| # taz.de -- Grünen-Politikerin Aminata Touré: „Klimawandel ist nicht elitä… | |
| > Jung, Links, BPoC: Aminata Touré verkörpert den angestrebten Fortschritt | |
| > der Grünen. Um den voranzutreiben, will sie mit Klischees aufräumen. | |
| Bild: „Wir wollen regieren“: Grünen-Politikerin Aminata Touré | |
| Die Vizepräsidentin des Parlaments von Schleswig-Holstein und | |
| Grünen-Politikerin Aminata Touré gilt als personifizierter Fortschritt | |
| ihrer Partei. Jung, Links, BPoC. Im Gespräch erklärt sie, wie es ihre | |
| Partei schaffen kann, den Klimaschutz zum Gesellschaftsthema zu machen, | |
| ohne den Bürger:innen Angst einzujagen. | |
| taz: Bist du Links, Aminata? | |
| Aminata Touré: Ja. | |
| Viele Politiker:innen außerhalb der Linkspartei vermeiden gerne diese | |
| klare Einordnung … | |
| Ich habe da aber überhaupt keine Lust drauf. Manche scheinen regelrecht | |
| Angst davor zu haben, sich öffentlich politisch links einzuordnen. Ich | |
| komme aber auch aus einer Generation innerhalb meiner Partei, in der die | |
| GRÜNEN-Debatten um das Thema „Linkssein“ zwischen Fundis und Realos nicht | |
| mehr die größte Rolle gespielt haben. Solche Parteitreffen habe ich auch | |
| bisher bewusst gemieden. Grün und Links gehört für mich zusammen. | |
| Identitätspolitische Debatten bleiben in diesem Zusammenhang nicht aus. | |
| Erkennst du in jenen, die den Klimaschutz blockieren, Parallelen zu | |
| Menschen, die sich gegen Identitätspolitik stellen? | |
| Menschen haben oft Angst vor Veränderung und damit auch vor dem eigenen | |
| Machtverlust. Das zieht sich durch den Journalismus, die Politik, die | |
| Wirtschaft. Wenn Menschen, die sich in einem alten System immer in | |
| Sicherheit gewogen haben, vor Veränderungen stehen, stört sie das | |
| natürlich. | |
| Verspüren diese privilegierten Menschen Scham, wenn ihnen von Personen wie | |
| dir der Spiegel vorgehalten wird? | |
| Sicher! Ich habe viele Situationen erlebt, in dem mir Männer in Gesprächen | |
| vorab fast defensiv sagten, alt und weiß zu sein. Aber das sehe ich ja | |
| selbst. Vermutlich wollen diese Personen besonders transparent sein, um | |
| sich selbst zu schützen. Das ist unnötig, meiner Meinung nach. Es geht ja | |
| nicht nur darum, die eigenen Privilegien zu kennen, sondern auch zu wissen, | |
| was man damit macht. | |
| Verrät man Parteikonzepte, wenn man mit der CDU regiert, um angesichts der | |
| „Schicksalswahl“ grüne Klimapolitik in eine Regierung zu bringen? | |
| Wir wissen ja, dass die CDU uns vielerorts blockiert. Allen ist doch auch | |
| klar, dass Rot und Grün am liebsten koalieren würden. Einfach, weil hier | |
| mehr durchgesetzt werden kann. Wenn die SPD im Jahr 2017 in | |
| Schleswig-Holstein nicht so massiv Stimmen verloren hätte, hätten wir die | |
| Koalition aus SPD, Grünen und SSW fortgeführt. Aber hier hat die | |
| Jamaikakoalition dennoch einen ziemlich hohen Zustimmungswert. Denn wenn | |
| man in den Zwängen ist, eine Regierungsverantwortung zu tragen, dann sehe | |
| ich die Verantwortung, sie auch umzusetzen. | |
| Das heißt, es ist egal, mit wem regiert wird, Hauptsache es wird regiert? | |
| Mit der AfD natürlich nicht! | |
| Klar! Aber sonst …? | |
| Es ist sehr deutlich geworden, dass wir regieren wollen. Es ist aber auch | |
