleichen lässt. „Man | |
arbeitet wie verrückt auf ein Ziel hin“, so erklärt es der Kölner | |
Psychologe und Universitätsprofessor Egon Stephan, doch statt dass sich | |
nach dem erfolgreichen Abschluss Zufriedenheit einstelle, fühle man sich | |
abgeschlagen. Frauen seien hierfür besonders anfällig. Grund dafür ist, | |
dass ein Großteil der Vorbereitungen, ergo auch mehr Sorge und Stress, in | |
heteronormativen Familienkonstellationen immer noch an ihnen hängenbleibt. | |
Anders als oft angenommen [2][steigt die Suizidrate] nicht während, sondern | |
nach den Feiertagen und zu Beginn des neuen Jahres. Expert*innen nehmen | |
an, dass dies mit der plötzlichen Entlastung zusammenhängt. Wer dieser Tage | |
bei sich selbst oder Menschen im Umfeld eine starke Veränderung der | |
Stimmung wahrnimmt, sollte sich bitte Hilfe suchen. | |
28 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Sophia Zessnik | |
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