| # taz.de -- Strom, Gas und Öl teurer: Energiepreise alarmieren Europa | |
| > Verbraucher und Regierungen verunsichern die gestiegenen Energiepreise – | |
| > dabei könnten diese auch helfen, die CO2-Emissionen zu senken. | |
| Bild: Wenn die Strompreise stegen, wird auch das Kochen teurer | |
| Berlin taz | Die Energiemärkte kennen seit Wochen keine Preisgrenzen mehr. | |
| Für Erdgas waren am [1][Spotmarkt] in den vergangenen zwei Tagen mehr als | |
| 110 Euro je Megawattstunde zu bezahlen – dreimal so viel wie noch im | |
| August. Im Schlepptau kletterte auch der Kohlepreis. Und weil die fossilen | |
| Energien noch immer den Strompreis prägen, schlagen die hohen | |
| Rohstoffpreise auch auf den Elektrizitätsmarkt durch. Vergleichsweise | |
| moderat blieb bislang der Anstieg des Ölpreises auf zuletzt rund 80 Dollar | |
| pro Barrel. | |
| Beinahe panisch reagierte der Strommarkt. Großhändler, die an diesem | |
| Donnerstag Strom auf dem Spotmarkt einkauften, mussten im Tagesmittel | |
| sagenhafte 303 Euro je Megawattstunde bezahlen. In vielen Nachbarländern | |
| war das Preisniveau ähnlich. Zuletzt hatten die Preise im Mittel bei etwa | |
| 40 Euro gelegen. | |
| Was sind die Gründe? In den Sommermonaten waren es vor allem die auf über | |
| 60 Euro pro Tonne gestiegen CO2-Preise, die den Strompreis mitzogen. Da die | |
| EU die verfügbaren CO2-Budgets limitieren will, steckte hinter der | |
| Entwicklung schlicht Marktlogik. | |
| Im September trieben dann globale Faktoren die Preise. Vor allem Asien | |
| kauft aktuell viel Erdgas ein – und verknappt damit das Angebot in Europa. | |
| Unklar ist zugleich die Rolle Russlands und dessen Gasversorgers Gazprom. | |
| Gazprom Germania ließ eine taz-Anfrage zu den Hintergründen des | |
| Preisanstiegs unbeantwortet. | |
| ## Verbraucher in Sorge | |
| Aus Zahlen, die Gazprom selbst veröffentlichte, geht allerdings hervor, | |
| dass die Lieferungen über Weißrussland in die EU seit Ende September um bis | |
| zu 70 Prozent gesunken sind. Das nährt Spekulationen, Russland wolle Druck | |
| machen bei der Genehmigung der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2. | |
| Viele Verbraucher sind in Sorge. Zwar kommen die Gas- und Strompreise bei | |
| Privatkunden erst verzögert an, weil die Versorger sich meist langfristig | |
| mit Energie eindecken. Gleichwohl dürften deutliche Aufschläge | |
| unausweichlich sein, wenn Mitte November die Versorger ihre Konditionen für | |
| 2022 veröffentlichen. | |
| Betroffen von den hohen Energiepreisen ist [2][ganz Europa], die nationalen | |
| Regierungen sind verunsichert. Alle Länder stehen vor einer grundsätzlichen | |
| Entscheidung. Wollen sie den steigenden Energiepreisen hinterher | |
| subventionieren, was allen Bestrebungen zum Klimaschutz widerspräche? | |
| Oder lassen sie den Energiepreisen freien Lauf, weil diese schlicht die | |
| Verknappung von CO2-Budgets und die Grenzen der Rohstoffverfügbarkeit | |
| widerspiegeln? Zur Vermeidung sozialer Härten könnte in diesem Fall ein | |
| anderweitiger Ausgleich greifen. Ein solches Konzept hatten in Deutschland | |
| vor der Wahl die Grünen vorgeschlagen mit ihrem „Energiegeld“, also einer | |
| Pro-Kopf-Rückgabe eingenommener CO2-Steuern. Es wird wohl in den | |
| anstehenden Koalitonsverhandlungen eine Rolle spielen. | |
| ## Rütteln am europäischen Energiemarkt | |
| Frankreich, Spanien, Griechenland, Tschechien und Rumänien zeigten sich | |
| inzwischen bereit, an den Grundfesten der europäischen Energiemärkte zu | |
| rütteln – und die Strompreise stärker an den nationalen Strommix zu | |
| koppeln. Vor allem jene Länder, die selbst wenig Erdgas verstromen, hoffen | |
| damit auf günstigere Preise. Dabei war ein möglichst einheitlicher | |
| Energiemarkt lange eines der Aushängeschilder europäischer Integration. | |
| EU-Energiekommissarin Kadri Simson kündigte indes eine „neue Toolbox“ an �… | |
| Leitlinien, die den Mitgliedstaaten helfen sollen, die Energiepreise in den | |
| Griff zu bekommen, „ohne den politischen Rahmen der EU zu verlassen und die | |
| gemeinsamen Klimaziele aus den Augen zu verlieren“. Als konkrete Schritte | |
| nennt die Kommissarin die Steuerpolitik. | |
| Auch seien gezielte Maßnahmen für schutzbedürftige Verbraucher oder | |
| befristete Maßnahmen für Haushalte und kleine Firmen oder eine direkte | |
| Unterstützung von Bürgern möglich. Solche Eingriffe sollten aber nur | |
| kurzzeitig erfolgen. Langfristig brauche man „mehr erneuerbare Energien und | |
| mehr Energieeffizienz“. | |
| Einige Länder haben bereits Kurzfristmaßnahmen beschlossen: Frankreich | |
| greift massiv in die Märkte ein und deckelt kurzerhand bis April – dann ist | |
| Präsidentschaftswahl – die Verbraucherpreise. Anbieter, die Gas unter | |
| Einkaufspreis abgeben müssen, werden vom Staat entschädigt, bedürftige | |
| Haushalte bekommen „Energieschecks“ über 100 Euro. Spanien senkte indes die | |
| Mehrwertsteuer auf Strom. | |
| Gegen eine Senkung der Energiekosten durch Senkung der CO2-Preise hat sich | |
| indes der Lobbyverein CO2 Abgabe e.V. ausgesprochen: Interventionen „zur | |
| Senkung der Preise sind abzulehnen“, sagte Vorstand Jörg Lange. Am 21. und | |
| 22. Oktober wollen die Staats- und Regierungschefs der EU über das weitere | |
| Vorgehen beraten. | |
| 8 Oct 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.eex.com/de/ | |
| [2] /EU-Finanzministertreffen/!5801614 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernward Janzing | |
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