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# taz.de -- Australische Journalistin Cheng Lei: Von der Bildfläche verschwund…
> Die Australierin Cheng Lei hatte das unstete Leben als Reporterin satt
> und heuerte beim chinesischen Staatsfernsehen an. Nun ist sie in Haft.
Bild: Eingesperrt: die Journalistin mit australischem Pass Cheng Lei
Peking taz | Einmal im Monat wird Cheng Lei in den Kommunikationsraum ihrer
Haftanstalt gebracht – in Handschellen und mit verbundenen Augen –, um per
Videoschalte konsularischen Beistand zu bekommen. Mehr Kontakt zur
Außenwelt hat die Australierin derzeit nicht. Ihre zwei Kinder, zehn und
zwölf Jahre alt, hat die Journalistin bis heute nicht wiedersehen können.
Vor genau einem Jahr wurde Cheng Lei wegen angeblicher „Gefährdung der
nationalen Sicherheit“ verhaftet. Ihr Fall generierte vergleichsweise wenig
Solidarität, auch ein internationaler Aufschrei blieb aus. Das hat sehr
wahrscheinlich damit zu tun, dass die 46-Jährige für einen chinesischen
Propagandasender gearbeitet hat. Sie war Teil eines Systems, dem sie nun
zum Opfer geworden ist.
Cheng wuchs im zentralchinesischen Hunan auf; jener Gegend, in der auch
Landesgründer Mao Tse-tung geboren wurde. Mit zehn Jahren zog die Familie
nach Australien, da der Vater dort ein Doktorstudium absolvierte.
Es war Mitte der achtziger Jahre: Das von bitterer Armut geprägte China
erntete zaghaft die ersten Früchte seiner wirtschaftlichen Reformen. Der
Westen glaubte damals noch, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis China
sich mit steigendem Wohlstand auch politisch öffnen würde.
## Down under, under
Cheng Lei verbrachte ihre Jugend in Down Under, heuerte auf Wunsch der
Eltern zuerst als Buchhalterin an, doch ihre wahre Passion galt schon
damals dem Journalismus. Zurück in ihrem Geburtsland, ging für sie der
Traum kurz nach der Jahrtausendwende in Erfüllung: Cheng startete ihre
Karriere als Schanghai-Korrespondentin des US-amerikanischen Senders CNBC.
Dort galt sie als aufstrebendes Talent – wegen ihrer einnehmenden Art, den
Fach- und Sprachkenntnissen.
Die Motivation, 2012 zum chinesischen Propagandasender CGTN zu wechseln,
dürfte auch der Work-Life-Balance geschuldet gewesen sein: Cheng Lei war
eine alleinerziehende Mutter und hatte den unsteten Lebensstil einer
Reporterin satt.
Die ersten sechs Monate nach ihrer Verhaftung verbrachte Cheng in einem
Geheimgefängnis, später wurde sie in eine Zelle mit drei Insassen verlegt.
Der chinesische Staatsapparat hat bislang weder Beweise für die Anklage
vorgelegt noch überhaupt einen Prozesstermin angesetzt. Auch ihre
ehemaligen Arbeitskollegen sprechen nicht über den Fall – sie mussten eine
Verschwiegenheitsklausel unterschreiben.
Die deutsche Journalistin Christine Schiffner, die lange für chinesische
Staatsmedien gearbeitet hat, bis „der Druck immer höher“ wurde – was für
Schiffner Grund genug war, zu kündigen –, und die beruflich mit Cheng Lei
zu tun hatte, kann sich nicht vorstellen, dass an den Vorwürfen gegen die
Australierin etwas dran ist: „Cheng Lei war bewusst unpolitisch, sie hat
eine Wirtschaftssendung moderiert. Ihr Fokus lag auf der Kindererziehung.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie irgendetwas gemacht hätte, das das
gefährden würde.“
12 Aug 2021
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
Medien
Fernsehsender
Journalistin
Australien
China
China
Schwerpunkt Pressefreiheit
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