# taz.de -- Mediennutzung von Kindern: Keine Angst vor der digitalen Welt | |
> Kinder haben in der Pandemie vermehrt Medien genutzt, bei etwa vier | |
> Prozent spricht eine Studie von Mediensucht. Doch das ist kein Grund zur | |
> Panik. | |
Bild: Nur noch 1 Level! | |
Smartphones, Computer und Konsolen sind Geräte, die nicht nur Erwachsene, | |
sondern auch Kinder und Jugendliche benutzen. Und das immer intensiver. | |
Seit dem Beginn der Pandemie ist die Medienzeit bei Kindern und | |
Jugendlichen auf deutlich mehr als durchschnittlich 100 Minuten gestiegen. | |
Das ergibt eine Studie im Auftrag der Krankenkasse DAK und der | |
Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf (UKE), an der bundesweit 1.200 | |
Familien teilgenommen haben. Eltern und Kinder wurden dafür zu deren | |
Mediennutzung befragt. Die Kinder und Jugendlichen waren zwischen 10 und 19 | |
Jahre alt. | |
Die Studie von DAK und UKE ergab außerdem, dass diese Computerspiele und | |
Social Media vermehrt krankhaft nutzen. In beiden Fällen gab es bei mehr | |
als 4 Prozent der Befragten Hinweise darauf. Auf die Bevölkerung in | |
Deutschland hochgerechnet wären das bis zu 250.000 betroffene Kinder und | |
Jugendliche. 2019 waren es mit geschätzt etwa 170.000 deutlich weniger. | |
Dass diese Zahl in den vergangenen zwei Jahren um rund 50 Prozent | |
angestiegen ist, bezeichnet der Andreas Storm, Vorstandschef der DAK, als | |
„alarmierend“ und fordert präventive Maßnahmen von der Politik. | |
[1][Doch ab wann gilt Schreiben auf Social Media oder Computerspielen als | |
krankhaft, beziehungsweise: Was ist eigentlich Mediensucht?] Immerhin | |
stellen Medien mittlerweile einen elementaren Teil unseres Lebens dar, was | |
besonders in der Pandemie deutlich wurde. Durchaus sinnvoll ist es also, | |
dass Kinder mit Medien in Kontakt kommen, denn in näherer Zeit wird sich | |
das nicht ändern. | |
Vier Kennzeichen der Sucht | |
Mediensucht lasse sich an vier Kennzeichen erkennen, erklärt das [2][UKE | |
auf der eigenen Website]: Games und Social Media müssten erstens einen | |
höheren Stellenwert als andere Dinge im Leben einnehmen. Zweitens hätten | |
die Betroffenen keine Kontrolle darüber, wann sie Medien nutzen und wie | |
lange. Dabei wären drittens bereits negative Konsequenzen durch die | |
Mediennutzung eingetreten. Trotzdem setzen Betroffene, viertens, ihr | |
Verhalten fort, spielen und schreiben also weiter. Würde es ihnen verboten, | |
reagierten sie aggressiv. Ein einmaliger Wutausbruch oder ein, zwei | |
Wochenenden vor der Konsole seien allein noch kein Indikator. Ein solches | |
Verhalten – so heißt es auf der Seite – müsste über mehrere Episoden oder | |
einen Zeitraum von zwölf Monaten anhalten, um von „einer krankhaften | |
Nutzung sprechen zu können“. | |
Für Kinder und Jugendliche bedeutet das zum Beispiel, dass Games und Social | |
Media sie von Schulaufgaben oder Ausbildung ablenken oder sie ihre sozialen | |
Kontakte in der analogen Welt schleifen lassen und sich nicht mehr mit | |
ihren Freund*innen treffen. In der Pandemie war das sowieso nur | |
eingeschränkt möglich. Der letzte Befragungstermin lag im Mai 2021. Da | |
flaute die dritte Welle gerade ab, und erst etwa zehn Millionen Menschen | |
waren voll geimpft. | |
Es ist nicht überraschend, dass Kinder und Jugendliche vermehrt Medien | |
nutzen. Das zeigen auch die Studienergebnisse zu den Motiven der Befragten. | |
Mit rund 88 Prozent gab eine deutliche Mehrheit an, Social Media zu nutzen, | |
um Kontakte aufrechtzuerhalten. Auch bei den Computerspielen gab das mit | |
etwa 55 Prozent eine kleine Mehrheit als Motiv an. Zudem nutzen Kinder und | |
Jugendliche Medien, um Langeweile zu bekämpfen oder vor Problemen in der | |
analogen Welt zu flüchten und sich abzulenken. Solche Probleme gab es in | |
der Pandemie ebenfalls genug, nicht nur bei den Kids selbst, sondern auch | |
bei ihren Eltern. | |
Medienkompetenz von Eltern | |
[3][Deren Aufgabe wäre es, vor allem im Blick zu haben, wie und warum ihre | |
Kinder Medien nutzen.] Dazu gehört nicht nur Kontrolle, sondern auch ein | |
Interesse daran, welchen Problemen ihre Kinder aus dem Weg gehen wollen, | |
erklärt Medienpädagogin Iren Schulz im Interview mit Zeit Online. | |
Bildschirme und ihre Inhalte im Gesamten abzulehnen hilft den Kindern und | |
Jugendlichen nicht dabei, später mit digitalen Medien umzugehen. Außerdem | |
könnte das auch für Eltern eine Möglichkeit sein, sich Zugang zur digitalen | |
Welt zu schaffen. Immerhin hätten auch bei ihnen viele Nachholbedarf in | |
Sachen Medien. | |
Wie [4][andere Studien zeigen], sieht es auch mit der digitalen Kompetenz | |
der Erwachsenen schlecht aus. Geht es zum Beispiel um die | |
Nachrichtenkompetenz, traut sich nur die [5][Hälfte der Befragten] zu, | |
seriöse von unseriösen Quellen zu unterscheiden. Je älter die befragten | |
Gruppen, desto geringer sind die Kompetenzwerte. | |
Gemeinsam spielerisch das Internet zu erkunden sollte aber nicht heißen, | |
vollständig auf Vorsicht oder vernüftige Hilfsmittel zu verzichten. Es gibt | |
viele Seiten, die darüber aufklären, und auch Präventionsmaßnahmen sollten | |
sich nicht nur an Kinder und Jugendliche richten, sondern besonders an | |
deren Erziehungsberechtigte. Gaming und Social Media bieten schließlich | |
nicht nur Ablenkung und soziale Kontakte, sondern können selbst zu | |
Problemen führen. Kinder kennen die Gefahren nicht. Wenn Eltern diese | |
ebenfalls nicht kennen, ist das fatal, nicht nur in der Pandemie. | |
Ein neugieriger Umgang mit Kindern und ihren Medien erleichtert es Eltern | |
dann auch, Anzeichen einer Mediensucht frühzeitig erkennen. Bevor die | |
Mediennutzung tatsächlich zu weitreichenden negativen Konsequenzen führt, | |
sollten Eltern Hilfsangebote nutzen. | |
4 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Studie-ueber-Onlinenutzung-Jugendlicher/!5733847 | |
[2] https://www.computersuchthilfe.info/erklaervideo-mediensucht | |
[3] /Medienpsychologe-Elson-zu-Kinder-und-TV/!5743064 | |
[4] https://www.stiftung-nv.de/sites/default/files/studie_quelleinternet.pdf | |
[5] https://initiatived21.de/app/uploads/2020/02/d21_index2019_2020.pdf#page=31 | |
## AUTOREN | |
David Muschenich | |
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