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# taz.de -- Hundefleischkonsum in Südkorea: K-Dog wird zum Haustier
> Bisher wurde Hundefleisch in Korea konsumiert. Mittlerweile ist der
> Vierbeiner ein beliebtes Haustier und bringt so die Esskultur
> durcheinander.
Bild: Warten auf Rettung in einer südkoreanischen Hundefarm in Haemi, Oktober …
Wer einmal in seinem Leben eine koreanische Hundefleisch-Farm besucht hat,
wird den Anblick so schnell nicht wieder vergessen: In den oftmals kleinen
Hinterhofbetrieben harren die Vierbeiner in winzigen Gitterkäfigen aus,
nicht wenige von ihnen wurden als ehemalige Haustiere abgegeben.
Ende letzter Woche hat die südkoreanische Regierung nun eine Taskforce
gegründet, um sich mit einem möglichen Verbot vom Hundefleischkonsum zu
befassen. Die Arbeitsgruppe, die aus Regierungsbeamten, Experten und
Bürgervertretern besteht, soll nach einer detaillierten Untersuchung eine
Empfehlung über die Zukunft der Branche aussprechen.
„Da die Zahl der Familien mit Haustieren rapide gestiegen ist und das
öffentliche Interesse an Tierrechten und Tierschutz in unserem Land
zugenommen hat, [1][mehren sich die Stimmen, die sagen, dass es jetzt
schwierig ist, den Verzehr von Hundefleisch nur als traditionelle Esskultur
zu betrachten]“, sagt Südkoreas Ministerpräsident Kim Boo Kyum.
Auch Präsident Moon Jae In gilt als Freund der Vierbeiner: Zwei Monate nach
seinem Amtsantritt 2017 adoptierte der Politiker einen vier Jahre alten
Mischling namens Tory, der nur kurz zuvor von einer Tierschutzorganisation
aus einem Zuchtbetrieb gerettet worden war.
Doch gleichzeitig beherbergt der ostasiatische Tigerstaat als einziges Land
der Welt eine kommerziell organisierte Hundefleischindustrie. Jährlich
sollen laut Angaben von Nichtregierungsorganisationen über eine Million
Tiere für den Verzehr geschlachtet werden.
Konservative Hüter der jahrhundertealten Tradition berufen sich nicht
selten auf Konfuzius, der in seiner Lehre bereits zwischen Jagd-, Wach- und
Zuchthunden unterschieden habe. Zudem glauben insbesondere ältere Koreaner,
dass Hundefleisch – meist in einer scharfen Suppe serviert – als
Potenzmittel dient und das Immunsystem gegen die feuchte Sommerhitze
wappnet. Vor allem aber umwehen Hundefleischgerichte in Südkorea auch eine
nostalgische Aura: Viele Senioren fühlen sich an die entbehrungsreiche
Nachkriegszeit erinnert, als Hundefleisch die einzig verfügbare Quelle für
Proteine darstellte.
## Kein kulinarisches Gericht mehr
Mittlerweile hat sich die öffentliche Wahrnehmung jedoch deutlich
gewandelt. Für die allermeisten Südkoreaner sind Hunde Haustiere und kein
kulinarisches Gericht. Laut einer Umfrage der Nichtregierungsorganisation
Last Chance for Animals ziehen 80 Prozent aller befragten Koreaner nicht in
Erwägung, Hundefleisch zu essen. Nur 1,2 Prozent konsumieren es mindestens
einmal im Monat. Dementsprechend muss man in der Hauptstadt Seoul schon
ganz genau suchen, um noch ein paar vereinzelte Hundefleisch-Restaurants zu
finden.
„Es ist an der Zeit, dem Ganzen ein Ende zu setzen, zum Wohle aller“, sagt
Wendy Higgins von der Organisation Humane Society International (HSI). Die
NGO hat in den letzten Jahren bereits mehr als ein Dutzend Hundezuchtfarmen
geschlossen und die geretteten Tiere an Besitzer vermittelt. Als Anreiz
zahlt HSI den Betreibern von Zuchtbetrieben eine Geldsumme, damit diese
einen wirtschaftlichen Neuanfang starten können.
Trotz allem ist das Thema eine hochsensible Angelegenheit. Denn das Stigma
gegen den Konsum von Hundefleisch wird vor allem von ausländischen
Tierschützern herangetragen. Bereits im Vorfeld der Olympischen Spiele 1988
in Seoul sorgte internationaler Protest dafür, dass Südkoreas Regierung ein
vorübergehendes Verbot aussprach. [2][Auch bei den Olympischen
Winterspielen 2018 in Pyeongchang wurden mehrere Hundert Restaurants
aufgefordert, die Speisekarten für das Sportereignis temporär]
auszutauschen.
Doch der südkoreanische Hundemästerverband möchte sich nicht vorschreiben
lassen, was in Südkorea auf dem Teller kommen darf.
Generalsekretär Ju Yeon Bong schlug vor, den Verzehr von Hundefleisch noch
etwa 20 Jahre zu gestatten, in der Erwartung, dass sich das Problem durch
die ohnehin sinkende Nachfrage von selbst erledigt. Denn die meisten
Hundezüchter seien ohnehin ältere Leute ohne Chance auf ein geregeltes
Einkommen.
30 Nov 2021
## LINKS
[1] /Zoophile-gegen-das-Tierschutzgesetz/!5078653
[2] /Hunde-als-Nahrungsmittel/!5480653
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
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Korea
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