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# taz.de -- Steigender Strompreis in Spanien: Das Erdgas ist schuld
> Angebot und Nachfrage bestimmen auch den Preis, so zumindest die Theorie.
> Doch beim Strom im Spanien stimmt das nicht mehr. Die Verbraucher leiden.
Bild: Strom wird in Spanien deutlich teurer
Madrid taz | So teuer wie diesen Sommer war der Strom in Spanien noch nie.
Die Megawattstunde (mWh) [1][riss vor wenigen Tagen die 140 Euro-Hürde].
Alleine in der vergangenen Augustwoche stiegen die Kosten um 31 Prozent.
Und das, obwohl der Strom bereits im Juni 270 Prozent teurer war als Juni
des vergangenen Jahres.
Die Regierung in Madrid geht davon aus, dass die [2][Stromrechnung der
Spanier] im Jahresschnitt um mindestens ein Viertel zulegen wird. Das wirkt
sich auf die Inflation aus. Diese wird 2021 mindestens 3,3 Prozent
betragen, soviel wie seit 2012 nicht mehr.
Auf den ersten Blick ist die Preisanstieg paradox. Denn noch nie hatte
Spanien so viele Anlagen zur Stromerzeugung wie heute. Und die Nachfrage
liegt weit unter der, die vor der Eurokrise 2008 zu verzeichnen war.
Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, so zumindest die Theorie. Doch
die Praxis sieht anders aus.
Täglich findet eine Versteigerung statt. Die letzte eingekaufte
Megawattstunde bestimmt den Preis für den gesamten Strom. Anlagen, die
nicht gespeichert oder abgeschaltet werden können wie Sonnen-, Wind- oder
Atomenergie, werden zum Preis von 0 Euro – umsonst – angeboten.
## Erdgas ist der Preistreiber
Was das Ganze so teuer macht, ist das Erdgas. Der Preis dafür ist im
letzten Jahr um 400 Prozent gestiegen, die nötigen CO2-Verschmutzungsrechte
um 100 Prozent. Das Gas bestimmt selbst dann den Strompreis, wenn es gar
nicht zum Einsatz kommt. Denn die großen Energieversorger nutzen ihre
Monopolstellung aus.
Sie geben den Preis pro mit Erdgas erzeugter Megawattstunde bekannt – und
bieten dann den Strom aus Wasserkraftwerken ein wenig billiger an.
Natürlich bekommen sie den Zuschlag. So verkaufen sie dann die
Megawattstunde aus Wasserkraftwerken für bis zu 140 Euro, obwohl die
Erzeugung gerade einmal 3 Euro kostet. Im trockenen, heißen Sommer laufen
die spanischen Stauseen derweil in Rekordgeschwindigkeit leer.
Die Kunden müssen zahlen. Deshalb tobt eine Debatte um den Strompreis, der
zu einer Regierungskrise werden könnte. Der kleine Koalitionspartner, die
linksalternative Unidas Podemos (UP), will einen [3][staatlichen
Stromversorger] gründen, der unter anderem die vom Staat an die großen
Stromversorger vergebenen Lizenzen für die Wasserkraftwerke übernehmen
soll, um auf die Preise einzuwirken.
Der große Koalitionspartner, die Sozialisten von Regierungschef Pedro
Sánchez, schauen derweil so gut wie tatenlos zu – und verlangen von den
Stromversorgern „soziales Mitgefühl“. Ihre einzige Maßnahme: Die
Mehrwertsteuer für Strom wurde Ende Juli von 21 auf 10 Prozent gesenkt. Die
Preisspirale freilich hat dies längst aufgefressen.
Die drittstärkste Kraft im spanischen Parlament, die rechtsextreme VOX,
nutzt das Thema, um sich als Stimme des kleinen Mannes zu positionieren,
und ruft für den 18. September zu einer Demonstration auf. VOX macht
Stimmung gegen die etablierten Parteien. Denn sowohl die Sozialisten als
auch die konservative Partido Popular haben zahlreiche hohe Ex-Politiker
und Minister in den Vorständen der Stromversorger sitzen.
8 Sep 2021
## LINKS
[1] https://elpais.com/economia/2021-09-07/el-precio-de-la-luz-vuelve-a-dispara…
[2] /Streit-um-Tarife-in-Spanien/!5775363
[3] /Strom-aus-Muell-und-Sonne/!5521770
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Spanien
Strom
Gasförderung
Energiewende
Lesestück Recherche und Reportage
Inflation
Erdgas
Spanien
Elektroauto
Spanien
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