# taz.de -- Debatte um Klimahilfen für arme Länder: Naturschutz gegen Schulde… | |
> Argentinien hat einen Vorschlag. Wenn reiche Staaten das Klimageld für | |
> arme Staaten nicht zahlen wollen, könnten sie es mit deren Schulden | |
> verrechnen. | |
Bild: Schulden weg gegen Schutz der Umwelt – hier die Iguazu-Wasserfälle –… | |
Buenos Aires taz | Argentiniens Präsident Alberto Fernández ist mit einem | |
Tauschgeschäft auf dem internationalen Parkett unterwegs. „Um die | |
notwendigen Transformationen voranzutreiben, brauchen wir innovative | |
Finanzierungsquellen“, sagte Fernández auf dem [1][Weltklimagipfel in | |
Glasgow], der oft mit COP26 abgekürzt wird. Er meint damit: Argentinien | |
soll seinen riesigen Auslandsschuldenberg auch über Investitionen in den | |
Klimaschutz abbauen können. | |
Wie er sich die konkrete Ausgestaltung eines derartigen Tilgungsmechanismus | |
vorstellt, ließ Fernández offen. Ein Klimafinanzausschuss bestehend aus | |
reichen und sich entwickelnden Ländern könne dafür eingesetzt werden, hatte | |
bereits zuvor Umweltminister Juan Cabandié erklärt. Der könnte | |
Tauschkonzepte erarbeiten, mit denen beispielsweise ein Schuldenerlass | |
gegen einen höheren Anteil an erneuerbaren Energien in dem betreffenden | |
Land verrechnet werden könnte. Denkbar seien auch Tauschaktionen für eine | |
Reduzierung von Waldrodungen oder die Reduzierung von Subventionen für den | |
Bergbausektor. | |
Bisher steht Argentinien mit seinem Vorschlag noch allein auf dem Glasgower | |
Treffen. Mögliche Verbündete sieht Fernández aber in den anderen | |
Schuldnerländern des Internationalen Währungsfonds (IWF). So schlägt er für | |
diese vor, die Kreditvergabe des IWF auf ein „großes Bündnis der | |
Umweltsolidarität zu übertragen, das Länder mit niedrigem und mittlerem | |
Einkommen einschließt und dazu dient, die Tilgungslaufzeiten zu verlängern | |
und niedrigere Zinssätze anzusetzen“, erklärte Fernández. | |
Brandneu ist die Idee nicht: Seit den Sechzigerjahren kommt der Vorschlag | |
eines Tauschs von Schulden und Ökosystemdienstleistungen immer wieder auf. | |
Der IWF hatte sich vor wenigen Tagen erstmals offen für den Vorschlag in | |
Bezug auf den Klimaschutz gezeigt. „Der Vorschlag hat das Potenzial, zur | |
Klimafinanzierung beizutragen und beschleunigte Maßnahmen in | |
Entwicklungsländern zu erleichtern“, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa. | |
[2][Klimafinanzierung ist das Stichwort für das Geld], das die reichen und | |
vorrangig für die Klimakrise verantwortlichen Industrieländer armen Staaten | |
versprochen haben, damit auch dort die Ressourcen für Klimaschutz und | |
-anpassung vorhanden sind. Im vergangenen Jahr war die zugesagte | |
Gesamtsumme von 100 Milliarden US-Dollar aber nicht zusammengekommen. Auch | |
darum geht es in Glasgow. | |
## Argentinien mit Eigeninteresse | |
Das Eigeninteresse der argentinischen Regierung ist bei dem vorgeschlagenen | |
Tauschgeschäft klar ersichtlich. Mit 44 Milliarden Dollar an | |
Verbindlichkeiten ist das Land der mit Abstand größte Schuldner des IWF. | |
Diese Rekordsumme hatte Alberto Fernández’ rechtsliberaler Amtsvorgänger | |
Mauricio Macri im Jahr 2018 aufgenommen. | |
Allein im kommenden Jahr müssten davon 19 Milliarden Dollar getilgt werden, | |
wozu Argentinien schlicht nicht in der Lage ist. Die notwendigen | |
Umschuldungsverhandlungen kommen jedoch nicht voran – auch, weil die | |
Regierung versucht, harte Sparmaßnahmen zu vermeiden. Ein „grüner Tausch“ | |
könnte eine Erleichterung bedeuten. | |
Dagegen steht jedoch die mangelnde Glaubwürdigkeit Argentiniens in Sachen | |
Klimaschutz. Einer möglichen Reduzierung von CO2-Emissionen steht der Eifer | |
gegenüber, mit dem die Regierung in Buenos Aires etwa auf | |
[3][Fracking-Bohrungen] in Patagonien setzt. Wenn es eine Kontinuität im | |
Präsidentenpalast in Buenos Aires gibt, dann ist es der | |
parteienübergreifende Konsens, mit dem das extraktivistische | |
Wirtschaftsmodell vorangetrieben wird. | |
3 Nov 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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