| # taz.de -- „American Horror Stories“ auf Disney+: Wenn Horror auf Camp tri… | |
| > Mit dem Spin-off erweitert Ryan Murphy seinen Horrorkosmos. Ironie und | |
| > Referenzen zur Mutterserie schwächen die Gewalt ab. | |
| Bild: Verliebt in einen Geist: Scarlett (Sierra McCormick) in „American Horro… | |
| Beinahe zehn Jahre ist es nun her, dass die erste Folge von „American | |
| Horror Story“ ausgestrahlt wurde. Seitdem ist die eigentümliche Horrorserie | |
| von [1][Ryan Murphy („Pose“)] und Brad Falchuk („Glee“) zu einem eigenen | |
| Kosmos aus über 100 Episoden gewachsen, der in jeder der insgesamt 10 | |
| Staffeln in ein völlig neues Szenario einführt. | |
| In einer Serienlandschaft, in der viele Produktionen bereits nach ein oder | |
| zwei Staffeln wieder eingestellt werden, dürfte genau in diesem „Sich | |
| ständig neu Erfinden“ der Schlüssel für den anhaltenden Erfolg der Serie | |
| liegen. Eine „Freak Show“, „Roanoke“, die erste englische Kolonie in | |
| Nordamerika, und die Postapokalypse dienten bereits als Setting. [2][Die | |
| Klaviatur der Ängste, des Ekels und des Grauens], die „American Horror | |
| Story“ darin bespielt, ist entsprechend breit, zeichnet sich aber | |
| gleichzeitig durch einen durchziehenden ironisch-verspielten Ton aus, der | |
| im starken Kontrast zu den teilweise ausufernden Gewaltdarstellungen steht. | |
| Auch das Spin-off „American Horror Stories“ ist durch diese | |
| Gegenüberstellung geprägt. Anders als die Mutterserie erzählt allerdings | |
| jede Episode eine eigene Kurzgeschichte, was sie auch für Zuschauende | |
| zugänglich machen soll, die noch nicht mit Murphys Werk vertraut sind. | |
| Tatsächlich funktioniert der Ableger, der bereits vor seiner Ausstrahlung | |
| um eine zweite Staffel verlängert wurde, als eigenständiges Gebilde – | |
| wenngleich das Erkennen zahlreicher Querverweise in das „AHS“-Universum | |
| einen Großteil des Sehvergnügens ausmacht. | |
| ## Gebrochen durch Queerness, Kink und Camp | |
| So kehren gleich die ersten beiden Folgen in das mittlerweile berüchtigte | |
| „Murder House“ zurück, das im Zentrum der ersten Staffel stand. Das schwule | |
| Paar Michael und Troy (Matt Bomer und Gavin Creel) zieht mit seiner | |
| jugendlichen Tochter Scarlett (Sierra McCormick) darin ein, um es zu einem | |
| Übernachtungsziel für Abenteuerlustige umzubauen. Nach und nach werden sie | |
| jedoch mit den Geistern derer, die im Laufe der Zeit auf dem Gelände | |
| gestorben sind, konfrontiert. | |
| Was nach einer eher konventionellen Horrorprämisse klingt, wird durch | |
| Ingredienzen gebrochen, die schon für „American Horror Story“ einen | |
| Sonderstatus begründeten, die für seinen unbestreitbaren Neuigkeitswert | |
| innerhalb des Genres verantwortlich sind: [3][Queerness, Kink und Camp]. | |
| Schnell findet Scarlett im Haus einen Gummianzug, der von ihr Besitz zu | |
| ergreifen scheint und sie zu blutigen Rachetaten inspiriert, als sie von | |
| Mitschülerinnen in eine demütigende Situation gelockt wird, in der ein | |
| vermeintlich privates Gespräch über ihre persönlichen Pornovorlieben ins | |
| Internet gestellt wird. | |
| Wie sonst auch, steht dabei der Exzess in jeglicher Hinsicht im | |
| Vordergrund: Subtiles, nuancenreiches Erzählen tritt hinter den Anspruch, | |
| ein überbordendes, ästhetisches Gesamtkunstwerk zu sein, zurück. Oft hat | |
| man den Eindruck, dass die Handlung eine bestimmte Richtung einnimmt, weil | |
| sich die Autor*innen gedacht haben müssen, dass eine solche Wendung | |
| vielleicht nicht kohärent, aber zumindest ziemlich aufregend, verrucht oder | |
| überraschend ist. | |
| Natürlich wird aus dem Anwesen eine nette Geister-WG, natürlich beginnt | |
| Scarlett eine Liason mit einer Teenieseele aus den Achtzigern, die aussieht | |
| wie die Rockröhrenvariante einer Cindy Crawford – was kein Zufall ist, denn | |
| mit Kaia Gerber wird sie tatsächlich von der Tochter des besagten | |
| Supermodels gespielt –, und natürlich bilden die beiden ein „duo | |
| infernale“, das sich fortan gegenseitig beschützt. | |
| Das mag selbst für Genreverhältnisse kein wahrscheinliches Szenario sein – | |
| dafür aber eines, das durch die Selbstverständlichkeit, mit der es | |
| Abseitiges in den Mainstream erhebt und zelebriert, besticht. Grundlegend | |
| Neues fügt „American Horror Stories“ dem Erzählkosmos so nicht hinzu, | |
| erweist sich aber zumindest nach drei zur Sichtung zur Verfügung | |
| gestandenen Episoden als herrlich schräge Fußnote. | |
| 7 Sep 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Queere-Ballroom-Kultur/!5633798 | |
| [2] /Zweite-Staffel-von-The-Terror/!5616034 | |
| [3] /Kolumne-Habibitus/!5594065 | |
| ## AUTOREN | |
| Arabella Wintermayr | |
| ## TAGS | |
| TV-Serien | |
| Disney | |
| Horror | |
| Serien-Guide | |
| Spielfilm | |
| TV-Serien | |
| IG | |
| Netflix | |
| Gender | |
| Serien | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Spielfilm über unterdrückte Queerness: Das Verlangen hinter der Fassade | |
| Unterdrücktes Begehren, große Träume: Der Spielfilm „On Swift Horses“ von | |
| David Minahan taucht in das Leben dreier Menschen in den 1950ern ein. | |
| Thriller-Serie auf Joyn Plus+: Wenn plötzlich das Licht ausgeht | |
| Die Thriller-Serie „Blackout“ imaginiert einen langen Stromausfall in ganz | |
| Europa. Die TV-Adaption des Bestsellers ist fesselnd. | |
| Schauspieler Fahri Yardım über Egos: „Mitgefühl mit Mackern“ | |
| Für Schauspieler Fahri Yardım sind unglückliche alte Männer das größte | |
| Klimaschutz-Hindernis. Die Grünen wählt er nur aus Trotz – wenn überhaupt. | |
| Neue Netflix-Serie „Ratched“: Bunt, aber monoton | |
| Die Netflix-Serie „Ratched“ über eine sadistische Krankenschwester ist bunt | |
| und queer. Leider dominieren die Psychiatrie-Klischees. | |
| Queere Ballroom-Kultur: „Ich will Bond-Girl sein“ | |
| Ab Mittwoch ist die 2. Staffel der US-Serie „Pose“ zu sehen. Darstellerin | |
| Hailie Sahar über Realness und Chancen für trans Schauspieler*innen. | |
| Zweite Staffel von „The Terror“: Horror und Historie | |
| Die Serie „The Terror: Infamy“ erzählt von US-Internierungslagern im | |
| Zweiten Weltkrieg. Und setzt dabei auf eine sonderbare Genre-Mischung. |