# taz.de -- Gespräch zwischen Biden und Putin: Zwei Stunden und kein Durchbruch | |
> Eine mögliche Invasion der Ukraine durch Russland stand im Mittelpunkt | |
> des US-Russland-Videogipfels. Zuvor hatte sich Biden mit Berlin | |
> abgestimmt. | |
Bild: Streitpunkt Nato-Erweiterung: Putin am Dienstag in der Videokonferenz mit… | |
NEW YORK taz | Joe Biden und Wladimir Putin waren beide „direkt und | |
einfach“, als sie sich am [1][Dienstag zwei Stunden lang vor Videokameras] | |
gegenübersaßen. So jedenfalls verlautet es aus dem Weißen Haus in | |
Washington. Der Videogipfel war das vierte Gespräch der beiden Präsidenten | |
in diesem Jahr. | |
Doch beim Versuch, einen Krieg in der Ukraine zu vermeiden, sind sie nicht | |
erkennbar vorangekommen. Putin verlangte eine Garantie, dass die Ukraine | |
nicht in die Nato aufgenommen wird und dass die „bedrohlichen westlichen | |
Militäraktionen“ aufhören. Er will, dass die Ukraine so neutral bleibt, wie | |
es Finnland im Kalten Krieg war. | |
Biden hingegen lehnt es ab, Garantien zu geben, dass die Ukraine nicht der | |
Nato beitrete, verlangt von Putin De-Eskalation und Diplomatie und droht | |
schwere ökonomische und militärische Konsequenzen an, falls Russland in die | |
Ukraine einmarschiert. | |
„Wir sind vorbereitet, Dinge zu tun, zu denen wir 2014 (als Russland die | |
Halbinsel Krim annektierte, d. Red.) nicht bereit waren“, erklärte Biden. | |
So berichtete es am Nachmittag in Washington sein Sicherheitsbeauftragter | |
Jake Sullivan, der bei der Videokonferenz dabei war. | |
Sullivan erklärte auch, dass Washington nach der Videokonferenz weiter | |
davon ausgeht, dass Putin bislang keine Entscheidung darüber gefällt hat, | |
ob er in die Ukraine einmarschiert. In den nächsten Tagen wollen beide | |
Seiten ihre Kontakte auf „diplomatischen Kanälen“ fortsetzen. Sullivan: �… | |
steht viel Arbeit bevor“. | |
## USA halten Invasion im Januar für möglich | |
Nach Informationen der US-Geheimdienste hat Moskau 100.000 Militärs an | |
verschiedenen Punkten seiner langen Grenze zur Ukraine zusammengezogen. | |
Weitere 75.000 russischen Soldaten könnten in den nächsten Tagen noch | |
hinzukommen. Die US-Dienste halten es für möglich, dass eine Invasion im | |
Januar stattfindet, wenn der Boden gefroren ist. | |
Bei dem Videogipfel am Dienstag drückte Biden seine große Sorge vor einer | |
Invasion aus. Laut Sullivan machte er es „kristallklar“, dass ein | |
russischer Einmarsch in der Ukraine empfindliche Konsequenzen für Russland | |
haben würde. Die würden einerseits aus ökonomischen Sanktionen bestehen, | |
wozu auch ein Verbot für russische Banken zählt, auf westlichen Märkten zu | |
operieren. | |
Andererseits drohte Biden mit weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine (im | |
laufenden Jahr haben die USA der Ukraine bereits | |
„Sicherheitsunterstützungen“ im Wert von 450 Millionen US-Dollar | |
geliefert), sowie mit Aufrüstungen und Truppenaufstockungen in den | |
Nato-Ländern. Zusätzlich zu den „üblichen militärischen Übungen“ in den | |
baltischen Ländern sowie in Rumänien und Polen könnte dazu auch die | |
Entsendung weiterer US-Soldaten gehören, sagte Sullivan. | |
Eine zentrale Rolle bei ökonomischen Strafmaßnahmen gegen Russland kommt | |
nach Vorstellung der US-Spitze der neuen Regierung in Berlin zu. Biden | |
erwartet, dass Berlin im [2][Fall einer russischen Invasion] der Ukraine | |
das Gas-Pipeline-Geschäft Nord Stream II aufkündigt. | |
US-Regierungen – sowohl republikanische wie demokratische – drängen Berlin | |
seit Jahren zu einem Ende des fast fertigen Gas-Projektes. Ex-Kanzlerin | |
Angela Merkel lehnte dieses Ansinnen auch noch bei ihrem Abschiedsbesuch im | |
Juli in Washington ab. Damals schluckte Biden es. Inzwischen betrachtet er | |
Nord Stream II als „Druckmittel“, um eine Invasion zu verhindern. | |
## Telefonate mit Merkel und Scholz | |
In Washington haben seit den 90er Jahren sowohl Republikaner als auch | |
Demokraten auf eine Expansion von Nato und Europäischer Union nach Osten | |
gedrängt. Inzwischen sind alle früheren Alliierten Moskaus aus dem | |
Warschauer Pakt sowie die [3][ehemaligen baltischen Sowjetrepubliken | |
Nato-Mitglieder] geworden. In einem Nato-Beitritt Georgiens und der Ukraine | |
sieht Putin eine „rote Linie“. | |
Umgekehrt argumentieren Washington und Nato-Chef Jens Stoltenberg, [4][dass | |
Moskau kein Veto-Recht in der Nato habe]. Die US-Vizeaußenministerin | |
Victoria Nuland, bei der schon bei der russischen Besetzung der Krim 2014 | |
viele Fäden der US-Ukrainepolitik zusammenliefen, spielt auch jetzt wieder | |
eine wichtige Rolle. „Die Nato ist für jede europäische Demokratie offen“, | |
sagte sie am Dienstag. Falls sich Russland ändere, könne es ebenfalls | |
beitreten. | |
Um den Eindruck von einem US-Alleingang zu vermeiden, hat Biden vor und | |
direkt nach dem Videogipfel mit Putin mit mehreren europäischen Staats- und | |
Regierungschefs telefoniert – darunter auch mit Merkel und Olaf Scholz. Am | |
Mittwoch will er mit dem ukrainischen Präsidenten sprechen. Als Alternative | |
zu einer Invasion schlägt die US-Spitze vor, dass Russland seine Soldaten | |
zurückzieht und dass die Ukraine der östlichen Donbass-Region ihres Landes | |
einen gewissen Autonomiestatus gewährt. | |
8 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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