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# taz.de -- Chaotischer Wahltag in Berlin: Was war da los?
> Der Superwahlsonntag in Berlin war ein Debakel: fehlende Wahlzettel,
> Warteschlangen. Protokolle von zwei Wahlhelferinnen und einem Wähler.
Bild: Es war ein Kreuz mit dem Kreuzen am Wahltag: Schlange vor einem Berliner …
Berlin taz | [1][Fehlende oder falsche Stimmzettel und stundenlange
Wartezeiten] hin oder her, in der Landesregierung sieht man trotz eigener
Verärgerung über die Pannen bei den Wahlen samt Volksentscheid am
vergangenen Sonntag derzeit keinen Grund für eine Neuauflage. „Aus dem, was
dem Senat bisher bekannt ist, ergeben sich noch keine Anhaltspunkte dafür,
dass so schwerwiegende Fehler da sind, dass eine Wahlwiederholung
unmittelbar bevorsteht“, sagte Senatskanzleichef Christian Gaebler (SPD) am
Dienstag. Er betonte mehrfach, dass nicht der Senat, sondern die
ehrenamtliche Wahlleitung für die Organisation der Wahl verantwortlich sei.
In der Sitzung sprach laut Gaebler kein Senatsmitglied von einer
Wahlanfechtung. Der RBB hatte berichtete, das [2][Kultursenator Klaus
Lederer (Linkspartei)] auf eine Nachzählung in einem Pankower Wahlkreis für
das Abgeordnetenhaus dränge. Probleme gab dem Senatskanzleichef zufolge in
einer zweistelligen Zahl von Wahllokalen – konkreter mochte er trotz
Nachfrage nicht werden. „Egal, ob 50 oder 90 – das heißt auch, dass es in
2.100 Wahllokalen keine Probleme gegeben hat“, sagte Gaebler, „es ist kein
Grund, von einem Wahlchaos zu sprechen. Auch die Wahlbeobachter der OSZE –
nach seiner Kenntnis vier – seien nicht erst am Sonntag aktuell eingeflogen
worden. Dass die vor Ort waren, „sehe ich weder als einen Skandal noch als
eine große Besonderheit.“
Für sämtliche Fragen zum Ablauf und warum was wann nicht in ausreichender
Zahl zur Verfügung war, verwies er auf die Wahlleitung. Die wird angeführt
von Petra Michaelis, im Hauptberuf in leitender Stellung im
Landesrechnungshof tätig. Zu einer Forderung nach ihrer Abberufung
erwiderte Gaebler: Der Senat benenne zwar die Wahlleitung und könne sie auf
abberufen. Das aber jetzt zu tun, würde aus seiner Sicht wie ein Eingriff
des Senats wirken.
Auf eine Sache legte sich der SPD-Politiker fest: „[3][Der Marathon] war
nicht das Problem.“ Und wenn, dann war dafür nicht der Senat
verantwortlich: Man habe auf Bundesebene darauf gedrängt, die Wahl eine
Woche früher anzusetzen, was aus Gaeblers Sicht möglich gewesen wäre, doch
sei damit nicht durch gedrungen. Eine Verlegung des Laufs sei nicht möglich
gewesen, weil der in einen internationalen Wettkampfkalender eingebunden
ist.
Das berichten zwei Wahlhelferinnen und ein Wähler der taz:
„Bei der Zuteilung der Wahlzettel für die Zweitstimme der
Abgeordnetenhauswahl ist ein schwerer Fehler passiert: Wir hatten sowohl
einige korrekte Stimmzettel für unseren Friedrichshain-Kreuzberger Bezirk,
wie auch einige für Charlottenburg-Wilmersdorf.
Aufgefallen ist uns das allerdings erst eine knappe halbe Stunde nach
Öffnung des Wahllokals – die falschen und die richtigen Zettel lagen in der
gleichen Kiste. Das heißt: Einige der ersten Wählerinnen und Wähler bekamen
von uns Charlottenburg-Wilmersdorfer Stimmzettel ausgehändigt und haben auf
den falschen Zetteln ihre Kreuze gemacht.
Da mit der Zweitstimme eine Partei und nicht eine Person gewählt wird, hat
der Wahlvorstand abends gemeinsam beschlossen, die Stimmen auf diesen
Zetteln für gültig zu erklären und entsprechend zu werten. Wahrscheinlich
handelte es sich lediglich um 10 bis 15 Stimmen.
