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# taz.de -- Der Glaube an den Fußball: Auf den Papst kann Messi zählen
> Dicke Freunde: die christlichen Kirchen und der Fußball. Aber es gibt
> auch noch Grenzen.
Bild: Dem Fußball sehr zugetan: Stadionpfarrer Eugen Eckert jongliert in der F…
Spätestens an einem Tag wie diesem muss einmal über das geradezu kumpelhaft
gewordene Verhältnis der beiden großen christlichen Kirchen mit dem Sport
und insbesondere dem Fußball gesprochen werden. Während Sie diese Zeilen
lesen, liest Papst Franziskus möglicherweise gerade „Adrenalin“, die
Autobiografie von Schwedens Fußballikone Zlatan Ibrahimović. Vor einigen
Tagen jedenfalls hat er bei einem persönlichen Treffen dem Stürmer des AC
Mailand versichert, er freue sich auf die Lektüre seines Buches. Und wer
wollte das nicht glauben?
Das Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland titelte humorig
über dieses Treffen „Franziskus mit seinem Chef“ und spielte auf die
Reaktionen in den sozialen Netzwerken an. Ein Schnappschuss der beiden
wurde dort als „seltene gemeinsame Aufnahme von Gott und dem Papst“
gefeiert.
Vor noch nicht allzu langer Zeit waren den Kirchenvertretern die
ersatzreligiösen Züge des Fußballs noch höchst suspekt. Früher wäre die
Vergötterung von Lionel Messi noch von der Kanzel aus angeprangert worden.
In diesem Jahr bedankte sich Papst Franziskus über ein Video herzlich bei
seinem argentinischen Landsmann, dass er ihm auch von seinem neuen
Scheichverein in Paris ein Trikot zukommen ließ. „Danke dafür, dass du auf
dem Boden geblieben bist. Bleibe so. Gott segne dich, du kannst immer auf
mich zählen.“
## Liegestütze vor dem Altar
In Zeiten der unaufhaltsamen Säkularisierung sind die Kirchenvertreter in
vielfacher Hinsicht anschlussfähiger geworden. Mit dem Stadionnamenwechsel
in Frankfurt vor der letzten Saison heißt die dort eingebaute Kapelle eben
nicht mehr „Kirche in der Commerzbank-Arena“, sondern „Kirche in der Arena
– im Deutschen Bank Park“. Das Wort „Arena“ habe man beibehalten, weil …
Finanzierung der Kapelle zu einem erheblichen Teil von der Commerzbank
gestemmt wurde, erklären die Kirchenleute.
Zur Commerzbank-Kirche ist es also nicht mehr weit. Jedenfalls ist hier die
Kirche, der Sport und der Kommerz eine sichere Bank. Und diese besondere
Gemengelage ermöglichen so experimentelle Formate wie ein
Workout-Gottesdienst, bei dem unter anderem vor dem Altar Liegestütze mit
vermutlich göttlicher Kraft vorgeführt werden. [1][Auf Youtube kann diese
besondere Art der Ökumene bewundert werden.]
Das Weihnachtssingen in immer mehr deutschen Stadien hat sich in den
letzten Jahren zudem zur größten gemeinsamen Bewegung von Kirchen- und
Fußballanhängern entwickelt. [2][„Stille Nacht“, Fußballsprechchöre und
vieles mehr wird gesungen.] Pfarrer:innen, die dem Ganzen noch ihren Segen
geben sollen, sind in den deutschen Stadien gefragt wie nie zuvor und
stehen plötzlich vor traumhaft großen Gemeinden.
Coronabedingt mussten diese besonderen Zusammenkünfte dieses Jahr
allerdings wieder abgesagt werden. Im nächsten Jahr, wenn zeitgleich zur
Adventszeit die Fußball-WM in Katar ausgetragen wird, könnte die Harmonie
indes empfindlich gestört werden.
Eugen Eckert, der Pfarrer der Kirche in der Arena – im Deutschen Bank Park,
hat bereits angekündigt, dass er sich nicht wirklich auf das WM-Finale am
4. Advent freut. Er lebe in dieser besonderen Zeit in der Erwartung auf das
Kommen Gottes. Er hat angekündigt: „Ich brauche im Advent keine Fouls und
Platzverweise. Ich möchte Plätzchen backen und umarmen.“
24 Dec 2021
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=32MbA-RYFa8
[2] /Trendsport-Weihnachtssingen/!5647485
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
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Kirche
Fußball
Weihnachten
Kolumne Press-Schlag
Sport
Fußball-WM
Fußball-Bundesliga
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