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# taz.de -- Tödlicher Angriff in Idar-Oberstein: Zeugen sollen Tat gesehen hab…
> An der Tankstelle in Idar-Oberstein soll es Augenzeugen gegeben haben.
> Die AfD hat eine Mitschuld an der Radikalisierung von „Querdenkern“
> zurückgewiesen.
Bild: Der Tatort in Idar-Oberstein
Idar-Oberstein dpa | Der tödliche Schuss auf einen Kassierer in einer
Tankstelle in Idar-Oberstein ist von Augenzeugen beobachtet worden. Das
teilte die Staatsanwaltschaft in Bad Kreuznach am Donnerstag auf Anfrage
der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit. Nähere Angaben zu den Zeugen, die
bei der Tat eines 49-Jährigen am Samstagabend vor Ort gewesen waren, wollte
die Behörde nicht machen. Die Ermittlungen zu dem tödlichen Angriff,
[1][der im Streit um das Tragen einer Corona-Maske ausgelöst worden sein
soll], dauern an. Zuvor hatte der SWR über die Tatzeugen berichtet.
Dem 49-jährigen Deutschen wird vorgeworfen, dem 20 Jahre alten Kassierer in
der Tankstelle in den Kopf geschossen zu haben. Der junge Mann hatte ihn
zuvor auf die Maskenpflicht hingewiesen. Nach seiner Festnahme sagte der
mutmaßliche Täter den Ermittlern zufolge, dass er die Corona-Maßnahmen
ablehne. Der zuvor nicht polizeibekannte Deutsche sitzt wegen Mordverdachts
in Untersuchungshaft. Die Tat löste bundesweit großes Entsetzen und
Anteilnahme aus.
Die Staatsanwaltschaft rechnet mit wochenlangen Ermittlungen. „Wir müssen
uns jetzt erstmal selbst ein klares Bild machen“, hatte Oberstaatsanwalt
Kai Fuhrmann zuvor gesagt. Dazu gehörten auch Untersuchungen über die
Herkunft der Tatwaffe und der anderen Waffen, die bei dem Mann
sichergestellt worden waren. Er habe sie illegal besessen.
Die Polizei prüft derzeit auch die [2][Aktivitäten des mutmaßlichen Täters
in den sozialen Medien]. Es seien sehr viele Hinweise dazu eingegangen,
sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Trier. Nach gemeinsamen Recherchen
des Nachrichtenmagazins Der Spiegel und des auf Verschwörungsideologien
spezialisierten Thinktanks CeMAS fiel der mutmaßliche Schütze bereits vor
zwei Jahren auf einem Twitter-Profil mit nebulösen Gewaltfantasien auf.
## „Der oberste Agent der politischen Radikalisierung“
Unterdessen hat AfD-Chef Jörg Meuthen im Interview mit dem
ARD-Hauptstadtstudio Vorwürfe zurückgewiesen, [3][der mutmaßliche Täter
könne mit seiner Partei in Verbindung gebracht werden]. Meuthen nannte es
„absurd“, einen Zusammenhang zwischen der AfD und der Gewalttat von
Idar-Oberstein herstellen zu wollen: „Das ist so erkennbar konstruiert, ich
glaube nicht, dass man damit durchkommt“, so die Einschätzung von Meuthen.
Man habe es bei dem Täter mit einem „durchgeknallten Irren“ zu tun.
Unionskanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) hatte „Querdenkern“ und der AfD
das Schüren von Hass vorgeworfen. „Die AfD muss verschwinden aus deutschen
Parlamenten“, sagte er am Mittwochabend in Rottenburg am Neckar in
Baden-Württemberg. „Den Hass, den die AfD in deutsche Parlamente getragen
hat, den Hass, den sie im Deutschen Bundestag in jeder Sitzungswoche
artikuliert – gegen Minderheiten, mit Ressentiments – dem stellen wir uns
entgegen.“
Auch die „Querdenker“ würden Hass in diesen Tagen im Internet verbreiten,
sagte Laschet. „Hass im Netz folgt am Ende die böse Tat.“ Das habe man etwa
in Idar-Oberstein erlebt, wo ein junger Mann ermordet worden sei, nur weil
er an die Maskenpflicht erinnert habe.
Der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle,
sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Die AfD ist der oberste
Agent der politischen Radikalisierung in Deutschland.“ Indem
Rechtsextremisten während der Corona-Pandemie ihre wirren Diktatur-Vorwürfe
verbreiteten, trügen sie eine Mitverantwortung für die Radikalisierung
bestimmter Bevölkerungsgruppen, zu denen auch der mutmaßliche Täter aus
Idar-Oberstein gehöre.
## Fachstelle wertet Tat als Verdachtsfall rechter Gewalt
Auch die innenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Ute Vogt,
macht der AfD Vorwürfe. „Die AfD hat seit ihrem Einzug in den Deutschen
Bundestag erheblich dazu beigetragen, dass Hass und Hetze auf den Straßen
und in den Sozialen Medien enorm angestiegen sind“, sagte sie dem RND.
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Bundestag, Mathias
Middelberg, sagte dem RND: „Die Gründe für diese entsetzliche Tat allein
bei der AfD zu suchen, ist zu einfach.“ Und er betonte weiter: „Aber
natürlich trägt die AfD mit ihren gezielten Provokationen zu einer immer
stärkeren Polarisierung unserer Gesellschaft bei.“
Der Co-Vorsitzende der SPD, Norbert Walter-Borjans, hat ein frühes und
entschlossenes Handeln der Behörden gefordert. „Wenn sich Anzeichen
ergeben, dass sich eine Tat so anbahnt, dass es wirklich zu einer
hasserfüllten Auseinandersetzung kommt, dann muss der Staat reagieren“,
sagte Walter-Borjans im „Frühstart“ von RTL und ntv.
Die Fachstelle für Betroffenenstärkung und Demokratieentwicklung in
Rheinland-Pfalz wertet die Tat als „einen Verdachtsfall rechter Gewalt“.
Bisher bekannt gewordene Äußerungen des 49-Jährigen von vor und nach der
Tat würden auf eine „Widerstandsrhetorik“ verweisen, „wie sie in
rechtsextremen und verschwörungsideologischen Milieus verbreitet“ ist,
teilte die 2017 zur Beratung für Betroffene von rechtsextremer Gewalt
gegründete Fachstelle m*Power in Koblenz mit.
23 Sep 2021
## LINKS
[1] /Vorfall-an-Tankstelle-in-Idar-Oberstein/!5802559
[2] /Toetungsdelikt-in-Idar-Oberstein/!5802951
[3] /Aktuelle-Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5803244
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