# taz.de -- Australiens neuer Sicherheitspakt: U-Boote gegen Pekings Einfluss | |
> Durch einen neuen Sicherheitspakt mit den USA und Großbritannien bindet | |
> sich Australien an den Westen. China reagiert brüskiert. | |
Bild: Australien bekommt atombetriebene U-Boote wie die „ISS Illinois“ von … | |
CANBERRA taz | Der australische Militärexperte Peter Jennings hielt sich am | |
Donnerstag nicht zurück: „Es ist ganz allein die Schuld Chinas, das darauf | |
besteht, in der Pazifikregion ungebremst zu expandieren“, meinte der | |
Experte in einem TV-Interview. Nur Stunden zuvor hatte US-Präsident Joe | |
Biden in Washington ein neues Bündnis zwischen den USA, Großbritannien und | |
Australien angekündigt. | |
Kernstück des Abkommens ist die Erlaubnis der amerikanischen Regierung, | |
Australien den Bau von acht U-Booten zu ermöglichen, die mit geheimster | |
Nukleartechnologie aus den USA angetrieben werden. Bisher hatte nur | |
Großbritannien Zugang zu der entsprechenden Technologie. | |
Biden, der britische Premierminister Boris Johnson und der australische | |
Regierungschef Scott Morrison teilten in einer gemeinsamen Erklärung mit, | |
in den kommenden 18 Monaten Wege finden zu wollen, wie Australien die | |
hochmodernen U-Boote bauen könne. Sie werden aber keine Nuklearwaffen | |
tragen. | |
Der Waffenhandel ist Teil einer neuen Partnerschaft, mit denen die drei | |
Länder im [1][Indopazifikraum] laut eigenen Angaben „Frieden und | |
Stabilität“ sichern wollen. Die Initiative werde in Anlehnung an die | |
englischen Abkürzungen der beteiligten Staaten Aukus heißen. Analysten | |
zufolge waren die Einzelheiten der Kooperation in den letzten Monaten unter | |
strikter Geheimhaltung ausgehandelt worden. Nur wenige hochrangige | |
Politiker und Offizielle seien eingeweiht worden. | |
## Auch Frankreich entgehen Milliarden | |
Entsprechend groß war die Überraschung am Donnerstagmorgen. China reagierte | |
verurteilend und sprach von „Kalter-Krieg-Mentalität“ der beteiligten | |
Staaten. Brüskiert ist auch Frankreich, das vor fünf Jahren einen Vertrag | |
mit Canberra für den Bau einer neuen U-Boot-Flotte für mindestens 35 | |
Milliarden Euro unterzeichnet hatte. Premierminister Scott Morrison gab am | |
Donnerstag bekannt, dieses Abkommen stornieren zu wollen. Wie viel dieser | |
spektakuläre Vertragsbruch australische Steuerzahler kosten wird, ist noch | |
nicht bekannt. | |
Australien ist seit 70 Jahren über das Anzus-Bündnis an die USA als | |
Sicherheitspartner gebunden. Dieses Abkommen, nach dem ein Land dem anderen | |
im Fall einer Bedrohung zu Hilfe kommen soll, wird durch die neue | |
Initiative weiter verstärkt. Bisher war die Hilfe fast nur einseitig: Über | |
Jahrzehnte sind australische Regierungen dem Ruf Washingtons gefolgt und | |
haben die Vereinigten Staaten in praktisch jedem Konflikt militärisch | |
unterstützt – von Vietnam über Irak bis Afghanistan. Der frühere | |
konservative Premierminister John Howard hatte für Aufsehen gesorgt, als er | |
Australien als „Hilfssheriff der USA im Pazifik“ bezeichnete. | |
Wie der Experte Peter Jennings vom Australian Strategic Policy Institute in | |
Canberra sagte, sei Aukus an die Adresse Chinas gerichtet, das seine Rolle | |
im pazifischen Raum auf vielen Wegen beharrlich verstärke. So finanziert | |
Peking seit Jahren in pazifischen Kleinststaaten Infrastrukturanlagen wie | |
Straßen und Sportstadien, offeriert den oftmals bitterarmen Ländern | |
günstige Kredite und baut Hafenanlagen, die Kritikern zufolge | |
möglicherweise als Stützpunkt für militärische Aktionen Chinas genutzt | |
werden könnten. | |
Australien ermöglichten die neuen U-Boote, weiter in die | |
[2][Einflussgebiete Chinas im Pazifik] vorzudringen, so Jennings. Die | |
nuklear angetriebenen Kriegsgeräte könnten längere Distanzen fahren als mit | |
Diesel betriebene U-Boote. Und: „Sie sind sehr leise und können von einem | |
Feind weniger rasch erkannt werden.“ | |
## Strafzölle trotz Freihandelsabkommen | |
Die Reaktion Chinas lässt erahnen, dass sich die chronisch schlechten | |
Beziehungen zwischen Canberra und Peking nicht so schnell erholen dürften. | |
Seit Monaten beschuldigen sich die beiden Länder gegenseitig der | |
Einmischung in sogenannte innere Angelegenheiten. Peking reagiert empört, | |
wenn Australien Chinas Umgang mit Menschenrechten bemängelt, oder die | |
Aufklärung des Ursprungs von Covid-19 fordert. | |
Canberra dagegen kritisiert Chinas Spionagetätigkeit in Australien und | |
beschwert sich über Pekings Kritik an australischen Truppen, denen | |
Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan vorgeworfen werden. Die Situation | |
ist derart kritisch, dass seit Monaten kein australischer | |
Regierungspolitiker mit seinem chinesischen Amtskollegen gesprochen hat. | |
Dabei ist China mit Abstand größter und wichtigster Handelspartner | |
Australiens. Fast 33 Prozent der Exporte gehen ins Reich der Mitte – von | |
Eisenerz bis Wein. Tausende von chinesischen Studierenden füllen die Kassen | |
der australischen Universitäten. Im vergangenen Jahr verhängte China trotz | |
eines Freihandelsabkommens Einfuhrzölle auf australische Produkte, von | |
Rindersteaks über lebende Hummer bis hin zu Kohle. Der Streit kostet | |
Australien Milliarden Dollar und viele Arbeitsplätze – auch an den | |
Universitäten, die von den Studiengebühren chinesischer Studenten abhängig | |
sind. | |
16 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Urs Wälterlin | |
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