# taz.de -- Streit beim Autokonzern: VW-Chef muss Macht abgeben | |
> Mit seinem Gerede über Stellenabbau hat VW-Chef Herbert Diess Unruhe in | |
> Wolfsburg gestiftet. Dafür wird er nun bestraft. | |
Bild: Nicht mehr ganz so viel Macht: Herbert Diess im VW-Werk in Zwickau | |
Berlin taz | Herbert Diess ist hoch umstritten – und derzeit ein gefragter | |
Mann. Robert Habeck kündigte am Mittwochabend in den ARD-„[1][Tagesthemen]“ | |
an, sich „sehr zeitnah“ bei den Chefs der deutschen Autobauer zu melden, um | |
über die Neugestaltung der Kaufprämien für E-Autos und Hybride zu reden. | |
Das klang, als ob der neue grüne Wirtschaftsminister den CEO von Volkswagen | |
gleich am Donnerstag anrufen werde. Doch der war da ziemlich beschäftigt. | |
Am Morgen demonstrierten [2][Greenpeace]-Aktivisten vor dem | |
Volkswagen-Stammwerk in Wolfsburg für mehr Klimaschutz. Die viel zu großen | |
SUVs der Konzernmarken VW, Audi, Skoda oder Seat produzierten viel zu viel | |
CO2: „Geschäftsmodelle wie das VWs dürfen nicht länger auf Kosten künftig… | |
Generationen gehen“, erklärte Greenpeace. | |
Im VW-Hochhaus am Mittellandkanal beriet gleichzeitig der [3][Aufsichtsrat] | |
über die milliardenschwere Planung für die nächsten fünf Jahre bei Europas | |
größtem Autokonzern – und über die [4][wackelige Zukunft von Herbert | |
Diess]. Er hatte den Betriebsrat und die Belegschaft erst vor wenigen | |
Wochen durch die Warnung vergrätzt, 30.000 Jobs könnten in Deutschland bei | |
VW zu viel an Bord sein. | |
Das sei „inhaltlicher Unfug“, ärgerte sich Betriebsratschefin Daniela | |
Cavallo. „Hier ist nicht ein Mensch zu viel an Bord.“ Auch das mit 20 | |
Prozent am Wolfsburger Autobauer beteiligte Land Niedersachsen in Gestalt | |
von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) war entsetzt. Viele bereuten, dass | |
Diess’ Vertrag gerade erst im Juli vorzeitig bis 2025 verlängert worden | |
war. | |
## Zwei Frauen im VW-Vorstand | |
Der Machtkampf ist zu Ende, der 63-Jährige konnte – wohl noch ein letztes | |
Mal – seinen Posten retten. Wenn auch mit Blessuren. Der Aufsichtsrat | |
entschied am Donnerstag, dass der Vorstandschef zwar weiter die großen | |
Marken lenken soll, aber die Zuständigkeit für das schwächelnde und für VW | |
immens wichtige China-Geschäft verlieren soll. Fernost soll in Zukunft der | |
bisherige Leiter der Kernmarke Volkswagen, Ralf Brandstätter, verantworten. | |
Der Vorstand wird auf elf Mitglieder erweitert, davon zwei Frauen: Hauke | |
Stars wird Vorständin für das neu geschaffene Ressort für IT und | |
Organisation und die Audi-Managerin Hildegard Wortmann soll sich künftig um | |
den Vertrieb kümmern. Chefjustiziar Manfred Döss übernimmt das Ressort für | |
Integrität und Recht von der scheidenden Vorständin Hiltrud Werner. Der | |
einstige Sprecher des Betriebsrats und heutige Personalvorstand Gunnar | |
Kilian erhält einen neuen Vertrag. | |
Für Diess bleibt die Strategie und der weitere Aufbau der neuen | |
Softwaresparte Cariad, im alltäglichen operativen Geschäft hat er | |
allerdings weniger zu bestimmen. Software wird für die Autobauer zunehmend | |
wichtiger als Motoren und Ausstattung – aber hier hängen Anbieter wie | |
[5][Tesla] die Deutschen ab. | |
Damit das nicht so bleibt, will VW mehr als die Hälfte seiner Investitionen | |
in Höhe von 160 Milliarden Euro bis 2026 in Zukunftsthemen wie | |
Elektromobilität, Vernetzung und IT stecken. Dies sind noch einmal klare | |
Steigerungen gegenüber dem vergangenen Jahr, als der Gesamtbetrag für neue | |
Technologien „nur“ 73 Milliarden Euro erreichte. | |
## Jedes vierte Auto 2026 elektrisch | |
In fünf Jahren soll jedes vierte Auto aus dem Konzern elektrisch betrieben | |
sein. Während in Hannover ein Zentrum für autonomes Fahren entsteht, soll | |
in Salzgitter die neue einheitliche Batteriezelle des Konzerns gefertigt | |
werden. | |
Auf der grünen Wiese in der Nähe von Wolfsburg will VW ab 2026 neue | |
E-Fahrzeuge mit dem Projektnamen „Trinity“ bauen. Auch hier wird sich VW | |
[6][an Tesla orientieren] müssen: Während die US-Amerikaner in der vor der | |
Eröffnung stehenden neuen Fabrik in Grünheide bei Berlin ein Auto in zehn | |
Stunden bauen, benötigt VWin seinem E-Auto-Werk in Zwickau derzeit dreimal | |
so lang. | |
Außerdem – und hier hat die Arbeit des Betriebsrats Früchte getragen – so… | |
das Wolfsburger Stammwerk mit seinen über 50.000 Beschäftigten ab 2023 das | |
E-Auto ID.3 fertigen. Wolfsburg werde „das Kraftzentrum des Konzerns“ | |
bleiben, sagte Betriebsratschefin Cavallo. | |
Allerdings werde 2022 wegen der Lieferkettenprobleme mit Halbleitern ein | |
„schwieriges Jahr“ bleiben. In Wolfsburg, wo wegen fehlender Chips derzeit | |
häufig die Bänder stillstehen, würden in diesem Jahr nur 400.000 Autos | |
produziert – „das habe es seit Ende der 50er Jahre nicht gegeben“, betonte | |
die Arbeitnehmervertreterin. Die kommenden Monate würden wegen | |
Schließtagen, ausgefallenen Schichten und Kurzarbeit „hart“. | |
„Mit den jüngsten Personalentscheidungen, die der Aufsichtsrat heute | |
kommuniziert hat, soll nun wieder mehr Ruhe einkehren“, erklärte | |
Betriebsratschefin Cavallo in einem Brief an die Beschäftigten. | |
Volkswagen habe zuletzt kein gutes Bild abgegeben. | |
9 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt-8699.html | |
[2] https://www.greenpeace.de/klimaschutz/mobilitaet/klage-vw | |
[3] https://www.volkswagen-newsroom.com/de/pressemitteilungen/volkswagen-aufsic… | |
[4] /Machtkampf-bei-VW/!5820541 | |
[5] /Gewerkschafterin-ueber-die-Klimafrage/!5815489 | |
[6] /Neues-Werk-in-Wolfsburg/!5810840 | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
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