# taz.de -- Landtagswahl Schleswig-Holstein: Frauen führen grünen Wahlkampf | |
> Finanzministerin Monika Heinold und Landtagsvizepräsidentin Aminata Touré | |
> kandidieren 2022 als Doppelspitze. Heinold will Ministerpräsidentin | |
> werden. | |
Bild: Gemeinsam voran an der Kiellinie: Monika Heinold (l.) und Aminata Touré | |
Kiel taz | Die Frau, die Ministerpräsidentin werden will, überlässt ihrer | |
designierten Nummer zwei das erste Wort: Bei der Vorstellung des Grünen | |
Spitzenduos für die Landtagswahl spricht Aminata Touré vor Monika Heinold. | |
Das hat mit der Choreografie der Veranstaltung zu tun, die in einem Kieler | |
Café mit Blick auf die sonnenbeschienene Förde stattfindet. Aber es | |
entspricht auch dem Wesen der beiden Politikerinnen, ihrer Art, Probleme | |
anzupacken. | |
Touré, Jahrgang 1992, sagt selbstbewusst: „Wenn man will, dass Frauen und | |
Jüngere in Verantwortung kommen, dann muss man sich trauen, und ich traue | |
mich.“ Die Neumünsteranerin ist erst seit 2017 im Landtag. Sie rückte für | |
Heinold nach, die in der [1][Jamaika-Koalition], wie bereits unter der | |
SPD-geführten Vorgängerregierung, das Finanzministerium übernahm. | |
In diesen vier Jahren ist Touré nicht nur Vizepräsidentin des Landtags, | |
sondern auch eine „unverwechselbare Kämpferin für grüne Werte“ geworden, | |
die weit über Schleswig-Holstein bekannt sei, wie Steffen Regis lobt, der | |
mit Ann-Kathrin Tranziska die Landespartei führt. | |
Monika Heinold, Jahrgang 1958, steht für Erfahrung, ist bestens vernetzt | |
und über die Parteigrenzen hinweg angesehen. Sie ist seit über 20 Jahren in | |
der Landespolitik aktiv, hat als Finanzministerin die HSH-Nordbank | |
abgewickelt und während der Coronakrise die Balance zwischen Schuldenmachen | |
und Geldausgeben gehalten. | |
## „reiflich überlegt“ | |
„Ich suche nicht von morgens bis abends Streit, bin aber ehrgeizig und | |
durchsetzungsstark“, beschreibt sich die gelernte Erzieherin. Sie habe | |
„reiflich überlegt, ob ich noch so für die Themen brenne, dass ich erneut | |
Verantwortung übernehmen will“. Die Antwort laute Ja: „Es ist Zeit für | |
Aufbruch.“ | |
So müsse Schleswig-Holstein die Arbeit der neuen Bundesregierung „positiv | |
begleiten“, und zwar möglichst mit einer Grünen in der Staatskanzlei. Zudem | |
habe sie das Angebot von Touré überzeugt, gemeinsam anzutreten: „Eine | |
spannende Aufstellung.“ | |
Das findet auch der Landesvorstand: „Wir verstehen Politik als Teamarbeit“, | |
sagt Regis. Bei der [2][Kombination aus Heinold und Touré] sei nicht | |
ausschlaggebend gewesen, dass es zwei Frauen seien, sondern dass sie | |
gemeinsam ein breites Themenspektrum anböten und für unterschiedliche | |
Generationen stünden, sagt Tranziska. | |
Dass es auf die weibliche Doppelspitze hinausläuft, deutete sich in der | |
vergangenen Woche an: Die taz berichtete, dass Jan Philipp Albrecht, | |
aktuell Umwelt- und Energiewendeminister und damit eigentlich ein Kandidat | |
für vordere Listenplätze, zur [3][Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung in | |
Berlin] wechseln will. | |
Daraufhin posteten Heinold und Touré ein gemeinsames Foto – die offizielle | |
Vorstellung der beiden am gestrigen Mittwoch war fast nur noch eine | |
Formsache. | |
In Parteivorstand und -rat sei die Personalentscheidung seit Sommer klar, | |
sagte Tranziska. Einmütig als Team und in mehreren Runden sei die | |
Entscheidung für den Vorschlag gefallen, über den im Dezember ein Parteitag | |
abstimmen wird. Albrecht sei „eingebunden“ gewesen. | |
Der Minister selbst will sich [4][bis zur Entscheidung in der | |
Böll-Stiftung] nicht äußern. Albrecht hat in Schleswig-Holstein noch keinen | |
Wahlkampf bestanden. Er übernahm das Amt, als Robert Habeck als | |
Bundesparteichef nach Berlin ging. Dass der 38-Jährige nun zur Stiftung | |
wechseln will – ein Posten, der oft am Ende einer politischen Karriere | |
steht – nannte Regis einen Grund für „Stolz und Freude“ für den | |
Landesverband Schleswig-Holstein. | |
Während Heinold bisher ohne Gegenkandidatin antritt, muss sich Touré gegen | |
den 42-jährigen Energie-Experten Philipp Schmalgold behaupten, der seine | |
Kandidatur auf den Listenplatz zwei bereits vor ihr angemeldet hatte. Das | |
sei nicht ungewöhnlich, sagte Tranziska. „Diskussionen um Listenplätze gibt | |
es immer.“ Satzungsgemäß stehen alle ungeraden Listenplätze Frauen offen, | |
um gerade dürfen sich alle Geschlechter bewerben. | |
Neben den Personen stellten die Grünen auch den Wahlkampfslogan vor. Mit | |
dem Motto „Wir sind Stadt. Land. Schleswig-Holstein“ will die Partei die | |
Botschaft verbinden, dass „wir eben nicht nur die Stadt im Blick haben“, | |
sagte Heinold, die auf ihre kommunalpolitische Erfahrung verwies. Aminata | |
Touré erinnerte an die vielen Mitglieder, die aus ländlichen Regionen | |
stammen und sagte: „Machen wir uns nichts vor – für Leute von außerhalb i… | |
hier nur plattes Land.“ Die Stadt-Land-Debatte sei daher „etwas schräg“. | |
Die Grünen sind nach der SPD die zweite Partei in Schleswig-Holstein, die | |
ihre Spitzenleute für die Wahl präsentiert hat. Der SPD-Kandidat Thomas | |
Losse-Müller – selbst früher bei den Grünen – gratulierte und freute sich | |
„auf spannende Diskussionen im Wahlkampf“. | |
3 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Bilanz-Jamaika-Koalition-in-Kiel/!5621468 | |
[2] https://sh-gruene.de/heinold-toure/ | |
[3] /Vorstand-der-Heinrich-Boell-Stiftung/!5811287 | |
[4] /Vorstand-der-Heinrich-Boell-Stiftung/!5811287 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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