# taz.de -- Landtagswahl in Schleswig-Holstein: Frauentrio für die Grünen | |
> Die Grünen in Schleswig-Holstein bestimmen ihre Landesliste. Die | |
> Landesvorsitzende schafft es nicht auf einen aussichtsreichen Platz. | |
Bild: Spitzenduo für die kommende Wahl: Monika Heinold und Aminata Touré | |
RENDSBURG taz | Das Haar zum Pferdeschwanz gebunden, die Stirn über der | |
grünen Maske in Falten gelegt: Mit starrem Blick verfolgte Ann-Kathrin | |
Tranziska die Wahlen beim schleswig-holsteinischen Landesparteitag der | |
Grünen. Dreimal trat die Landesparteivorsitzende für einen Platz auf der | |
Kandidat*innenliste für die Parlamentswahl im kommende Mai an, | |
dreimal scheiterte sie. | |
Es war nicht die einzige Kampfabstimmung dieses Parteitags, mit dem die | |
Landespartei personell in den Wahlkampf startete. Er fand am vergangenen | |
Wochenende in hybrider Form statt. Die Kandidat*innen wurden daher auch | |
vorerst nur für die Landesliste nominiert. Die offizielle Wahl soll im | |
Februar stattfinden – eine Formsache. | |
Die schleswig-holsteinischen Grünen schwimmen seit einiger Zeit auf einer | |
Erfolgswelle. Das liegt an prominenten Personen, darunter der jetzige | |
Bundesminister Robert Habeck. Und es liegt an Koalitionen: Immerhin regiert | |
die Partei im Land seit zwei Legislaturperioden mit und ist nun im Bund | |
[1][Teil der Ampel]. | |
Erfolg zieht an – im Mai meldete die Landesvorsitzende Tranziska stolz: | |
„Wir haben erstmals die Marke von 5.000 Mitgliedern geknackt und sind die | |
einzig wachsende Partei im hohen Norden.“ Tranziska wurde beim damaligen | |
Landesparteitag mit einem guten Ergebnis wiedergewählt; 91 Delegierte | |
stimmten für, 14 gegen sie, acht enthielten sich. Der Co-Vorsitzende | |
Steffen Regis blieb sogar mit 109 Ja-Stimmen im Amt. Es herrschte | |
Aufbruchstimmung, eine Kanzlerin Annalena Baerbock schien damals noch | |
möglich, genauso wie eine grüne Ministerpräsidentin in Schleswig-Holstein. | |
## Grüne liegen laut Umfrage auf Platz drei | |
Beim jetzigen Parteitag war die Chance auf die grüne Kanzlerschaft dahin, | |
doch wer ab dem kommenden Mai den Stuhl des Ministerpräsidenten in Kiel | |
besetzt, ist offen. Laut einer von der Bild in Auftrag gegebenen Umfrage | |
aus dem November liegt zwar aktuell die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten, | |
dem [2][Ex-Grünen Thomas Losse-Müller], deutlich vor der CDU unter dem | |
heutigen Ministerpräsidenten Daniel Günther und den Grünen. | |
Letztere formulieren dennoch einen Anspruch auf das Amt der | |
Ministerpräsidentin und ziehen dafür mit einer weiblichen Doppelspitze in | |
den Wahlkampf. Die aktuelle Finanzministerin Monika Heinold (62) und die | |
stellvertretende Landtagspräsidentin Aminata Touré (29) wurden mit klaren | |
Ergebnissen auf die Top-Plätze der Landesliste gesetzt: Heinold erhielt 117 | |
Ja- und fünf Nein-Stimmen sowie 4 Enthaltungen. Touré wurde von 105 | |
Delegierten gewählt. Auf Platz drei folgt die derzeitige Fraktionschefin | |
Eka von Kalben (57), die sogar 118 Ja-Stimmen auf sich vereinte. | |
Für die weiteren Plätze der Landesliste gab es eine große Zahl an | |
Interessierten. Nicht ungewöhnlich sei das, sagte Parteichef Steffen Regis | |
vor dem Parteitag dem Flensburger Tageblatt: Spontane Kandidaturen „gehören | |
ja irgendwie zur grünen DNA“. | |
Geholfen haben mag auch, dass die Chancen für Neueinsteiger*innen so | |
gut wie selten sind. Denn die Hälfte der heutigen Landtagsfraktion tritt | |
nicht mehr an. Die langjährigen Parlamentarier*innen Burkhard Peters, | |
Marlies Fritzen, Ines Strehlau und Bernd Voß machen den Weg für Jüngere | |
frei. Marret Bohn, aktuell parlamentarische Geschäftsführerin, will zurück | |
in ihren Beruf als Ärztin. Diesen Entschluss habe sie im Verlauf der | |
Coronamonate gefasst, erklärte sie. | |
Der erste Mann auf der Liste für den neuen Landtag ist auf Platz vier Lasse | |
Pettersdotter, bereits heute im Parlament. Parteichefin Ann-Kathrin | |
Tranziska trat für Platz fünf an – und hatte mit Silke Backsen von Pellworm | |
eine prominente Gegenkandidatin. Denn die Biobäuerin Backsen verklagte mit | |
einigen anderen 2018 die Bundesregierung wegen ihrer unzureichenden | |
Klimaschutzpolitik, und das Bundesverfassungsgericht gab ihnen mit dem | |
„Klimaurteil“ im April 2021 recht. | |
Backsen gehört damit zu den „kreativen Köpfen“ in der Landespartei, die | |
„kluge Ideen sowie Begeisterung für eine ökologische und soziale Politik“ | |
einbringen, wie Tranziska es im Mai formuliert hatte. Und Backsen siegte | |
gegen die Landesvorsitzende. | |
## Tranziska kämpft nun um ein Direktmandat | |
Die trat erneut an, nun für Listenplatz sieben. Doch für diesen Sitz bewarb | |
sich Nelly Waldeck als Vertreterin der Grünen Jugend, und auch sie siegte | |
klar gegen die Landesvorsitzende. Die wagte einen dritten Anlauf, diesmal | |
für Platz neun, auf den bereits fünf andere Kandidatinnen Anspruch erhoben. | |
Tranziska verlor erneut. | |
Dass ein bekannter Name oder ein Amt nicht ausreichen, um auf einem | |
aussichtsreichen [3][Platz der Landesliste] zu landen,erlebte auch der | |
Landtagsabgeordnete Andreas Tietze. Er unterlag seinem Fraktionskollegen | |
Joschka Knuth bei der Wahl für den Listenplatz sechs. Tietze sparte sich | |
weitere Versuche, er will sich nun um ein Direktmandat bemühen. | |
Auch Tranziska will in ihrem Kreis Pinneberg für den direkten Einzug ins | |
Parlament kämpfen. Auf die Frage des NDR, ob das Amt der Landesvorsitzenden | |
ihr vielleicht sogar geschadet habe, sagte sie: „Womöglich ja.“ Denn ohne | |
den Posten hätte sie sich mehr spezialisieren und ein schärferes Profil | |
haben können. Aber an der Parteispitze wolle sie bleiben. | |
Über das Wahlprogramm für die schleswig-holsteinische Landtagswahl im | |
Frühling will der Landesverband im Februar bei einem weiteren Parteitag | |
abstimmen. | |
16 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Erste-Regierungserklaerung-der-Ampel/!5822480 | |
[2] /Losse-Mueller-ueber-SPD-Spitzenkandidatur/!5792697 | |
[3] https://sh-gruene.de/kandidierende-zur-landtagswahl/ | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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