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# taz.de -- Österreich hat einen neuen Kanzler: Wie lange ohne Kurz?
> Österreich hat mit Alexander Schallenberg einen neuen Kanzler. Ob dessen
> Vorgänger nochmal zurückkommt, hängt von mehreren Faktoren ab.
Bild: Österreichs neuer Kanzler Alexander Schallenberg (r.) mit Bundespräside…
Wien taz | Mit der Vereidigung von Alexander Schallenberg (ÖVP) als neuer
Bundeskanzler und Michael Linhart als dessen Nachfolger im
Außenministerium wurde Montagnachmittag [1][Österreichs Regierungskrise]
offiziell beendet.
Sebastian Kurz wird nun noch am Dienstag in einer Sondersitzung des
Nationalrats von den Abgeordneten der ÖVP zum Fraktionsvorsitzenden
(Klubchef) gewählt. Einem Misstrauensantrag der Opposition, der auch von
den Grünen unterstützt worden wäre, ist er ja durch seinen Rücktritt am
Samstag zuvorgekommen.
In der Opposition spricht man vom „Schattenkanzler“, der jetzt aus dem
Parlament heraus die Fäden ziehen werde, und vom „[2][System Kurz]“, das
durch die Personalrochaden nicht angetastet worden sei. Das System Kurz
zeichnet sich dadurch aus, dass absolute Loyalität über Fachkompetenz
gestellt wird, die Entscheidungen in einer kleinen Kamarilla getroffen
werden und für Stimmenmaximierung jeder politische Anstand geopfert wird.
Die in den letzten Tagen und Monaten bekannt gewordenen Chatprotokolle
geben darüber Aufschluss.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen tut indes das, was Sebastian Kurz
vermissen lässt. Er hat am Sonntag in einer bemerkenswerten
Fernsehansprache einen Neustart gefordert. Das Vertrauen in die Politik sei
massiv erschüttert worden. „Worte allein genügen hier nicht“, die
politischen Akteure und vor allem die Regierung seien gefordert, durch
Taten zu überzeugen.
## Abrechnung hat begonnen
Viel wird jetzt davon abhängen, ob Schallenberg aus dem [3][Schatten des
Schattenkanzlers] tritt und dessen Beraterstab aus bedingungslosen
Gefolgsleuten aus dem Bundeskanzleramt entfernen kann oder will.
In den Bundesländern hat die Abrechnung mit dem System Kurz bereits
begonnen. Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner hat in einer
Lokalzeitung erklärt, die Diskussionen in der ÖVP seien jetzt „noch nicht
vom Tisch“, es gebe weitere Dinge zu klären. Selbst einen Parteiausschluss
von Kurz, wenn ihm denn strafrechtliche Verfehlungen nachgewiesen werden
können, wollte er nicht kategorisch ausschließen.
Hermann Schützenhöfer, Landeshauptmann der Steiermark, hält eine Rückkehr
des [4][gestürzten Helden] mittelfristig für unwahrscheinlich. Denn die
Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA)
würden mehrere Wahlen überdauern.
Die ÖVP-Landeshauptleute, die am Donnerstag noch ihre unverbrüchliche Treue
zu Kurz auch schriftlich gelobt hatten, dürften wesentlich zum
Meinungsumschwung von Kurz beigetragen haben. Da ist eine SMS bekannt
geworden, in dem sie pauschal als „alte Deppen“ abqualifiziert werden.
Einige haben auch die 104 Seiten starke Begründung der WKStA für die
jüngsten Hausdurchsuchungen gelesen. Die sind „starker Tobak“, wie ein
ÖVP-Veteran zugab.
Bei einer Rückkehr ins Kanzleramt müsste Kurz auch mit dem Widerstand der
Grünen rechnen, Koalitionspartner der ÖVP. „Dass er zurückkommt in dieser
Regierungszeit, das kann ich ausschließen“, sagte Fraktionschefin Sigrid
Maurer am Sonntag: „Ein Kanzler, der mit solchen Vorwürfen konfrontiert
ist, ist nicht handlungsfähig.“ Gerold Riedmann, Chefredakteur der
Vorarlberger Nachrichten, kommentiert überzeugt, Kurz werde bald vom
Kurzparkplatz „auf den politischen Dauerparkplatz wechseln müssen“.
Ob Kurz einen Masterplan hat, ist unklar. In seiner Rücktrittsrede macht er
die Grünen für die Krise verantwortlich und droht, die bereits
ausgehandelte ökosoziale Steuerreform könnte noch scheitern. Sein Ruf nach
„stabilen Verhältnissen“ wird von manchen als Ankündigung von Neuwahlen
gedeutet.
11 Oct 2021
## LINKS
[1] /Ruecktritt-von-Kanzler-Kurz/!5804258
[2] /Skandal-um-Sebastian-Kurz/!5804022
[3] /Ruecktritt-von-Kanzler-Kurz/!5804220
[4] /Oesterreichs-Kanzler-Kurz-schmeisst-hin/!5807536
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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Österreich
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