# taz.de -- Besorgniserregender Klimareport: Hamburg, heißes Pflaster | |
> Schon jetzt ist es in Hamburg 1,7 Grad wärmer als vor 140 Jahren, hat der | |
> Deutsche Wetterdienst festgestellt. Das sorgt für Krach in der Koalition. | |
Bild: Gesteigerter Bedarf absehbar: Erfrischung an den Wasserspielen von Plante… | |
HAMBURG taz | Noch ernüchternder kann ein Studienergebnis auf den ersten | |
Blick kaum sein: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat am Donnerstag einen | |
Bericht präsentiert, der nachzeichnet, wie sich das Klima in Hamburg im | |
Laufe der vergangenen 140 Jahre verändert hat. An dem Ziel einer maximalen | |
Erwärmung um 1,5 Grad, zu dem das Pariser Klimaabkommen verpflichtet, ist | |
Hamburg demnach schon jetzt vorbeigerauscht. Wie auf die Befunde zu | |
reagieren ist, darüber gibt es nun [1][heftigen, anhaltenden Streit im | |
Senat.] | |
Der Extremwetterkongress, auf dem der Klimareport vergangene Woche in | |
Hamburg vorgestellt wurde, hatte ohnehin schon alarmierende Signale | |
gesendet. International renommierte Expert:innen berichteten von den | |
Auswirkungen des Klimawandels: Hamburg sei als Großstadt an der Elbe durch | |
Hochwasser und Starkregen besonders gefährdet. „Wir verlassen den | |
klimatischen Wohlfühlbereich“, sagte etwa der Präsident des Club of Rome | |
Deutschland, Mojib Latif. | |
Das zeigt auch der erstmals [2][konkret für Hamburg vorgestellte | |
Klimareport]. Um 1,7 Grad Celsius sei die Jahresmitteltemperatur seit dem | |
Jahr 1881 gestiegen, berichtet der DWD. Auch wenn Hamburg, verglichen mit | |
anderen Ländern, von den Folgen des Klimawandels bisher weniger betroffen | |
ist, sind erste Auswirkungen bereits spürbar: Die Winter werden kürzer, es | |
gibt zehn Sommertage mehr und acht Frosttage weniger als noch vor 140 | |
Jahren. | |
Und es dürfte noch wärmer werden: „Meiner persönlichen Einschätzung nach | |
wird die Jahresdurchschnittstemperatur in Hamburg sogar um insgesamt mehr | |
als zwei Grad steigen, bevor global die 1,5 Grad erreicht sind“, sagt | |
Birger Tinz vom DWD. Auch rechnet er in den kommenden Jahren mit mehr | |
Regen. Anlass dazu gibt ein Blick zurück auf die vergangenen 140 Jahre: Die | |
Jahresniederschlagssumme ist seit 1881 um etwa 17 Prozent gestiegen. | |
Der Bericht zeigt für Hamburg zwei Szenarien bis zum Jahr 2100: In dem | |
einen werden die Emissionen sehr stark und schnell verringert werden; dem | |
steht das Weiter-wie-bisher-Szenario gegenüber. Im ersten Szenario würde | |
die Temperatur bis zum Jahr 2100, verglichen mit der Temperatur im Jahr | |
2000, um 1,1 Grad Celsius steigen. Betrachtet man dagegen das zweite | |
Szenario, wird für den selben Zeitraum mit einer Erwärmung um etwa 3,6 Grad | |
Celsius gerechnet. | |
Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) zieht aus den Ergebnissen den Schluss, | |
dass mehr unternommen werden müsse: „Der Klimareport verdeutlicht auf | |
eindringliche Weise, wie wichtig es ist, dass wir die CO2-Emissionen | |
weltweit schnell reduzieren.“ Er wirbt dafür, dass er und seine | |
Kolleg:innen im Senat sich sputen. | |
„Der Klimareport ist ein weiterer Beleg dafür, dass wir in Hamburg unsere | |
Klimaziele verschärfen müssen“, sagt Kerstan. Darüber, wie eine | |
Verschärfung konkret ausgestaltet werden soll, gibt es seit Wochen Streit | |
mit der SPD. | |
Doch die will sich solche Attacken nicht gefallen lassen. „Sinkende | |
Umfragewerte führen mitunter zu Nervosität; dafür habe ich Verständnis“, | |
sagt Dirk Kienscherf, der Fraktionschef der SPD in der Bürgerschaft, mit | |
Blick auf den schwindenden Zuspruch zu den Grünen in den vergangenen | |
Wochen. „Wofür ich kein Verständnis habe, ist Wahlkampf auf Kosten der | |
Koalition“, sagt Kienscherf. | |
[3][Die SPD habe den Weg zu einer klimaneutralen Industrie- und | |
Wirtschaftspolitik gezeigt – Umweltsenator Kerstan sei dagegen untätig | |
geblieben]: Für diesen sei es an der Zeit, „endlich die Ärmel | |
hochzukrempeln und loszulegen“. Kerstan war zuletzt vorgeworfen worden, | |
keine konkreten Umsetzungsvorschläge im Senat vorgelegt zu haben. | |
## Bei der Opposition herrscht Kopfschütteln | |
Über den Streit im Senat herrscht bei der CDU-Opposition großes | |
Kopfschütteln – auch die CDU fordert mehr Tempo beim Klimaschutz. „Es ist | |
auffällig, dass die Bundesregierung in ihren Zielen ambitionierter ist als | |
Hamburg“, sagt der umweltpolitische Sprecher, Sandro Kappe. | |
Er bezieht sich damit auf das Hamburgische Klimaschutzgesetz, laut dem die | |
Kohlendioxidemissionen bis 2030 um 55 Prozent gesenkt werden sollen. Im | |
bundesweiten Klimaschutzgesetz lautet die Vorgabe dagegen, die Emissionen | |
bis 2030 um 65 Prozent zu senken. | |
„Der derzeitige Klimaplan muss überarbeitet werden“, fordert Kappe. Für i… | |
ist klar, wer im Senat als Blockierer auftritt: „Die Grünen haben ja schon | |
Vorschläge gemacht“, sagt er. „Aber von der SPD kommt immer nur | |
Verweigerung.“ Umweltsenator Kerstan dürfte diese Einschätzung mit | |
Genugtuung zur Kenntnis nehmen. | |
26 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Streit-um-Klimaschutz-in-Hamburg/!5789513 | |
[2] https://www.dwd.de/DE/leistungen/klimareports/klimareports.html | |
[3] /Volksini-startet-Unterschriftensammlung/!5795942 | |
## AUTOREN | |
Alexandra Hilpert | |
André Zuschlag | |
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