| # taz.de -- AktivistInnen blockieren Gleise: Kohleausstieg in die Hand genommen | |
| > AktivistInnen haben am Freitag die Zufahrt zum größten Kohlekraftwerk | |
| > Deutschlands ist blockiert. Sie protestieren gegen den Abriss des Dorfes | |
| > Lützerath. | |
| Bild: Botschaft nach Glasgow: Schienenblockade vor dem Kohlekraftwerk Neurath a… | |
| Berlin taz | Seit den frühen Morgenstunden des Freitag blockieren etwa 40 | |
| AktivistInnen die Kohlezufuhr per Schiene zum Braunkohlekraftwerk Neurath | |
| zwischen Aachen und Köln. Laut einer Mitteilung der Protestierenden haben | |
| sich dafür neun Aktivist:innen an zwei Stellen an den Gleisen | |
| festgekettet. Sie hätten sich dafür an Betonfässer und Zementblöcke | |
| fixiert, die unter die Schienen gegossen sind. Die Polizei bestätigte die | |
| Aktion. Mehrere Menschen seien auf den Schienen gesichtet worden, sagte ein | |
| Sprecher. Das weitere Vorgehen der Einsatzkräfte werde nun geplant. | |
| Es geht ihnen ganz konkret um die Blockade von Kohlezufuhr aus dem Tagebau | |
| Garzweiler, der [1][das kleine Dorf Lützerath] bedroht. Anlass für die | |
| Aktion sei auch die UN-Klimakonferenz in Glasgow, sagten zwei Aktivistinnen | |
| per Video, das [2][auf Twitter verbreitet] wurde. „Wir nehmen hier und | |
| heute den Kohleausstieg selbst in die Hand“, erklärte eine der | |
| Protestierenden. „Wir sind wütend auf die Herrschenden, dass sie nicht | |
| handeln.“ | |
| Das Kraftwerk Neurath sei „die größte Dreckschleuder Deutschlands“. Es sei | |
| für die Emissionen von 32,1 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr verantwortlich. | |
| Dies entspreche ungefähr den jährlichen CO2-Emissionen von Neuseeland. Die | |
| Kohle, die in Neurath verbrannt wird, kommt auch aus dem Tagebau | |
| Garzweiler, für dessen Erweiterung das Dorf Lützerath sowie fünf weitere | |
| Dörfer zerstört werden sollen. | |
| Ob es dazu kommt, ist allerdings unklar. Vor wenigen Tagen hatte der | |
| [3][neue nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst] neue Töne | |
| in der Kohlepolitik des Landes angeschlagen. Anders als sein Vorgänger | |
| Armin Laschet (beide CDU) sah er ein Ende der Kohleverfeuerung in | |
| Deutschland schon 2030 – genau zu dem Zeitpunkt, den auch viele ExpertInnen | |
| nennen, weil die Kohleverstromung immer unwirtschaftlicher wird. „Wir sind | |
| in Nordrhein-Westfalen zu einem Ausstieg aus der Kohle auch schon 2030 | |
| bereit und wollen alles dafür tun, dass uns das gelingt“, sagte Wüst im | |
| Landtag. Er wolle im rheinischen Braunkohlerevier „so viele Dörfer wie | |
| möglich“ erhalten. | |
| ## Folgen für Lützerath | |
| Das hätte unmittelbare Folgen für Lützerath, das für viele AktivistInnen | |
| symbolisch einer der Orte ist, an dem sich das Überschreiten der | |
| Erderhitzung um 1,5 Grad festmacht. Das hatte [4][eine Studie des Deutschen | |
| Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag der Umweltorganisation | |
| Greenpeace] errechnet. „Wenn Lützerath fällt, ist das unvereinbar mit dem | |
| Ziel, den menschengemachten globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu | |
| begrenzen“, [5][heißt es bei Fridays for Future]. | |
| Nach bisheriger Planung soll Deutschland bis 2038 aus der Gewinnung und | |
| Verbrennung der klimaschädlichen Kohle aussteigen. Die sich formierende | |
| Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP im Bund will den Kohleausstieg nun | |
| „idealerweise“ auf 2030 vorziehen. | |
| Wüst hatte erklärt, er sei zu einer neuen Leitentscheidung bereit, also zu | |
| einer neuen Kohlepolitik. Bisher orientiert sich die | |
| CDU/FDP-Leitentscheidung des Landes NRW zum Ende des Braunkohletagebaus am | |
| bundesweiten Ausstiegsdatum 2038. Eine Entscheidung über die Zukunft von | |
| fünf Dörfern am Rande des Tagebaus Garzweiler soll Ende 2026 fallen. Das | |
| Bündnis „Alle Dörfer bleiben“ sah in Wüsts Botschaft „einen riesigen | |
| Teilerfolg des Widerstandes vor Ort“, forderte aber auch den Erhalt der | |
| akut bedrohten sechsten Ortschaft Lützerath. | |
| „Wir blockieren das Kohlekraftwerk Neurath, denn RWE setzt mitten in der | |
| Klimakrise weiter auf dreckigen Kohlestrom“, hieß es dazu bei den | |
| Gleisblockierenden am Freitag. „Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu | |
| begrenzen, darf kein Dorf mehr abgerissen werden, nirgendwo!“ | |
| 5 Nov 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Klimaprotest-in-Luetzerath/!5808998 | |
| [2] https://twitter.com/search?q=neurath&src=typed_query&f=top | |
| [3] /Neuer-Regierungschef-in-NRW/!5807379 | |
| [4] https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.819609.de/diwkompakt… | |
| [5] https://fridaysforfuture.de/gastbeitrag-luetzerath-unraeumbar-machen/ | |
| ## AUTOREN | |
| Kai Schöneberg | |
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