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# taz.de -- Neue Vorwürfe gegen Deutsche Welle: Antisemitismus bei Roya TV
> Der Sender soll Antisemitismus beim jordanischen Partner Roya TV
> hingenommen haben. Schon letzte Woche wurden antisemitische Posts
> bekannt.
Bild: Der Sitz der Deutschen Welle in Berlin
Die Ampelregierung, die in diesen Tagen offiziell ihre Arbeit aufnimmt,
verspricht, „alle Formen“ von Antisemitismus zu bekämpfen, darunter auch
Hassrede gegen den Staat Israel als jüdisches Kollektiv. Außerdem
verspricht sie einen Ausbau der [1][Deutschen Welle (DW)]. Und da wird auf
die künftige Außenministerin Annalena Baerbock, wie es gerade aussieht, ein
Problem zukommen. Denn der Auslandssender, den das Auswärtige Amt
regelmäßig finanziell fördert, steht aktuell im Verdacht, Antisemitismus
bei seinen Kooperationspartnern in der Region Nahost zumindest hinzunehmen.
Nach Recherchen des [2][Onlinemagazins Vice] hat die Deutsche Welle am
Sonntag angekündigt, die Kooperation mit dem jordanischen Sender Roya TV zu
kündigen. Vice hatte enthüllt, dass Roya TV, das mit der DW unter anderem
die Show „Jaafar Talk“ produzierte, Israel nicht als Staat anerkennt,
sondern konsequent von der „israelischen Besatzung“ spricht. Vice
berichtete außerdem von Landkarten ohne Israel und antisemitischen
Karikaturen, die der Sender auf den sozialen Medien geteilt hatte. Die DW
teilte Vice zunächst mit, Roya TV sei „nicht israelfeindlich“. Diese
Einschätzung nahm der Sender nun mit Bedauern zurück.
Schon vergangene Woche hatte die Süddeutsche Zeitung über
[3][Antisemitismusvorwürfe gegen mehrere Mitarbeiter der Sprachredaktion
Arabisch] sowie einen Kooperationspartner im Libanon berichtet. Die
Mitarbeiter hatten in den letzten Jahren antisemitische und antiisraelische
Inhalte ins Netz gestellt. Unter anderem soll ein Redakteur 2017 den
Massenmord an den europäischen Jüd*innen als „künstliches Produkt“
bezeichnet haben. Die DW prüft die Fälle.
Die Deutsche Welle hat den Auftrag, im Ausland deutsche Sichtweisen und
Werte zu bewerben und zur interkulturellen Verständigung beizutragen. Dazu
verbreitet der Sender Rundfunkprogramme in lokalen Sprachen, so auch auf
Arabisch für die Regionen Nahost und Nordafrika. Dafür arbeitet die DW mit
dortigen Medien zusammen.
## Mehrere Deutungen möglich
Die Deutsche Welle gehört zwar formal zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Anders jedoch als ARD, ZDF und Deutschlandradio wird sie nicht über den
staatsfernen Rundfunkbeitrag finanziert, sondern direkt aus Steuermitteln,
die der Bundestag auf Antrag des Senders bewilligt – 390 Millionen Euro
waren es im laufenden Jahr.
Anders als bei anderen öffentlich-rechtlichen Sendern, wo Finanzanträge in
einem bewusst komplizierten Verfahren zwischen Sendern,
Länderchef*innen und der unabhängigen Finanzkommission KEF hin- und
hergereicht werden, hat die Bundesregierung also bei der Deutschen Welle
einen viel direkteren Einfluss auf deren Finanzen und trägt damit auch eine
größere Verantwortung für das, was mit dem Geld passiert.
Die Berichte der Süddeutschen Zeitung und von Vice legen nahe, dass es sich
bei den genannten Fällen um Symptome eines größeren Problems handeln
könnte. Verwiesen wird auf die Führungsebenen sowohl der arabischen
Redaktion als auch des Senders insgesamt. So verlieh der DW-Intendant Peter
Limbourg dem Leiter von Roya TV im vergangenen Jahr einen Preis für
Meinungsfreiheit. Im Statement vom Sonntag gibt sich die DW nun
zerknirscht. „Wir werden jetzt intern unsere Auswahl von Partnern noch
kritischer überprüfen, gerade auch im Hinblick auf Antisemitismus und
Rassismus“, heißt es.
Die künftige Außenministerin Baerbock reagierte auf eine Anfrage der taz am
Montag, dem Tag der Grünen-Urabstimmung über den Koalitionsvertrag, nicht.
Der medienpolitische Sprecher der künftigen Regierungsfraktion FDP, Thomas
Hacker, sagte der taz, die DW habe nach dem Bekanntwerden der jüngsten
Vorwürfe „schnell und entschlossen“ reagiert. Über offensichtliche Fehler
und Versäumnisse muss man klar sprechen. „Entscheidend ist, dass ähnliche
Vorfälle künftig nicht mehr geschehen, redaktionelle Qualitätsstandards
eingehalten werden und die Kooperationspartner unsere Werte ohne jeden
Zweifel teilen.“
Die Fälle lassen mehrere Deutungen zu. Dass Antisemitismus seitens der DW
bewusst befördert wird, lässt sich aus ihnen nicht belegen. Es könnte aber
sein, dass entweder gefährliche Nachlässigkeit vorherrscht – oder aber dass
israel- und jüd*innenfeindliche Haltungen beim Rekrutieren von
Kooperationspartnern in der Region billigend in Kauf genommen werden. Es
bestünde dann die Gefahr, dass die Deutsche Welle, anstatt im Ausland für
demokratische Werte deutscher Auslegung zu werben, vorhandenen
Antisemitismus vor Ort wie auch hierzulande stützt.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es,
dass das Auswärtige Amt für die Deutsche Welle „zuständig“ sei. Das ist
falsch. Für die DW in der Bundesregierung zuständig ist die
Staatsminister*in für Kultur und Medien. Wir bitten den Fehler zu
entschuldigen.
6 Dec 2021
## LINKS
[1] /Deutsche-Welle/!t5019207
[2] https://www.vice.com/de/article/88ggj3/vice-recherche-wie-die-deutsche-well…
[3] /Antisemitismusvorwuerfe-gegen-DW/!5819508
## AUTOREN
Peter Weissenburger
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