# taz.de -- Suche nach Gas-Alternativen: Die spanische Energieinsel | |
> Die iberische Region ist gut mit Gas aus Algerien und Strom aus | |
> erneuerbaren Quellen versorgt. Aber etwas Entscheidendes fehlt. | |
Bild: Ein Schiff mit Flüssigerdgas (LNG) entlädt am 10. März Gas im Hafen vo… | |
Madrid taz | Auf der Suche nach einer Alternative zu [1][Energielieferungen | |
aus Russland] greift die EU zu jedem Strohhalm. So erklärte | |
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einem Besuch in Madrid | |
zuletzt: „Spanien kann, und ich bin mir sicher, wird eine sehr wichtige | |
Rolle in der Energieversorgung Europas spielen.“ | |
So weit hergeholt ist die Idee nicht. Im Süden Spaniens kommen zwei | |
Pipelines aus dem erdgasreichen Algerien an. Zudem verfügt das Land über 6 | |
der 23 europäischen Anlagen, die aus per Schiff geliefertem Flüssiggas | |
wieder normales Gas machen. Und es hat bereits heute eine Stromversorgung | |
von bis zu 60 Prozent aus Wasser, Wind und Sonne. | |
Aber Spanien ist eine Energieinsel – es fehlt an Verbindungen. Zwei | |
Pipelines schließen das spanische Gasnetz an den Rest der Union an. Doch | |
sie sind mit 7 Milliarden Kubikmetern pro Jahr knapp bemessen. Alleine | |
Nordstream 1, die Deutschland noch an die russischen Erdgasfelder anbindet, | |
kann pro Jahr bis zu 59 Milliarden Kubikmeter transportieren. Mit | |
Nordstream 2 wäre es doppelt so viel gewesen. Eine kleinere Pipeline in | |
Spanien wurde vor drei Jahren am Rand der Pyrenäen gestoppt. Sie jetzt doch | |
bis Frankreich weiterzubauen, würde mindestens drei Milliarden Euro kosten. | |
Ob sich das für weitere 7.500 Kubikmeter lohnt, ist zu bezweifeln. | |
Madrid wäre sowieso viel lieber Stromlieferant. Im Januar schwärmte | |
Ministerpräsident Pedro Sánchez vor internationalen Investoren davon, das | |
Land als „großen Exporteur für saubere Energien“ aufzustellen. Doch auch | |
Spaniens Stromverbundnetz mit den Nachbarn ist dünn, es entspricht gerade | |
einmal 6 Prozent der im Land installierten Kapazität. Und nur die Hälfte | |
dieser Leitungen führen nach Frankreich und damit in die EU. Der Rest geht | |
nach Marokko, Andorra und Portugal. | |
Das ist ein Versäumnis Madrids. Denn die EU empfahl bereits 2002 jedem | |
Mitgliedsland, bis 2020 mehr als 10 Prozent an Verbundkapazitäten | |
aufzubauen, 15 Prozent bis 2030. Deutschland schaffte bislang 11,4 Prozent, | |
Österreich 37,6 Prozent. | |
In Spanien gibt es nur ein konkretes Projekt, um die Insellage zu | |
durchbrechen. Im Nordwesten wird an einer Leitung gebaut, die das Land | |
durch den Golf von Bizkaia mit Frankreich verbindet. Damit wird die | |
Verbundkapazität knapp 5 Prozent betragen. Aber auch dieses Projekt ist im | |
Verzug, mit weiteren zwei Jahren ist zu rechnen. Zwei weitere Projekte | |
durch die Berge der Pyrenäen bestehen nur auf dem Papier. | |
Die Lieferung von Solarstrom aus Südspanien scheitert damit zunächst am | |
gleichen Problem wie damals die deutschen Pläne, mit dem Mammutprojekt | |
Desertec in Marokko Strom für die heimische Industrie zu erzeugen. | |
Hinzu kommt: In Spanien regt sich immer mehr [2][Widerstand gegen | |
Photovoltaikgroßprojekte]. Über 180 lokale Initiativen verlangen | |
stattdessen eine Energiewende hin zu lokaler Produktion für lokalen Konsum. | |
Nun hat die Regierung Sánchez einen neuen Plan vorgestellt. Mithilfe der | |
Next Generation Fonds der EU sollen die Herstellung und der Export von | |
„grünem Wasserstoff“ gefördert werden. Erzeugt würde er mittels Solarstr… | |
Aber auch dann bleibt die Frage, wie kommt er zu den Großkunden in | |
Mitteleuropa? | |
10 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Energieversorgung-in-der-EU/!5839775 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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