In der Schule, in der ich als Wahlhelferin eingesetzt war, waren drei
Wahllokale untergebracht, alle hatten das gleiche Problem mit den Zetteln
aus Charlottenburg-Wilmersdorf. Und alle hatten deutlich zu wenige Zettel
für Friedrichshain-Kreuzberg. Die gültigen Wahlzettel wurden aufgeteilt,
die Bezirkswahlleitung wurde sofort informiert darüber, dass wir dringend
Nachschub brauchen.
Es hat aber gut zwei Stunden gedauert, bis der Kurier mit neuen, richtigen
Stimmzetteln eintraf. Sein Kommentar: „Ist halt Marathon draußen. Die
Straßen sind ja alle gesperrt.“ Der Kurier kam wenige Minuten, nachdem uns
die blauen Zweitstimmenzettel für die Abgeordnetenhaus tatsächlich
ausgegangen waren und wir das Wahllokal schon kurz geschlossen hatten. Die
Schlange draußen war zu diesem Zeitpunkt an die 150 Meter lang.
Am Abend sollten wir der Wahlleitung nach der Auszählung der Bundestagswahl
telefonisch die Ergebnisse aus unserem Wahllokal durchgeben. Doch die
Nummer, die wir mitgeteilt bekommen hatten – alle drei Wahllokale in der
Schule hatten dieselbe -, funktionierte nicht.
Die Ansage war: „Diese Nummer ist nicht vergeben.“ Erst nach eineinhalb
Stunden nahm plötzlich und völlig überraschend jemand am anderen Ende ab.
So lange durften wir nicht mit der Auszählung der abgebenen Stimmen für die
Abgeordnetenhauswahl, für die BVV und den Volksscheid beginnen. Die
Auszählung der Stimmen zog sich deswegen bis kurz nach Mitternacht. Jede:r
freiwillige Helfer:in soll 60 Euro Erfrischungsgeld erhalten.“ Eine
Wahlhelferin in Kreuzberg, die anonym bleiben möchte (Protokoll: bis)
„Ich gehöre zu einer Gruppe von mehreren hundert Wähler*innen, die am
Sonntag keine Erststimme für die Wahl des Abgeordnetenhauses abgeben
konnten. In mehreren Wahllokalen in Prenzlauer Berg sind am Nachmittag die
Wahlzettel ausgegangen und es war nicht möglich, Nachschub zu organisieren.
Von den Verantwortlichen wusste niemand, was zu tun ist. Was mich besonders
stört, ist die Tatsache, dass einfach weitergewählt wurde, obwohl keine
Wahlscheine vorhanden waren.
Ich war ungefähr zwei Stunden im Wahllokal 717 und in dieser Zeit haben
alle Menschen dort ohne Erststimme gewählt. Ich weiß überhaupt nicht, was
jetzt aus meiner Erststimme gemacht wurde. Ist sie ungültig? Gelte ich als
Nichtwähler? Es sollte geklärt werden, in welchem Ausmaß ohne Erststimmen
gewählt wurde. Wenn sich also herausstellt, dass die fehlenden Stimmen
einen Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt haben könnten, sollte die Wahl
unbedingt wiederholt werden.“ Felix H., Wähler (Protokoll: gug)
„Ich bin schon das vierte oder fünfte Mal bei einer Wahl als Wahlhelferin
dabei, aber so etwas gab es noch nie. Wir haben schon etwas früher gemerkt,
dass die Wahlzettel knapp wurden und haben dann auch mehrmals im Wahlamt
angerufen, aber da ging niemand ran. Erst nach mehreren Anrufen konnten wir
jemanden erreichen, aber bis die Wahlzettel kamen, mussten wir das
Wahllokal schon für ungefähr eine Stunde schließen. Die meisten Menschen
haben verständnisvoll reagiert.
Manche haben ihre Thermoskannen ausgepackt und die Zeit für ein
Teekränzchen genutzt. Wir haben dann aber trotzdem die Polizei gerufen, um
die verärgerten Leute zu beruhigen. Die Polizei ist dann mit Sondersignal
los, um neue Stimmzettel zu besorgen. So etwas darf nicht passieren, es ist
einfach schade um die Wahl.“ Susanne Schmidt, Wahlhelferin in Wilmersdorf
(Protokoll: gug)
28 Sep 2021
## LINKS
[1] /Chaotischer-Wahltag-in-Berlin/!5800292
[2] /Linken-Spitzenkandidat-im-Wahlkampf/!5802603
[3] /Berlin-Wahlen-2021/!5803152
## AUTOREN
Sara Guglielmino
Bert Schulz
Stefan Alberti
## TAGS
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