# taz.de -- Ampel-Pläne für Hartz-IV-Reform: Knackpunkt Kindersicherung | |
> Das Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP ändert für | |
> Hartz-IV-Empfänger:innen wenig. Nur Kinder könnten etwas mehr bekommen – | |
> vielleicht. | |
Bild: Eine Kindergrundsicherung, die höher als das Kindergeld ist, könnte vie… | |
Berlin taz | Vage klingt, was im [1][Sondierungspapier] von SPD, Grünen und | |
FDP zur Grundsicherung für Arbeitslose und Kinder vereinbart ist. Aber die | |
Formulierungen der künftigen Ampelkoalition erlauben Rückschlüsse darauf, | |
welche Änderungen für Hartz-IV-Empfänger:innen kommen könnten. Und welche | |
nicht. | |
Das Arbeitslosengeld II, auch Hartz IV genannt, soll umgetauft werden in | |
„Bürgergeld“. Von einer Erhöhung oder Neuberechnung der Regelsätze ist | |
nicht die Rede, auch nicht von einer Abschaffung der Sanktionen. | |
Das Ampelbündnis will „prüfen“, ob es die während der Coronakrise | |
eingeführten großzügigeren Regelungen bei Schonvermögen und Wohnungskosten | |
für Neuantragssteller fortsetzt. Diese Ausnahmen galten allerdings immer | |
nur für die ersten sechs Monate des Bezuges von Hartz IV. Für die | |
allermeisten Bezieher:innen änderte sich dadurch ohnehin nichts. | |
Im Sondierungspapier wird eine „Kindergrundsicherung“ versprochen. | |
Bisherige Leistungen der Familienförderung, darunter der Kinderfreibetrag | |
in der Steuer, das Kindergeld, der Kinderzuschlag für | |
Geringverdiener:innen sollen in einem „eigenen | |
Kindergrundsicherungsmodell gebündelt und automatisiert ausgezahlt werden“, | |
heißt es im Papier. | |
## Konkrete Zahlen nur im Wahlprogramm | |
Für Familien im Hartz-IV-Bezug ist die neue „Kindergrundsicherung“ nur dann | |
interessant, wenn am Ende ein höheres Einkommen herausspringt als mit dem | |
„Sozialgeld“ (so nennt man den Hartz-IV-Regelsatz für Kinder). Der | |
Hartz-IV-Regelsatz für ein zehnjähriges Kind liegt derzeit bei 309 Euro, | |
hinzu kommt ein Anteil an den Wohnkosten der Familie. | |
Für Familien, die ein kleines Einkommen haben, aber kein Hartz IV beziehen, | |
wäre die Kindergrundsicherung dann eine Verbesserung, wenn es für sie mehr | |
gäbe als das Kindergeld, das derzeit bei 219 Euro pro Kopf für die ersten | |
beiden Kinder liegt. | |
[2][Im Wahlprogramm der SPD] hatte diese eine einkommensabhängige | |
Kindergrundsicherung versprochen, mit einem „Basisbetrag“ von 250 Euro für | |
jetzige Kindergeldbezieher:innen und einem „Höchstbetrag“ für | |
Familien mit hohem Unterstützungsbedarf, der mindestens doppelt so hoch | |
sein soll wie der Basisbetrag. Das wären reale Verbesserungen für Familien | |
mit geringem Einkommen oder im Hartz-IV-Bezug. | |
## „Gretchenfrage“ ist offen | |
Im Sondierungspapier aber finden sich keinerlei finanzielle Details zur | |
Kindergrundsicherung, nur eine allgemeine Absichtserklärung. Eine höhere | |
Kindergrundsicherung wäre teuer, Schätzungen gingen von zehn bis mehr als | |
20 Milliarden Euro an Mehrkosten für den Bundeshaushalt aus. Für das | |
Kindergrundsicherungsmodell der Grünen etwa wurden Kosten von [3][25 | |
Milliarden Euro errechnet]. | |
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich | |
Schneider, nannte die ungeklärte Finanzierung von besseren Sozialleistungen | |
die „Gretchenfrage“, die bis jetzt „unbeantwortet“ sei. Schließlich wi… | |
die Ampelkoalition erklärtermaßen keine Steuern erhöhen. Wenn am Ende im | |
Koalitionsvertrag aber nur altbekannte Leistungen „umgelabelt“ werden, | |
dürfte das sehr unangenehm auffallen. | |
Das Sondierungspapier kündigt an, die „Zuverdienstmöglichkeiten“ für | |
Hartz-IV-Empfänger:innen zu „verbessern“. Wer Hartz IV bezieht und mehr | |
verdient, dürfte vom Lohn dann mehr behalten als bisher. Das führt dann | |
aber auch dazu, dass die Zahl der Erwerbstätigen, die Anspruch auf | |
aufstockendes Hartz IV hätten, steigt. Und auch das kostet Geld. | |
18 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://cms.gruene.de/uploads/documents/Ergebnis-der-Sondierungen.pdf | |
[2] https://www.spd.de/zukunftsprogramm/ | |
[3] https://www.bundestag.de/ausschuesse/a13/Anhoerungen/793620-793620 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
## TAGS | |
Ampel-Koalition | |
Kindergrundsicherung | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
Schwerpunkt Armut | |
Hartz IV | |
Bundesregierung | |
GNS | |
IG | |
Ampel-Koalition | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
Ampel-Koalition | |
Ampel-Koalition | |
Alleinerziehende | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Anne Spiegel über Ampelpläne: „Eine Frage der Haltung“ | |
Die neue Familienministerin will zuerst Paragraf 219a und das | |
Transsexuellengesetz abschaffen. Sie trete nicht an, um einen | |
Beliebtheitspreis zu gewinnen. | |
Bürgergeld in Koalitionsverhandlungen: Es geht ums Geld | |
Das Bürgergeld soll Hartz IV ersetzen. Trotz Streit um das soziale | |
Kernversprechen der neuen Koalition zeichnet sich allmählich ab, was | |
geplant ist. | |
Saskia Esken über Koalitionsgespräche: „Bürgergeld muss auskömmlich sein�… | |
Menschen Teilhabe zu ermöglichen, statt sie zu disziplinieren, sei Ziel der | |
geplanten Hartz-IV-Reform, sagt SPD-Chefin Saskia Esken. | |
Bürgergeld statt Hartz IV: Etikettenschwindel | |
Im rot-grün-gelben Sondierungspapier ist von einem Bürgergeld die Rede. | |
Doch abgeschafft wird das menschenfeindliche Hartz IV-System damit nicht. | |
Rot-grün-gelbe Sondierungen beendet: Die Ampel steht auf Gelb | |
Die Sondierungen waren erfolgreich. SPD, Grüne und FDP haben sich auf die | |
Aufnahme von Koalitionsverhandlungen geeinigt. | |
Armut unter Eltern und Kindern: Alleinerziehende werden abgehängt | |
Fast die Hälfte der Ein-Eltern-Familien in Deutschland und insgesamt 2,8 | |
Millionen Kinder und Jugendliche sind arm. Die Situation ist im Osten teils | |
besser als im Westen. |