# taz.de -- Ausgang der Kommunalwahlen: Mitte-links siegt in Italien | |
> Bei den italienischen Kommunalwahlen liegt das Lager um die Partito | |
> Democratico klar vorn. Die rechte Lega und die Fünf Sterne fahren große | |
> Verluste ein. | |
Bild: Nicht mal in der Stichwahl: Roms bisherige Bürgermeisterin Virginia Ragg… | |
ROM taz | Die [1][Kommunalwahlen in Italien] vom Sonntag und Montag haben | |
einen klaren Sieger: das Mitte-Links-Lager um die Partito Democratico (PD). | |
Etwa 1.200 der gut 8.000 Kommunen und damit 12 Millionen Bürger*innen | |
waren an die Urnen gerufen, um ihre Bürgermeister*innen und die | |
Stadträte zu bestimmen, die Aufmerksamkeit richtete sich vorneweg auf die | |
vier größten Städte des Landes Rom, Mailand, Neapel und Turin sowie auf | |
Bologna. | |
Schon im ersten Wahlgang konnte die Mitte-Links-Allianz Mailand, Neapel und | |
Bologna erobern, mit Resultaten, die alle Erwartungen übertrafen. In | |
Mailand wurde der bisherige Bürgermeister Beppe Sala mit 57,7 Prozent im | |
Amt bestätigt, während sein rechter Gegenkandidat bei 32 Prozent | |
hängenblieb. Noch eindeutiger war das Ergebnis in Neapel. Dort war der | |
frühere Universitätsrektor Gaetano Manfredi angetreten, getragen von der PD | |
ebenso wie von dem Movimento5Stelle (M5S – Fünf-Sterne-Bewegung). Der Pakt | |
zahlte sich aus: Manfredi erhielt 63 Prozent. | |
Von einer solchen breiten Koalition war auch Matteo Lepore in Bologna | |
getragen, der 62 Prozent einfuhr. | |
Eine Stichwahl ist dagegen in 14 Tagen sowohl in Rom als auch in Turin | |
notwendig, da dort niemand unter den Kandidat*innen die | |
50-Prozent-Hürde überwand. Beide Städte hatten vor fünf Jahren | |
sensationelle Ergebnisse gesehen, als sich in Turin mit Chiara Appendino | |
und in Rom mit [2][Virginia Raggi] zwei Vertreterinnen der Fünf Sterne | |
durchsetzten; Raggi hatte in Rom im ersten Wahlgang 35 Prozent und dann in | |
der Stichwahl 67 Prozent verbuchen können. Ihre Erfolge waren der Vorbote | |
des Triumphs der Fünf Sterne bei den Parlamentswahlen von 2018, die ihnen | |
33 Prozent einbrachten. | |
## Salvini kritisiert Wahlstrategie der Rechten | |
Dass diese triumphalen Zeiten wohl endgültig vorbei sind, zeigte sich | |
jetzt. Raggi trat wieder an, landete mit 19 Prozent aber nur auf dem | |
vierten Platz. Die Römer*innen bestraften sie für fünf Jahre | |
Stadtregierung, in denen sie weder die Müllprobleme noch den miserabel | |
funktionierenden Öffentlichen Nahverkehr in der Ewigen Stadt in den Griff | |
bekam. | |
In der ersten Runde lag dagegen der Rechtskandidat Enrico Michetti mit 30 | |
Prozent vorn, aber Roberto Gualtieri von der PD ist ihm mit 27 Prozent auf | |
den Fersen. Gualtieri hat weit bessere Chancen, in der Stichwahl von den | |
Stimmen der M5S-Wähler zu profitieren. Auch zahlreiche Stimmen des | |
unabhängien Mitte-Kandidaten Carlo Calenda, mit gut 19 Prozent Dritter, | |
könnten ihm zugutekommen und ihn zum Bürgermeister krönen. | |
Auch in Turin spielen die Fünf Sterne keine Rolle mehr. Während die | |
Amtsinhaberin auf einen erneuten Versuch verzichtete, kam ihre Nachfolgerin | |
auf magere 9 Prozent. Überraschend auf dem ersten Platz liegt auch hier der | |
Mitte-Links-Kandidat mit 44 Prozent, 5 Prozentpunkte vor seinem rechten | |
Gegner. Damit droht jetzt jenes „5:0“ fürs Mitte-Links-Lager in den fünf | |
wichtigsten Städten, das Italiens Rechte unbedingt verhindern wollte. | |
Ungewohnt selbstkritisch gab sich noch am Wahlabend [3][Matteo Salvini], | |
Chef der rechtspopulistisch-fremdenfeindlichen Lega. „Zu spät“ habe die | |
Rechte ihre Kandidaten ausgewählt, die Niederlage sei aus „eigenem | |
Unvermögen“ zu erklären. Wahr daran ist, dass es im Rechtsblock in allen | |
Städten ein monatelanges Gezerre gegeben hatte, zwischen der Lega und den | |
im Aufstieg befindlichen Postfaschist*innen der [4][Fratelli d’Italia] | |
(FdI – Brüder Italiens) unter Giorgia Meloni. Und am Ende wurden dann etwa | |
in Rom oder in Mailand alles andere als starke Kandidaten ins Rennen | |
geschickt. | |
## Fünf Sterne verlieren klar an Bedeutung | |
Wahr ist aber auch, dass die Lega besonders Federn lassen musste. Selbst in | |
ihren Hochburgen im Norden liegen ihre Listen bestenfalls gleichauf mit | |
denen der rechten Konkurrenz von FdI, während etwa in Rom FdI die | |
Salvini-Truppe klar überrundet. Trösten kann sich Italiens Rechte nur mit | |
dem klaren Sieg bei den Regionalwahlen in Kalabrien. | |
Auch die Fünf Sterne gehen schwer zerzaust aus der Wahl hervor. Ihre | |
prozentualen Ergebnisse sind im Keller, dort wo sie alleine antraten, | |
wurden sie völlig irrelevant. Dies wiederum dürfte den gerade erst | |
inthronisierten neuen Chef der Bewegung, den früheren Ministerpräsidenten | |
[5][Giuseppe Conte], stärken. Der setzt auf die Allianz mit der PD in einem | |
erweiterten Mitte-Links-Lager, wie sie in Mailand und Bologna zustande kam, | |
und damit auf den endgültigen Abschied von populistischen Anwandlungen. | |
Die Zeiten, in denen Italien – seit den Parlamentswahlen 2013 – drei Pole | |
sah, rechts, links und Fünf Sterne, sind damit vorbei, und das Land kehrt | |
zu einem bipolaren Schema zurück. Die PD unter ihrem Chef Enrico Letta | |
jedenfalls reicht Conte die Hand – und Letta hat parteiintern nach dem | |
Erfolg vom Wochenende beste Chancen, die neue Allianz unter Dach und Fach | |
zu bringen. Nicht zuletzt hilft ihm dabei, dass auch er persönlich gestärkt | |
wurde. In einer Nachwahl fürs Abgeordnetenhaus eroberte er mit | |
überzeugenden 50 Prozent den Sitz von Siena. | |
5 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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