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# taz.de -- Volksentscheid über die Ehe für alle: Die Schweiz sagt: Ja, ich w…
> Fast zwei Drittel der Schweizerinnen und Schweizer sprechen sich für die
> Ehe für alle aus. Rückhalt kommt aus allen politischen Lagern und
> Regionen.
Bild: Nach der Abstimmung über die Ehe für alle: Befürworter*innen in Bern f…
Genf taz | Kurz nach Schließung der Abstimmungslokale am Sonntag um 12 Uhr
regnete es im Netz virtuelle Rosen und Regenbögen: Mit einem Ja für die Ehe
für alle war zwar gerechnet worden, schließlich standen Regierung und
Parlament quer durch die meisten Fraktionen dahinter. Doch dass die
Zustimmung so überwältigend ausfiel, war dann doch eine Überraschung.
Ausnahmslos alle Kantone stimmten mehrheitlich mit “Ja“.
Auch in ländlichen Kantonen wie Glarus oder Nidwalden stimmten mehr als 60
Prozent dafür, dass Männer Männer und Frauen Frauen heiraten dürfen. In der
Gemeinde Oberems im Wallis stimmten 85,7 Prozent der 49 Abstimmenden mit
“Ja“ – ein Rekord. Selbst in den Hochburgen der rechtskonservativen
Schweizerischen Volkspartei (SVP) folgte die Bevölkerung mehrheitlich nicht
dem Aufruf, mit Nein zu stimmen.
Für die grünliberale Parlamentsabgeordnete Kathrin Bertschy zeigt das: „In
der Bevölkerung ist das Anliegen schon lange angekommen.“ Einzig im
Parlament habe man hart arbeiten müssen, um Mehrheiten zu gewinnen.
Meinungsforscher beobachten einen “[1][Megatrend der Diversität]“: Auch
Konservative wollten Anderen im Privatleben möglichst wenig Vorschriften
machen.
So sprach sich die christdemokratische Partei „Die Mitte“, die die Ehe für
alle lange ablehnte, vor der Abstimmung deutlich für ein “Ja“ aus. Geworben
dafür hatte auch der offen schwule Mitte-Politiker Markus Hungerbühler. Er
glaubt, dass nicht zuletzt die zunehmende Isolation der Schweiz in Europa
zu einem Stimmungswandel in der Bevölkerung geführt hat.
## Schweiz ist spät dran
Schwulen und Lesben stand in der Schweiz bisher nur eine eingetragene
Partnerschaft offen, die der Ehe ähnlich, aber nicht rechtlich
gleichgestellt war. Seit der Einführung im Jahr 2007 haben jährlich im
Schnitt fast 700 Paare ihre Partnerschaft eintragen lassen. Künftig dürfen
verheiratete Schwule und Lesben auch in der Schweiz Kinder adoptieren und
sind in vielen anderen Vorgängen wie etwa der Einbürgerung gleichgestellt.
Im europäischen Vergleich ist die Schweiz damit spät dran. Mit Ausnahme von
Italien, wo nur eine eingetragene Partnerschaft möglich ist, ist sie das
letzte westeuropäische Land, das die Ehe für alle einführt.
Leihmutterschaft, die es Schwulen ermöglicht, ohne eine Adoption Kinder zu
bekommen, bleibt gleichgeschlechtlichen Ehepartnern dagegen versagt – so
wie auch heterosexuellen Paaren.
## Rekord bei der Zustimmung
Das hatte Gegnerinnen und Gegner nicht davon abgehalten, mit den
angeblichen Gefahren der Leihmutterschaft Stimmung gegen die Ehe für alle
zu machen. Die Thurgauer SVP-Abgeordnete Venera Herzog erklärte nach
Bekanntgabe der ersten Prognosen, Kindern ihren Vater vorzuenthalten sei
keine Frage von Modernität. Damit verweist Herzog auf das mit der
Gleichstellung aller Ehen verbundene künftige Recht lesbischer Paare,
Samenspenden in Anspruch zu nehmen. Mit der Ablehnung dessen hatten
Politikerinnen und Politiker am rechten Rand versucht, ihre Anhänger zu
mobilisieren. Ohne Erfolg.
Die Schweiz geht dabei sogar weiter als Deutschland: Beide Ehepartnerinnen
dürfen als Mütter anerkannt werden. Und über noch einen Rekord freuten sich
die Befürworter: In keinem anderen [2][europäischen Land ist die Ehe für
alle] mit einer größeren Mehrheit beschlossen worden, schon gar nicht in
einer Volksabstimmung. Das alles sei nicht vom Himmel gefallen, erklärte
die Sozialdemokratin Jacqueline Badran auf Twitter. Der Dank gebühre der
LGBTQ+-Gemeinschaft, die jahrzehntelang gegen Diskriminierungen gekämpft
habe.
26 Sep 2021
## LINKS
[1] /Christopher-Street-Day-2021/!5787695
[2] /LGBTIQ-Rechte-in-Europa/!5801757
## AUTOREN
Marc Engelhardt
## TAGS
Ehe für alle
Diversity
Schwerpunkt LGBTQIA
Schweiz
Volksabstimmung
IG
Gleichgeschlechtliche Ehe
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Pride Parade
Lesestück Recherche und Reportage
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