# taz.de -- Konfliktmanagement der Deutschen Welle: Weglächeln reicht nicht me… | |
> Nach Antisemitismusvorwürfen gegen arabische Redaktionen der Deutschen | |
> Welle verspricht Intendant Limbourg, härter durchzugreifen. | |
Bild: Der Intendant der Deutschen Welle Peter Limbourg | |
Der Chef des Auslandssenders Deutsche Welle, Intendant Peter Limbourg, übt | |
sich zuletzt vor allem [1][im Schadensmanagement]. Da ist der Fall seines | |
Büroleiters in Beirut, der sich, wie die Süddeutsche berichtete, vor seiner | |
Tätigkeit für die Welle israelfeindlich geäußert hatte. | |
Ein Redakteur in der arabischen Redaktion hatte sich zudem antisemitisch | |
geäußert. Weiter geht es mit einem Trainer der DW Akademie, von dem | |
Äußerungen belegt sind, die den Holocaust leugnen. Der Trainer ist Bruder | |
des stellvertretenden Leiters der arabischen Redaktion. Dieser wiederum | |
arbeitet, von der DW genehmigt, nebenbei für das libanesische Medium | |
Al-Akhbar. Al-Akhbar wird einerseits als gesellschaftspolitisch progressiv | |
beschrieben, soll andererseits der Anti-Israel-Bewegung Hisbollah | |
nahestehen. Und schließlich wies die Welt darauf hin, dass die DW einen | |
Journalisten mit freundlicher Haltung zum Assad-Regime als Experten hatte | |
auftreten lassen. | |
Schon vor drei Jahren gab es interne Konflikte im Umfeld der arabischen | |
Sprachredaktion. Der Konflikt drehte sich um Vorwürfe sexualisierter | |
Gewalt, um schlechte Führungskultur. Seither hat die Deutsche Welle ihr | |
Konfliktmanagement verbessert, die Leitung der arabischen Redaktion blieb | |
aber dieselbe. | |
Ein ehemaliges Mitglied der arabischen Redaktion teilt die Kritik, verwehrt | |
sich im Gespräch mit der taz aber dagegen, immer die arabische Redaktion | |
als Kern des Problems zu sehen. Das bediene die Projektion von | |
Antisemitismus auf „die Anderen“. Fälle von Antisemitismus habe es auch | |
anderswo gegeben. | |
Unterm Teppich | |
In der Sportredaktion war [2][vor einigen Jahren ein Teamleiter] durch | |
rassistische und antisemitische Aussagen aufgefallen. Die Geschäftsleitung | |
habe das jahrelang unter den Teppich gekehrt. Das Problem liege in einer | |
„Kultur der Rechenschaftslosigkeit“. „Gehandelt wird erst, wenn es Druck | |
durch die Medien gibt. Der DW-Leitung geht es nur darum, sich vor einem | |
Imageschaden zu bewahren.“ Mitarbeitende sprechen immer wieder davon, mit | |
Kritik nicht ernst genommen zu werden. Die DW bestreitet das vehement. | |
Die Deutsche Welle mit Hauptsitz in Bonn ist mit seinen mehreren Tausend | |
festen und freien Mitarbeitenden im In- und Ausland eine der größten | |
öffentlich-rechtlichen Anstalten. Die Sprachredaktionen senden ihr Programm | |
in sogenannte Zielgebiete, neben dem arabischsprachigen gibt es zu Beispiel | |
auch spanisch- und dari/pashtu-sprachige Redaktionen. | |
## Dieselben Vorurteile | |
Politische Konfliktlinien dieser Zielregionen laufen häufig auch durch die | |
entsprechende Redaktion bei der DW. Das bestätigt ein Mitglied einer | |
anderen DW-Sprachredaktion der taz. Es gebe teils dieselben Vorurteile | |
zwischen den Nationalitäten, dieselben politischen Fraktionen wie vor Ort. | |
Solche Konflikte seien in der Vergangenheit oft weggelächelt worden. „Man | |
war eben eine Behörde.“ In dieser Hinsicht habe sich aber schon einiges | |
verändert, es gebe Schulungen im Konfliktmanagement, Coachings, an der | |
Hauskultur werde gearbeitet. | |
Tatsächlich kommt es bei der Frage, ob das Kritikmanagement in der Welle | |
besser wird, sehr stark darauf an, mit wem man spricht. Man tue das | |
Mögliche, sagen die einen, man ducke sich weg, die anderen: Es gehe immer | |
nur um ein Management des gerade aktuellen Falls. Die drei gegenwärtigen | |
und ehemaligen Redaktionsmitglieder, die die taz für diesen Text gesprochen | |
hat, sind sich an einem Punkt einig: Es fehle häufig an journalistischer | |
Expertise an den entscheidenden Stellen. Fähige Journalist:innen, die sich | |
sowohl in der deutschsprachigen Debatte als auch in denen der Zielregion | |
gut auskennen, sind selten. | |
„Wir werden künftig schnell und hart durchgreifen, wenn es zu einem | |
weiteren Fall kommen sollte“, verspricht Intendant Limbourg in der | |
Jüdischen Allgemeinen. „Wer in seinem eigenen Programm puren Antisemitismus | |
verbreitet, mit dem wird die Deutsche Welle nicht zusammenarbeiten.“ Der | |
Verhaltenskodex solle zudem geschärft werden. | |
In Zielregionen sind häufig auch unter Journalist:innen Haltungen | |
verbreitet, die von der deutschen Sicht stark abweichen oder hier | |
inakzeptabel sind. Solche Äußerungen sind via Social Media leichter | |
nachprüfbar. Das stellt die Deutsche Welle vor ein Problem. Der Versuch, | |
Konflikte vorwiegend intern zu lösen und „wegzulächeln“, wird immer wieder | |
scheitern. | |
22 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Antisemitismusvorwuerfe-gegen-DW/!5819508 | |
[2] /Kritik-an-der-Deutschen-Welle/!5654402 | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
## TAGS | |
Antisemitismus | |
Medien | |
GNS | |
Deutsche Welle | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Antisemitismus | |
Deutsche Welle | |
Antisemitismus | |
Schwerpunkt Afghanistan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Interne Konflikte bei Deutscher Welle: Teils hochproblematisch | |
Antisemitismus bei der Deutschen Welle? Ein Bericht spricht lediglich von | |
Einzelfällen. Ein Problem hat der Sender trotzdem. | |
Antisemitismus in Deutschland: Michael Blume auf Wiesenthal-Liste | |
Baden-Württembergs Antisemitismusbeaufragter, Michael Blume, wird auf der | |
Antisemitenliste des Wiesenthal-Zentrums geführt. Deutsche Jüd:innen | |
verteidigen Blume. | |
Neue Vorwürfe gegen Deutsche Welle: Antisemitismus bei Roya TV | |
Der Sender soll Antisemitismus beim jordanischen Partner Roya TV | |
hingenommen haben. Schon letzte Woche wurden antisemitische Posts bekannt. | |
Antisemitismusvorwürfe gegen DW: Problematische Posts | |
Die „Süddeutsche Zeitung“ wirft Mitarbeitern der Deutschen Welle | |
Antisemitismus vor. Nun leitet die DW eine externe Untersuchung ein. | |
Journalist über Arbeit in Afghanistan: „Es ist eine harte Zeit“ | |
Der Journalismus hat sich seit der Machtübernahme der Taliban verändert. | |
Viele Journalisten schreiben anonym aus dem Exil, sagt Samidullah Mahdi. |