# taz.de -- Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: Kein Zugang zu Twitter-Nachri… | |
> „Frag den Staat“ wollte Zugang zu den Direktnachrichten vom | |
> Bundesinnenministerium. Doch die Leipziger Richter habe die Klage | |
> abgelehnt. | |
Bild: Dienstliche Kommunikation per Twitter Direktnachrichten? Will nicht verra… | |
Leipzig taz | Das Innenministerium muss seine Twitter-Direktnachrichten | |
nicht herausgeben. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in | |
einem Grundsatzurteil. Geklagt hatte [1][das Transparenzportal „Frag den | |
Staat“]. | |
[2][Arne Semsrott, Projektleiter von Frag den Staat,] hatte [3][das | |
Bundesinnenministerium (BMI)] aufgefordert, ihm Einsicht in alle | |
Twitter-Direktnachrichten zu geben, die das Ministerium von 2016 bis 2018 | |
versandt und erhalten hat. Er stützte sich dabei auf das | |
Informationsfreiheitsgesetz (IFG) von 2005. Danach haben Bürger:innen | |
Anspruch auf Zugang zu „amtlichen Informationen“ von Bundesbehörden. Sie | |
müssen ihr Interesse nicht einmal begründen. | |
Das BMI wies den Antrag Semsrotts damals aber ab. Es handele sich hier | |
nicht um„amtliche Informationen“, sondern um „rechtlich irrelevante“ | |
Korrespondenz der Social-Media-Redaktion des BMI. Pro Tag gebe es etwa fünf | |
bis zehn Twitter-Direktnachrichten an andere Behörden oder Bürger:innen. | |
Dabei würden zum Beispiel informelle Absprachen mit den Social | |
Media-Redaktionen anderer Ministerien getroffen. Oder es werde | |
Bürger:innen für Hinweise auf Fehler gedankt. Journalist:innen werde | |
der Weg zur:m richtigen Ansprechpartner:in gewiesen. | |
Arne Semsrott ging jedoch davon aus, dass durchaus auch Relevanteres per | |
Twitter-Direktnachricht ausgetauscht wird: „Da wird vermutlich auch die | |
Pressearbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz oder der Bundespolizei | |
koordiniert“. Anders als Twitter-Tweets sind Twitter-Direktnachrichten | |
nicht öffentlich sichtbar; nur Sender:innen und Empfänger:innen | |
können sie lesen. | |
## Demokratische Teilhabe – ein weites Feld | |
Das Verwaltungsgericht Berlin entschied im August 2020 für Frag den Staat. | |
Die Direktnachrichten des BMI seien amtliche Informationen, die unter das | |
Informationsfreiheitsgesetz fallen. Das Gesetz, das die demokratische | |
Teilhabe der Bürger:innen stärken wolle, sei weit auszulegen. | |
Für Frag den Staat war das ein großer Erfolg. Denn eigentlich ging es | |
Semsrott weniger um die Twitter-Direktnachrichten, sondern vor allem um die | |
SMS von Kanzlerin Angela Merkel und die WhatsApp-Nachrichten von | |
Verkehrsminister Andreas Scheuer. „Wir wollen hier die grundsätzliche Frage | |
klären, ob auch neue Kommunikationswege unter das IFG fallen.“ Nach den | |
Twitter-Nachrichten fragte man, weil diese zweifellos vorhanden sind, da | |
[4][Twitter] sie jahrelang speichert. | |
Doch das BMI akzeptierte das Berliner Urteil nicht und ging in die | |
Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dort hatte das | |
Ministerium nun auch Erfolg. | |
## „Geringfügige inhaltliche Relevanz“ | |
Die Leipziger Richter:innen lehnten das Ansinnen von Frag den Staat ab. | |
Es handele sich bei den Twitter-Direktnachrichten doch nicht um „amtliche | |
Informationen“, sagte der Vorsitzende Richter Franz Schemmer, da sie von | |
Twitter gespeichert werden und nicht vom Innenministerium. Die Aufzeichnung | |
diene also nicht amtlichen Zwecken. „Twitter speichert die Nachrichten nach | |
dem eigenen Geschäftsmodell und nicht im Auftrag des Ministeriums“, so der | |
Richter. Das Gericht akzeptierte auch die Einschätzung des BMI, dass die | |
Twitter-Direktnachrichten „aufgrund ihrer geringfügigen inhaltlichen | |
Relevanz keinen Anlass geben, einen Verwaltungsvorgang anzulegen“. | |
Arne Semsrott zeigte sich nach dem Urteil enttäuscht. Man werde nach | |
Prüfung des Urteils künftig wohl Kommunikationen herausverlangen, die | |
niemand als „geringfügig“ einstufen könne. „Vielleicht fragen wir dann … | |
nach den SMS der Kanzlerin“, sagte Semsrott. | |
28 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://fragdenstaat.de/ | |
[2] /Geheime-Corona-Erlasse-in-Niedersachsen/!5685600 | |
[3] /Bundesinnenministerium/!t5020400 | |
[4] /Die-helle-Seite-von-Twitter/!5759857 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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