Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die helle Seite von Twitter: Zwischen Opossum und Aphorismus
> Twitter wird 15 und ist voller Hass. Das stimmt. Doch es gibt auch viel
> Schönes und Abseitiges zu entdecken. Ein Geburtstagsständchen.
Bild: Hat auf Twitter viele Fans: der Goldregenpfeifer
Am Mittwoch hatte ich wieder so einen Twittermoment. [1][„Obsession:
Nahrungsmitteldenkmäler“ twitterte @stadtwildnis] und ergänzte vier
Wikipedia-Screenshots von, tja, Nahrungsmitteldenkmälern, darunter das
Grüne-Soße-Denkmal in Frankfurt-Oberrad und das Eisweindenkmal in
Dromersheim. Sofort stiegen andere darauf ein, zeigten [2][Kartoffel-],
[3][Steinhäger-] und [4][Durian-Skulpturen]. Ach Internet, du wunderbarer
Ort der Nerd-Schwarmintelligenz!
Twitter, bekannt geworden als [5][der „Kurznachrichtendienst im Internet“],
wird am Sonntag 15 Jahre alt und ich ahne, was Sie jetzt denken: Twitter,
das ist doch dieses Selbstdarstellerding, dieser Trumpkanal, dieser Hort
von Shitstorms, persönlichen Angriffen und zutiefst verletzenden Debatten.
[6][Stimmt auch alles.] Twitter hat sich den Ruf, ein Hassmedium zu sein,
hart erarbeitet. Für ernsthafte Diskussionen ist es komplett ungeeignet,
auf 280 Zeichen kann man nur verkürzt argumentieren, es ist ideal für
Zuspitzungen, Schwarz-Weiß-Denken und absichtliches Falschverstehen.
Von allen sozialen Medien ist Twitter die radikalste Gegenwartsmaschine.
Das Weltgeschehen wird hier im Dauerfeuermodus verarbeitet – aber eben
längst nicht nur von den besonders lauten Empörungs-Accounts. Von vielen
anderen Nutzer:innen wird es zugleich liebevoll popkulturell eingenordet
werden oder kunstvoll zu Pointen und Aphorismen verwurstet – oder auch
einfach ignoriert. Sie [7][haben Besseres zu tun].
Twitter ist ein Ort vieler kleiner Schätze. Doch wer sie heben will, darf
es nicht nur als Pressesprecher-Tool und Medien-Newsfeed begreifen, als
„Arbeitsmittel“, wo man „heutzutage einfach dabei sein muss“. Sondern a…
das, als was Twitter anfangs mal gedacht war: Ein Micro-Blog, das viele
Menschen aus rein intrinsischer Motivation mit kleinen Beobachtungen aus
dem eigenen Leben füllen.
Ist man nur offen genug, dann findet man neben der Hauptstadt- und
Politik-Bubble auch ganz andere, schillerndere Blasen: Für [8][Nachtzug-],
[9][Goldregenpfeifer-] oder [10][K-Pop-Fans]. Man erfreut sich an Accounts,
die [11][stündlich ein Opossumfoto] zeigen, oder [12][schottische
Brutalismus-Bauten], an kleinen Gedichten, an Mitmachspielen, am über die
Jahre üppig gewachsenen Gestrüpp an Referenzen und In-Jokes. Auf seiner
hellen Seite ist Twitter ein Rummelplatz herrlichster
Zerstreuungsmöglichkeit. Möge dieser Teil noch lange leben!
21 Mar 2021
## LINKS
[1] https://twitter.com/stadtwildnis/status/1372156713877524486
[2] https://twitter.com/antifatwa/status/1372167517804855296
[3] https://twitter.com/whereistheguru/status/1372159905382215681
[4] https://twitter.com/Rosa_Morgenthau/status/1372222593772699655
[5] https://www.kreuzwort-raetsel.net/frage/kurznachrichtendienst-im-internet/
[6] /Twitter-wird-15/!5756668
[7] https://twitter.com/c_drosten/status/1264934434756755456
[8] https://twitter.com/TrainTracksEU/status/1372118907419570176
[9] https://twitter.com/sasa_s/status/1372921011688120320
[10] https://twitter.com/hashtag/JustBeWithIZONE?src=hashtag_click
[11] https://twitter.com/PossumEveryHour
[12] https://twitter.com/brutalscotland
## AUTOREN
Michael Brake
## TAGS
Nullen und Einsen
Twitter / X
Social Media
Twitter / X
Nullen und Einsen
Nullen und Einsen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Twitter wird 15: Toxisches Gezwitscher
Twitter half mir beim Berufseinstieg und verschaffte mir meine erste
Hasskampagne. Um es in Boomer-Sprache zu sagen: Mein Verhältnis ist
kompliziert.
Kolumne Nullen und Einsen: Im Osten viel Neues
Mobiles Zahlen, Shared Mobility, Videochats beim Dinner und Roboterkellner:
In Peking kann man jetzt schon die Zukunft sehen.
Kolumne Nullen und Einsen: Metaphern bis zum Mond
Wir tun uns so schwer damit, Datenmengen zu begreifen, dass die ewig
gleichen schiefen Bilder herhalten müssen. Wir hätten da ein paar
Alternativen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.