| undemokratisch, kategorische Aussagen zu treffen. Und es käme auch | |
| unglaubwürdig, die ganze Zeit zu behaupten, dass eine Regierung nur mit | |
| Grün möglich wäre, um sich dann doch wie die FDP im Jahr 2017 aus der | |
| Affäre zu ziehen. Mich als Wählerin würde das zumindest irritieren. | |
| Jetzt würde jedoch kaum eine Koalition ohne die FDP funktionieren … | |
| Ohne uns aber auch nicht! | |
| Vor allem junge SPDler:innen kritisieren gern einmal, dass die Grünen | |
| das Klima retten wollen, aber bei Miet- und Arbeitspolitik kaum Konzepte | |
| vorlegen könnten. | |
| Es bringt echt überhaupt nichts, wenn wir linken Parteien uns ständig | |
| gegenseitig vorwerfen oberflächlich zu arbeiten. Zumal rückt die Grüne | |
| Jugend Fragen wie Pflege- und Sozialpolitik gerade viel stärker in den | |
| Vordergrund. Es ist unsinnig, Antidiskriminierungspolitik nicht mit Sozial- | |
| und Wirtschaftspolitik zusammenzudenken, weil Diskriminierung mit diesen | |
| Themen verknüpft ist. | |
| Was ist dran am Image der grünen Bessergestelltenpartei? | |
| Dieses Image kommt nicht von ungefähr, schließlich hatten wir diesen Duktus | |
| lange Zeit und haben ihn zu Teilen auch noch. Doch wir haben uns geändert. | |
| Das müssen wir den Bürger:innen beweisen. Wenn bei einigen immer noch | |
| das Klischeebild entsteht, Grün sein bedeutet, Fahrrad zu fahren, ein Haus | |
| in Bullerbü zu besitzen und im teuersten Ökoladen einkaufen zu können, | |
| müssen wir dann klarstellen, dass wir inhaltlich mehr wollen! | |
| Nicht wenige denken dabei aber vor allem an Verbote. | |
| Der politische Gegner wird dabei auch nicht müde, diese Vorstellung | |
| voranzutreiben. | |
| Wie schafft es die Grüne, sich von diesem Image zu lösen? | |
| Wir müssen eine andere Sprache finden. Und zeigen: Es geht bei Klimapolitik | |
| nicht um Verbote, sondern Maßnahmen, die zu einem besseren Leben führen. | |
| Außerdem muss endlich klar werden, dass uns auch noch andere Themen | |
| beschäftigen. | |
| Funktioniert das auch für den Osten? | |
| Vehement den Klimaschutz als das Allerwichtigste darzustellen, können | |
| manche Menschen nicht akzeptieren. Das kann ich auch nachvollziehen. Für | |
| viele ist die Sorge vor Klimakatastrophen weiter weg als die tägliche | |
| Sorge, genug Geld für die eigene Familie zu haben. Wir müssen vor Ort | |
| herausfinden, vor was für Herausforderungen die Bürger:innen stehen. | |
| Egal, ob in Nord-, Süd-, West- oder Ostdeutschland. | |
| Ein weiterer Vorwurf lautet in diesem Zusammenhang oft, dass die | |
| „Überbeschäftigung“ mit dem Klimawandel elitär erscheinen würde … | |
| Ganz ehrlich: So etwas finde ich einfach schäbig. Denn was an dem | |
| Klimawandel ist denn bitte elitär? Vielleicht ist dieser Eindruck auch | |
| unserer Parteivergangenheit geschuldet. Und ja – die Art und Weise, wie zum | |
| Teil über Klimawandel gesprochen wird, mag für einige elitär klingen. Das | |
| Thema selbst ist es aber auf keinen Fall! Wer sich zum Beispiel in den USA | |
| die Folgen des Klimawandels anschaut, sieht, welche Personen vor allem | |
| darunter leiden – nämlich Schwarze Personen in prekären Verhältnissen! | |
| 30 Sep 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Aron Boks | |
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