| # taz.de -- Streik von ver.di und GEW: Dankbarkeit nicht im Lohn bemerkbar | |
| > Verdi und GEW rufen in der zweiten Novemberwoche unabhängig voneinander | |
| > zu Streiks auf. Grund dafür sind Forderungen für ein höheres Gehalt. | |
| Bild: Undankbar unterbezahlt – Erzieher:innen wollen mehr Lohn für ihre Arbe… | |
| Berlin taz | Erzieher:innen, Lehrkräfte und Beschäftigte im öffentlichen | |
| Dienst machen sich derzeit lautstark Luft. Sie sind unzufrieden mit ihrer | |
| Lohnsituation. | |
| Nachdem es bereits Mitte [1][September an vier Tagen] Streiks gegeben | |
| hatte, ruft die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) in der zweiten | |
| Novemberwoche erneut Mitarbeiter:innen von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) | |
| Berlin zu einem [2][achttägigen Streik] auf. Dieser soll am Mittwoch, den | |
| 10. November, um 11 Uhr in Wedding mit einer Kundgebung vor dem Sitz der | |
| AWO Berlin-Mitte beginnen, gefolgt von einer Demonstration, die am | |
| Leopoldplatz mit einer Abschlusskundgebung endet. | |
| Grund für den Streik ist laut Verdi die mangelnde Bereitschaft des | |
| Arbeitgebers, die Bezahlung an den öffentlichen Dienst anzugleichen. | |
| Derzeit liegen die Löhne für AWO-Angestellte unter dem Niveau des | |
| Tarifvertrags der Länder, wenngleich es bereits zu einer leichten | |
| Verbesserung des Gesamtangebots gekommen ist. | |
| Die unzureichende Bezahlung der AWO-Beschäftigten ist zum Teil auf das Land | |
| Berlin zurückzuführen. Die finanziellen Mittel für alle Sachleistungen, zum | |
| Beispiel Miete und Heizkosten, werden vom Land zu 95 Prozent getragen, doch | |
| insbesondere der Anstieg von Gewerbemieten stellt ein Problem dar. Diese | |
| Unterfinanzierung gibt die AWO wiederum an ihre eigenen | |
| Mitarbeiter:innen weiter. | |
| ## 200 Euro weniger im Monat | |
| Beispielsweise verdienen Erzieher:innen im öffentlichen Dienst 2.889,05 | |
| Euro als Einstiegsgehalt. Wenn AWO-Angestellte 7 Prozent weniger verdienen, | |
| bedeutet es für sie einen Lohn von 2.686,82 Euro. | |
| Die AWO-Pressesprecherin Berthe Jentzsch zweifelt an der Wirkung des | |
| Streiks. „Grundsätzlich sind Streiks ein legitimes Mittel. In diesem Fall | |
| stellt sich uns aber die Frage, wie zielführend er ist“, sagt sie der taz. | |
| Denn laut Jentzsch zahlt die AWO bereits das Maximum an Gehalt. „Wir können | |
| nicht mehr zahlen, als wir selbst bekommen“, betont Jentzsch. | |
| Für Meike Jäger, Landesfachbereichsleiterin und Verhandlungsführerin von | |
| Verdi, ist diese Erklärung nicht ausreichend. „Es ist nicht unser Job, das | |
| Geld zu besorgen, das ist der Job des Arbeitgebers. Wenn das Land Berlin | |
| nicht genügend Geld zur Verfügung stellt, muss eben mehr gefordert werden. | |
| Wo ist denn der Punkt, an dem Arbeitgeber aufhören, Forderungen zu | |
| stellen?“ | |
| ## AWO könnte den Streik beenden | |
| Derzeit habe Jäger den Eindruck, dass sich die AWO nicht genügend für die | |
| Bezahlung der Angestellten einsetzt. „Wir bringen die gleiche Leistung mit | |
| wie Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, daher sollten wir auch die gleiche | |
