# taz.de -- Studie zu Geschlechterdarstellung im TV: Konsens ohne Konsequenzen | |
> Es gibt zu wenig Frauen im deutschen Fernsehen, darüber sind die | |
> Senderverantwortlichen sich einig. Doch die Quote kommt erstmal nicht. | |
Bild: „Sichtbar ist machbar“, sagt die Schauspielerin Maria Furtwängler be… | |
Die Ergebnisse der zur Sichtbarkeit von Frauen auf dem TV-Bildschirm sind | |
eindeutig, wenn auch alles andere als neu. Die Schauspielerin [1][Maria | |
Furtwängler hatte sie initiiert]. Das meiste, was die Studie „Audiovisuelle | |
Diversität – Geschlechterdarstellungen in Film und Fernsehen in | |
Deutschland“ präsentiert, wird seit Jahren angeprangert und diskutiert. | |
Doch die „detaillierte Analyse von über 3.000 Stunden TV-Programm aus dem | |
Jahr 2016 und über 800 deutschsprachigen Kinofilmen aus den letzten sechs | |
Jahren“ bietet eine aktuelle valide Grundlage, deren Bilanz von den | |
Senderverantwortlichen nicht ignoriert werden kann – sie haben sich | |
schließlich selbst daran beteiligt. Nicht nur die öffentlich-rechtlichen | |
Sendeanstalten, auch ProsiebenSat.1 und RTL haben die Studie in Auftrag | |
gegeben. | |
Mittwoch im Plenarsaal der Berliner Akadmie für Künste: Elizabeth Prommer | |
vom Institut für Medienforschung der Universität Rostock stellt die | |
Kernpunkte vor und diskutiert anschließend mit der Presse darüber. Sie | |
stellt klar heraus, dass Frauen in den deutschen audiovisuellen Medien | |
unterrepräsentiert sind. Demnach kommen über alle Fernsehprogramme hinweg | |
auf eine Frau zwei Männer, mit Ausnahme von Telenovelas und Daily Soaps. | |
Auch die Alterskluft, die sich für Frauen ab 30 bemerkbar macht, weil sie | |
dann sukzessive seltener in TV und Kino vorkommen, kann anhand eines | |
Balkendiagrammes leicht verdeutlicht werden. Im Gegensatz zu ihren | |
männlichen Kollegen werden die Schauspielerinnen und Moderatorinnen hier | |
unverkennbar an den Rand gedrängt. | |
## Die Welt wird von Männern erklärt | |
In nonfiktionalen Unterhaltungssendungen und in der TV-Information, so | |
Prommer weiter, werde die Welt überwiegend von Männern erklärt, weil | |
besonders die Mehrheit der ExpertInnen (zu 79 Prozent in der TV-Information | |
und zu 69 Prozent in den nonfiktionalen Unterhaltungsprogrammen) und | |
SprecherInnen (72 Prozent in der TV-Information und 96 Prozent in der | |
nonfiktionalen Unterhaltung) männlich ist. | |
Dass sich diese ungleiche Verteilung auch überdeutlich im Kinderfernsehen | |
fortsetzt, ist eine der größten Überraschungen der Studie. Nur eine von | |
vier Figuren ist hier weiblich, zudem sind selbst imaginäre fantastische | |
und Tier-Figuren überwiegend männlich. In diesem Zusammenhang hebt | |
Furtwängler eine besondere Sensibilisierung aufgrund der medialen | |
Vorbildfunktion für Heranwachsende hervor. Sie verweist auf die | |
Schauspielerin und Aktivistin Geena Davis, deren Slogan „If she can see it, | |
she can be it“ sie zu „Sichtbar ist machbar“ adaptiert. | |
Unter der Gesprächsleitung von „heute“-Moderatorin Petra Gerster, nehmen | |
auf dem Podium neben Furtwängler auch die RepräsentantInnen der beteiligten | |
vier größten deutschen TV-Gruppen und der Förderanstalten Stellung. Dabei | |
fasst RTL-Programmgeschäftsführer Frank Hoffmann die Stimmung zusammen: | |
„Ich glaube, dass solche Panel-Diskussionen immer dann besonders spannend | |
und unterhaltsam für die Gäste sind, wenn man etwas kontrovers diskutiert. | |
Und da muss ich alle, die hier im Raum sitzen enttäuschen, weil wir alle | |
diese Zahlen ähnlich betrachten.“ | |
## Wichtiges Thema – und dann? | |
Tatsächlich sind sich alle irgendwie einig: Das Thema sei wichtig, man sei | |
sensibilisiert, es habe sich in den letzten Jahren bereits einiges getan, | |
aber es müsse noch mehr geschehen, so der Konsens. „Es ist offensichtlich | |
ein längerer Prozess, für uns alle, für die Gesellschaft, für die Sender“, | |
sagt ARD-Vorsitzende Karola Wille. Die von Gleichstellungsinitiativen | |
geforderte Quote für Film- und Medien wird aber weiterhin von allen | |
AkteurInnen abgelehnt, man spricht lieber von Selbstverpflichtungen und | |
Zielsetzungen. | |
„Für mich ist eine Quote das allerletzte Mittel. Es ist eine Krücke, wenn | |
wir das nicht gemeinsam hinkriegen“, so Wille, und auch Petra Müller, | |
Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung NRW schreckt davor zurück: | |
„Wir möchten gerne erst einmal alles strukturell in der Umgebung als System | |
diskutieren und beeinflussen.“ Inwieweit der gute Wille der | |
Verantwortlichen auch wirklich nachweisbare Effekte bringt, bleibt also | |
abzuwarten. Wieder einmal. | |
13 Jul 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://malisastiftung.org/studie-audiovisuelle-diversitaet/ | |
## AUTOREN | |
Jens Mayer | |
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