# taz.de -- Studie zu Vielfalt im TV: Ernüchterndes Fazit | |
> Die neue MaLisa-Studie über Vielfältigkeit im Fernsehen zeigt wenig | |
> positive Trends. Immerhin: Im Fiktionalen läuft es besser als im Bereich | |
> Information. | |
Bild: Parität sieht anders aus: Auf eine Frau kommen im deutschen TV nach wie … | |
Vor vier Jahren schreckte [1][die erste MaLisa-Studie] zur | |
Geschlechterverteilung im deutschen Fernsehen die Branche auf. Die | |
Situation war nicht nur wie gefühlt mies, sondern noch um einiges | |
schlimmer. Und das nun auch noch erstmals wissenschaftlich fundiert | |
abgesichert. Von der damaligen ARD-Vorsitzenden bis zum ZDF-Intendanten | |
gelobten alle Besserung. Mehr und vor allem [2][diverse Frauen sollten vor | |
und hinter die Kamera]. Als Regisseurin und Autorin, aber vor allem auch | |
als Expertin und Erklärerin im Informationsbereich. Und warum waren im | |
Kinderfernsehen sogar so sächliche Dinge wie Schwämme und Monster im | |
Zweifelsfalle Jungs? | |
Auch die beiden großen Privatsendergruppen RTL und ProSiebenSat.1 zeigten | |
sich hinreichend zerknirscht. Fünf Jahre später legt [3][das Team um | |
Elisabeth Prommer vom Institut für Medienforschung der Universität Rostock] | |
nach. Zusätzlich zum reinen Mann-Frau-Vergleich wurde die Untersuchung um | |
weitere Dimensionen von Vielfalt wie sexuelle Orientierung, | |
Migrationshintergrund und Hautfarbe sowie der Umgang mit Menschen mit | |
Behinderung ergänzt. | |
Das Fazit ist ernüchternd. Denn die Geschlechterverteilung ist weiterhin | |
unausgewogen. Auf eine Frau kommen im deutschen Fernsehen nach wie vor rund | |
zwei Männer. Bei den neu untersuchten Bereichen sieht es noch mauer aus. In | |
fiktionalen TV-Produktionen sind nur rund zwei Prozent der | |
Protagonist*innen homo- oder bisexuell lesbar. Menschen mit | |
Migrationshintergrund und People of Colour sind genauso wie Menschen mit | |
Behinderung völlig unterrepräsentiert. | |
Im Genderbereich gibt es immerhin ein paar positive Entwicklungen. In den | |
fiktionalen Produktionen, die im Pandemie-Jahr 2020 hergestellt wurden, ist | |
das Geschlechterverhältnis mit 47 Prozent Frauen zu 53 Prozent Männern | |
nahezu ausgewogen. Auch über die gesamten fünf Jahre haben sich das | |
fiktionale Geschäft und der Unterhaltungsbereich leicht verbessert. Und | |
auch der „Altersgap“ in fiktionalen TV-Produktionen ist in der mittleren | |
Altersgruppe ab 40 geschrumpft. Waren vor fünf Jahren nur rund ein Drittel | |
aller Rollen über 50 weiblich, ist der Anteil heute auf immerhin 44 Prozent | |
gestiegen. Dass bei den Ü-60 der weibliche Anteil allerdings von damals 37 | |
auf heute 29 Prozent zurückging, ist dann schon wieder ein kleiner Spoiler. | |
## Große weiße Welt | |
Doch im Fiktionalen läuft es deutlich besser als im Bereich Information. | |
Auch hier erklären Männer zwar nicht mehr allein die Welt. Bei der | |
Moderation und journalistischen Rollen wie Reporter*innen gibt es | |
positive Entwicklungen. Nachrichtensendungen werden fast ausgeglichen 49 | |
Prozent weiblich zu 51 Prozent männlich moderiert (2016: 47 Prozent | |
weiblich). Bei Reporterinnen ging es sogar um fast zehn Prozentpunkte nach | |
oben. | |
Hier ist das Verhältnis laut MaLisa-Studie aktuell 45 Prozent weiblich zu | |
55 männlich. Bei der großen weißen Welt der Expert*innen hat sich | |
allerdings nichts getan. Hier sind wie 2016 gerade einmal rund ein Viertel | |
weiblich. | |
Das gilt auch für in der Realität so weiblich geprägte Bereiche wie | |
Bildung, Gesundheit und Pflege oder Mode/Lifestyle. Auch bei den so | |
genannten „Alltagspersonen“, also ganz normalen im TV-Informationssegment | |
vorkommenden Menschen oder der berühmten „Stimme aus dem Off“, also dem | |
nicht sichtbaren Erklärbär, hat sich nichts getan. | |
## Routinen durchbrechen | |
„Dass sich im Bereich Fiktion am meisten bewegt, ist schon interessant“, | |
sagt Elisabeth Prommer. Schließlich hätten die Sender hier immer behauptet, | |
das werde „furchtbar schwierig, da lasse sich nicht so leicht etwas | |
verändern“. Aber überall dort, wo redaktionelle Routinen greifen wie bei | |
der oft kurzfristigen Suche nach Expert*innen, sehe es anders aus, so | |
Prommer. „Da heißt es dann, Frauen sagen immer ab oder wollen nicht vor die | |
Kamera. Das ist mühsam – und so wird dann wieder der Mann genommen, der | |
immer kann und Zeit hat.“ Diese Routinen seien offenbar so stark, dass sie | |
durchbrochen werden müssten, wenn sich etwas tun soll. | |
Auch das Kinderfernsehen ist insgesamt noch immer unausgewogen. Doch bei | |
den aktuellen fiktionalen Produktionen aus Deutschland werden mehr | |
weibliche Protagonistinnen und Figuren sichtbar. In Zahlen ausgedrückt | |
verzeichnet die Studie hier eine Steigerung von 34 auf 44 Prozent. Auch | |
Monster und ähnliche Kreaturen werden weiblicher (Steigerung von 31 auf 45 | |
Prozent), während absurderweise vermenschlichte Tiere, Pflanzen oder andere | |
Objekte zu 80 bis 90 Prozent weiter männlich sind. | |
5 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Studie-zu-Geschlechterdarstellung-im-TV/!5426574 | |
[2] /Frauenbilder-bei-Instagram-und-Co/!5565869 | |
[3] /Untersuchung-zu-Medienpraesenz/!5689010 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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