| Bezahlung erhalten. Derzeit liegen wir zwischen sieben und zehn Prozent von | |
| dem weg, was die Kollegen vom öffentlichen Dienst für die gleiche Tätigkeit | |
| bekommen.“ | |
| Für Eltern bedeutet der Streik mehr Einschränkungen im Alltag. Laut | |
| Jentzsch ist eine Kita-Schließung gerade nach dieser Pandemie eine | |
| untragbare Situation, weshalb versucht wird, soweit es geht, Notbetreuungen | |
| zu ermöglichen. Wie viele Menschen vom Streik betroffen sein werden, kann | |
| Jentzsch nicht beantworten. | |
| Laut Jäger kann es zukünftig zu noch mehr Streiks kommen. Sie betont aber, | |
| dass Dauer und Häufigkeit der Streiks von der AWO abhängig sind. „Wenn der | |
| Arbeitgeber ein gutes Ergebnis vorlegt, können wir den Streik jederzeit | |
| beenden“, so die Verhandlungsführerin. „Wir haben acht Tage angesetzt, | |
| damit die Eltern eine gewisse Planbarkeit haben und sich daran orientieren | |
| können. Sobald der Arbeitgeber mit einem guten Ergebnis kommt, müssen wir | |
| auch nicht mehr streiken.“ | |
| ## Auch GEW geht auf die Straße | |
| Ein weiterer Streik findet schon am Donnerstag, den 11. November, ab 10 Uhr | |
| am Hansaplatz statt. Es handelt sich dabei um einen [3][Aufruf der | |
| Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft] (GEW). Gefordert wird eine | |
| Gehaltserhöhung für Tarifbeschäftigte im Geltungsbereich TV-L, worunter | |
| beispielsweise alle Tarifbeschäftigten von landeseigenen Kitas oder | |
| Berliner Universitäten fallen. | |
| Die Entgelte sollen um 5 Prozent, mindestens aber um 150 Euro bei einer | |
| 12-monatigen Laufzeit erhöht werden. Für Auszubildende und | |
| Praktikant:innen soll es eine monatliche Anhebung um 100 Euro geben. | |
| „So ein Streik ist nichts Ungewöhnliches“, erklärt Udo Mertens, der Leiter | |
| des Vorstandsbereiches Beamten-, Angestellten- und Tarifpolitik von der GEW | |
| Berlin. „Es ist auch keine Berliner Angelegenheit, denn alle Länder außer | |
| Hessen sind betroffen. Wenn sich die Beschäftigten nicht einbringen würden, | |
| würde überhaupt nichts an Entgelterhöhungen passieren. Wir schauen, ob wir | |
| auf dem Verhandlungsweg zum Ergebnis kommen, denn bisher haben wir | |
| Forderungen vorgestellt, aber kein Angebot bekommen.“ Laut Mertens wird es | |
| bis Ende November zu noch mehr Streiks kommen, wofür er sich Verständnis | |
| von der Öffentlichkeit erhofft. | |
| Im Vergleich zum Verdi-Streik wird der Arbeitskampf der GEW erst mal nur | |
| einen Tag dauern. Der Treffpunkt am Donnerstag ist an der Ecke | |
| Klopstock-/Altonaer Straße. Die Demonstration zieht anschließend weiter zum | |
| Platz des 18. März am Brandenburger Tor, wo anschließend eine Kundgebung um | |
| 11 Uhr stattfinden soll. | |
| 10 Nov 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.awoberlin.de/news/gewerkschaft-ver-di-ruft-mitarbeitende-der-be… | |
| [2] https://www.awoberlin.de/news/ver-di-ruft-mitarbeitende-der-berliner-awo-wi… | |
| [3] https://www.gew-berlin.de/presse/detailseite/gew-berlin-ruft-beschaeftigte-… | |
| ## AUTOREN | |
| Shoko Bethke | |
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| Frank Werneke | |
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