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# taz.de -- Kroatien schottet die EU-Außengrenze ab: Mit Schlagstöcken gegen …
> Dass Zagreb Pushbacks praktiziert, ist seit langem bekannt. Jetzt sind
> erneut Videos öffentlich geworden, die diese brutale Praxis
> dokumentieren.
Bild: Prügeln im Auftrag Zagrebs an der Grenze zu Bosnien. Die Grenzschützer …
Berlin taz | Die Praxis ist seit Langem bekannt, die Bilder dennoch
schockierend: Erneut sind Videoaufnahmen veröffentlicht worden, die zeigen,
wie [1][kroatische Polizisten Flüchtlinge mit Schlagstöcken über die Grenze
nach Bosnien-Herzegowina prügeln]. Über Monate hatten Journalist:innen
eines Rechercheverbunds von ARD, Spiegel, Lighthouse Reporter und
kroatischen Medien nach eigenen Angaben im Grenzgebiet für diese Aufnahmen
auf der Lauer gelegen.
Das Ergebnis zeigt einmal mehr, was die kroatische Regierung unter
Sicherung der EU-Außengrenzen versteht: brutale Gewalt und systematische
Verstöße gegen die Rechte von Flüchtlingen – und das Recht der EU.
Auf den Videos ist zu sehen, wie junge Männer durch ein Gebüsch an
Polizisten vorbeigetrieben werden. Ein Maskierter schlägt sie auf die
Beine, in den Bauch oder auf den Rücken. „Go to Bosnia“, ruft er dabei.
Kroatien ist seit 2013 zwar EU- aber kein Schengen-Mitglied. Das wird ein
neuer EU-Staat erst, wenn die übrigen Schengen-Mitglieder offiziell
feststellen, dass das Land die Außengrenzen verlässlich sichert. Bulgarien
und Rumänien warten schon seit 2007 auf die Schengen-Aufnahme.
## Beteiligung Sloweniens
Um 2017 herum hat Kroatien begonnen, [2][Flüchtlinge mit Gewalt zurück nach
Serbien, Montenegro und vor allem nach Bosnien zu treiben]. Allein im
ersten Halbjahr 2018 hatte das UN-Flüchtlingswerk UNHCR 1.954 dieser
Zurückweisungen anhand von Schilderungen Betroffener dokumentiert.
Seitdem gibt es durchgängig entsprechende Berichte. Auch Slowenien ist an
dem Vorgehen beteiligt: Dort von der Polizei aufgegriffene Flüchtlinge
werden teils nach Kroatien zurückgebracht und von dort mit Gewalt nach
Bosnien geschafft.
Bei diesen Aktionen kommen auch Hunde zum Einsatz, teils müssen die
Menschen lange in kalten Gewässern stehen. Solche Folter ähnlichen
Praktiken sollen sie hindern, einen erneuten Grenzübertritt zu versuchen.
Mehrfach war es Aktivisten mit versteckten Kameras gelungen, Aufnahmen von
diesen Aktionen zu machen. Die kroatische Regierung stritt jedoch alles ab.
Eine Ausnahme bildete ein Interview der damaligen kroatischen Präsidentin
Kolinda Grabar-Kitarović von 2019. Damals hatte das Schweizer Fernsehen
Aufnahmen der Pushbacks gesendet. Grabar-Kitarović sagte daraufhin, dass es
eben „ein bisschen Gewalt“ brauche.
## Schock und Sorge
Das sehen offenbar auch andere so: Vor dem Treffen der EU-Innenminister am
Freitag lobte der österreichische Innenminister Karl Nehammer (ÖVP),
Koalitionspartner der Grünen, dass Mitgliedsländer wie Kroatien und
Griechenland an den EU-Außengrenzen „hervorragende“ Arbeit leisteten.
Die EU hatte Kroatien zwar mehrfach für die Pushbacks kritisiert, diese
aber nie unterbunden. Am Donnerstag nannte EU-Innenkommissarin Ylva
Johansson die Videos „schockierend“, und sagte, sie sei „sehr besorgt“.…
gebe Anzeichen orchestrierter Gewalt an den EU-Außengrenzen. Zudem scheine
es überzeugende Beweise zu geben, dass EU-Geld in diesem Zusammenhang
missbraucht werde. Dies müsse gründlich untersucht werden, so Johansson.
Sie verwies darauf, dass es mittlerweile einen unabhängigen
Überwachungsmechanismus an der kroatischen Grenze gebe. Ihre Behörde habe
in den Gesprächen mit Zagreb monatelang darauf gedrungen.
Der grüne EU-Abgeordnete Erik Marquardt nannte diesen Mechanismus „ein
reines Feigenblatt“. Das Geld dafür fließe an das kroatische
Innenministerium, das mehrfach gezeigt habe, dass es kein Interesse an
Menschenrechtsbeobachtung hat. „Kroatien kann nicht Mitglied im
Schengenraum werden, solange das Land an seinen Grenzen systematisch
Menschen misshandelt“, sagte Marquardt.
## Versäumnisse der Kommission
Eine der ersten NGOs, die die gewalttätige Pushbacks an den EU-Außengrenzen
dokumentierte, war das Border Monitoring Network. „Die Kommission hat trotz
erdrückender Beweise, versäumt, gegen die Pushbacks vorzugehen“, sagte
Mitgründer Bernd Kasparek.
Denkbar gewesen sei die Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren, der
Abzug der europäischen Grenzschutzagentur Frontex aus Regionen, in denen
Pushbacks stattfinden oder die Sperre von Geldern aus europäischen
Grenzverwaltungsfonds, sagte Kasparek.
Die Zunahme der Pushbacks an Europas Grenze sei auch eine „Krise des
europäischen Rechtstaats“, denn die tagtägliche Gewalt gegen Schutzsuchende
bedrohe „auch den demokratischen und rechtstaatlichen Charakter des
europäischen Projekts.“
9 Oct 2021
## LINKS
[1] /Kroatien-betreibt-illegale-Push-backs/!5556569
[2] /Gewalt-gegen-Fluechtlinge/!5659739
## AUTOREN
Christian Jakob
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Kroatien
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