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# taz.de -- Auswertung der Fahrzeugflotte: Gute Luft lässt Autos rollen
> Mit Videotechnik wird die Fahrzeugflotte der Berliner erfasst. Weil die
> immer moderner wird, wird die Luft immer sauberer – und Fahrverbote
> fallen.
Bild: Muss dank saubererer Autos vielleicht bald nicht mehr sein
Die gute Nachricht vorweg: Berlins Luft wird sauberer. Jahrelang lagen die
Werte beim Reizgas Stickstoffdioxid (NO2) deutlich über den EU-Grenzwerten.
Schuld daran: größtenteils Verbrennermotoren. Dank verschiedener Maßnahmen
der Umwelt- und Verkehrsverwaltung liegen die gemessenen Konzentrationen
seit 2020 unter den jeweiligen Schwellen.
Der Erfolg kommt auch daher, dass sich der private Fahrzeugpark der
BerlinerInnen schneller modernisiert als erhofft. Wie sehr, lässt sich
relativ trennscharf mit einer jährlichen Erhebung herausfinden, wie sie
seit vergangenem Samstag und noch bis Sonntag durchgeführt wird:
„Bestimmung von Abgasstandards via Kfz-Kennzeichen“ nennt die
Umweltverwaltung das.
Dabei [1][scannen Kameras an elf Stellen alle Nummernschilder
vorbeifahrender Autos]. Die Kennzeichen von erwartet 300.000 bis 400.000
Fahrzeugen werden an die Berliner Zulassungsbehörde oder – wenn die Autos
anderswo zugelassen sind – das Kraftfahrt-Bundesamt weitergeleitet. Zurück
kommen technische Daten wie die Emissionsklasse, der verwendete Kraftstoff,
die Motorleistung und das Datum der Erstzulassung, also das Alter des
Fahrzeugs. Daraus ergibt sich ein Bild davon, was so über die Berliner
Straßen rollt – die Sammlung persönlicher Daten wird dabei strikt
vermieden, heißt es.
Schon vergangenes Jahr waren die Erkenntnisse überraschend: Da war
beispielsweise der Anteil von Dieselmotoren bei Pkws im Vergleich zum
Vorjahr von 34 auf 30 Prozent gesunken – während der Berliner
Luftreinhalteplan von 2017 sogar noch mit einem Anstieg auf 44 Prozent
gerechnet hatte. „Der Dieselabgasskandal und die Diskussionen über
Dieselfahrverbote haben diesen Trend gestoppt und umgekehrt“, erläutert die
Verwaltung diesen Befund. Dieses Jahr dürfte sich auch der Anstieg bei
batterieelektrischen Pkws fortsetzen, der sich von 2019 auf 2020 auf 1,1
Prozent der fahrenden Flotte fast verdoppelt hatte.
## Verzicht auf Diesel-Verbote
Laut Jan Thomsen, dem Sprecher der Senatsverwaltung, liegt Berlin damit in
Sachen Emissionen unter dem Durchschnitt anderer Fahrzeugflotten in
Deutschland. Und auch dass ihre Zusammensertzung inner- und außerhalb der
Umweltzone zu über 99 Prozent den Kriterien der grünen Plakette entspricht,
dürfte sich nicht mehr verändern. Weil all das die Luft messbar verbessert
hat, konnte auf vier der [2][acht Anfang 2020 angeordneten Durchfahrverbote
für ältere Dieselfahrzeuge] schon wieder verzichtet werden.
Für die übrigen vier Straßenabschnitte wird eine Aufhebung im Frühjahr 2022
erneut geprüft, auch auf Grundlage der derzeitigen Kennzeichenerhebung.
Dabei handelt es sich um Abschnitte von Alt-Moabit und der Leipziger Straße
in Mitte sowie von Hermann- und Silbersteinstraße in Neukölln.
Und nun die – vielleicht – nicht so gute Nachricht: Überprüft werden im
kommenden Jahr auch die [3][kilometerlangen Tempo-30-Abschnitte auf
Hauptverkehrsstraßen], die im Jahr 2018 aus Gründen der Luftreinhaltung
angeordnet wurden. Das damals heiß umstrittene Tempolimit auf Leipziger,
Potsdamer und Hauptstraße, dem Tempelhofer Damm und der Kantstraße sollte
ebenfalls die ständigen Überschreitungen der NO2-Grenzwerte senken. Laut
Thomsen werden die Limits bei der Fortschreibung des Luftreinhalteplans
evaluiert; auch dafür werden die Daten der laufenden Erhebung herangezogen.
Darf dann auf diesen Strecken wieder deutlich schneller gefahren werden?
Das ist nicht ausgeschlossen, es sei denn, die Verkehrsverwaltung findet
rechtzeitig Mittel und Wege, Tempo 30 auf diesen Straßen anders als mit der
Luftqualität zu begründen. Möglich ist das grundsätzlich: Kriterien können
Kitas, Schulen oder andere vulnerable Einrichtungen entlang der Strecke,
aber auch notwendiger Lärmschutz sein. Die Anordnung von flächendeckendem
Tempo 30 gibt die Straßenverkehrsordnung (StVO) dagegen nicht her. Ob die
neue Bundesregierung hier offen für Veränderung ist, bleibt abzuwarten.
3 Nov 2021
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/sen/uvk/umwelt/luft/luftreinhaltung/projekte-zum-luft…
[2] /Durchfahrverbote-und-Tempo-30/!5578625
[3] /Kampf-gegen-Verkehrsdreck-in-Berlin/!5650172
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Stickstoffdioxid
Tempo 30
Mobilitätswende
Luftreinhalteplan
Schwerpunkt Klimawandel
Luft
Tempo 30
Dieselfahrverbot
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