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# taz.de -- Soli-Demo für Lina E. in Leipzig: Tausende auf der Straße
> Rund 3.500 Menschen haben sich am Samstag in Leipzig mit der Studentin
> Lina E. solidarisiert, die vor Gericht steht. In Connewitz kam es zu
> Ausschreitungen.
Bild: Teilnehmer*innen der Soli-Demo am 18. September 2021 in Leipzig
Leipzig taz | Verspätet startete am Samstagnachmittag die „Wir sind alle
Linx“-Demonstration auf dem Leipziger Johannisplatz mit den Grußworten der
Mutter [1][der Studentin Lina E]. Sie verurteilte die Kriminalisierung
ihrer Tochter und sandte solidarische Grußworte an die Teilnehmer*innen.
Das hinter der Demo stehende Bündnis hatte seit Tagen deutschlandweit in
Richtung Leipzig mobilisiert und erwartete laut Angaben der Stadt bis zu
3.000 Menschen. Gekommen waren letztlich sogar circa 3.500, wie die Polizei
Leipzig mitteilte. Der Protestzug endete am Samstagabend am Connewitzer
Kreuz.
Nachdem die Polizei gegenüber dem Berliner Tagesspiegel verlauten ließ,
dass sie von einem in Teilen gewalttätigen Demonstrationsverlauf ausgehe,
war sie mit einem Großaufgebot von Beamt*innen aus Sachsen, Thüringen,
Sachsen-Anhalt und Niedersachsen vor Ort. Die Sprecherin des Bündnisses,
Ada Hummel, wies derlei Annahmen und Vorverurteilungen zurück. „Wir haben
uns auf einen friedlichen Aktionskonsens verständigt.“
Bereits im Vorfeld hätte es vom sächsischen Verfassungsschutz und der
Leipziger Polizei Versuche gegeben, ein Bedrohungsszenario aufzubauen,
sagte Hummel. Der sächsische Verfassungsschutz hätte mitteilen lassen, dass
die Demonstration „ein zentraler Termin der linksextremistischen autonomen
Szene“ sei.
## „Kriminalisierung eines legitimen Protests“
Auch der Grünen-Politiker Jürgen Kasek hielt den Gewaltvorwurf bereits vor
dem eigentlichen Demonstrationsgeschehen für eine „Kriminalisierung eines
legitimen Protests“. Mit ihren Befürchtungen sollten die
Sicherheitsbehörden zumindest bis Samstagnachmittag nicht recht behalten.
Bis zur Zwischenkundgebung auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz blieb die
Demonstration friedlich. Eine Sprecherin der Polizei zeigte sich bis dahin
mit dem bisherigen Demonstrationsverlauf zufrieden.
Am späteren Nachmittag kam es dann allerdings vereinzelt zu Stein- und
Flaschenwürfen gegen die Polizeihauptwache an der Dimitroffstraße 1 und
gegen eine Filiale der Deutschen Bank. Nach Beendigung der Demonstration
wurden in der Nähe des Connewitzer Kreuzes mehrere Barrikaden in Brand
gesetzt. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein. Nach bisherigem
Kenntnisstand kam es zu vereinzelten Festnahmen. Bis zur Beendigung des
Einsatzes setze man weiter auf ein deeskalatives Einsatzkonzept, so ein
Sprecher der Polizei Leipzig gegenüber der taz. Eine abschließende Bilanz
lasse sich aber erst später ziehen.
„Wir haben hier ein besonnenes Vorgehen der Polizei wahrgenommen“, sagte
auch eine Sprecherin des Bündnisses. „Wir ziehen als Fazit, dass wir heute
in jedem Fall unser Anliegen auf die Straße bringen konnten.“
Die Forderungen der Demonstrant*innen auf der Soli-Demo waren
mannigfaltig. So wollten sie ein Zeichen setzen, dass antifaschistische
Strukturen in Deutschland breit aufgestellt sind und ein großes
Mobilisierungspotenzial besitzen. Es ging ihnen aber auch um ein Ende der
Kriminalisierung antifaschistischer Aktivitäten.
Die Demonstrant*innen solidarisierten sich aber vor allem [2][mit der
Studentin Lina E.], die seit dem 5. November 2020 in Untersuchungshaft
sitzt, und fordern deren Freilassung. Gemeinsam mit drei Mitangeklagten
soll sie eine linksextremistische Gruppe angeführt haben, die mutmaßlich
Rechte angriff.
## Prozess von Anfang an politisch aufgeladen
Anfang August 2018 soll E. den Wurzener Neonazi Cedric S. ausgespäht haben,
der sich 2016 an einem Überfall von 250 Rechtsextremen auf den Leipziger
Stadtteil Connewitz beteiligte. Aus einem Auto heraus soll die Studentin
Fotos vom Fußballplatz gemacht haben, auf dem S. trainierte. Mehrere Monate
später überfielen fünf Vermummte den Neonazi. Zu den Vorwürfen hat sich die
26-Jährige bisher nicht geäußert.
Die Forderungen der Demonstrant*innen richteten sich auch gegen die
sogenannte Soko Linx. Die eigens für linke Straftaten eingerichtete
Sonderkommission des Landeskriminalamtes Sachsen ermittelte auch im Fall
Lina E. Bislang kann die Soko jedoch keine signifikanten Erfolge vorweisen.
Der Prozess gegen Lina E. [3][ist von Anfang an politisch aufgeladen
gewesen]. Am 5. November 2020 wurde Lina E. unter großem Medienrummel
festgenommen. Mit einem Helikopter wurde sie zum Haftrichter nach Karlsruhe
geflogen, ihr Bild landete in diversen Boulevardmedien.
Lange standen keine Autonomen mehr unter solch einem großen justiziellen
Aufwand vor Gericht. Gegen Lina E. wird auf Grundlage des Paragrafen 129
StGB ermittelt. Im Fall einer Verurteilung wären Lina E. und ihre
Mitangeklagten die ersten seit zehn Jahren, die wegen einer Mitgliedschaft
in einer „linksextremen kriminellen Vereinigung“ verurteilt würden.
Auch Vertreter*innen der Partei „Die Linke“ waren am Samstag vor Ort.
Gerade in Sachsen zeige sich immer wieder die Notwendigkeit eines
antifaschistischen Engagements, sagte der Linken-Politiker Sören Pellmann.
„Wir wollen hier auch als Vertreter*innen von der Linken ein Zeichen
setzen, dass es in Zeiten eines Rechtsrucks ein anderes weltoffenes und
linkes Leipzig gibt.“
18 Sep 2021
## LINKS
[1] /Lina-E-vor-Gericht/!5794248
[2] /Nach-Angriff-auf-Rechtsextreme/!5726701
[3] /Lina-E-vor-Gericht/!5794248
## AUTOREN
Jessica Ramczik
## TAGS
Schwerpunkt Antifa
Leipzig
Autonome Szene
GNS
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