| # taz.de -- Zweite Staffel von „The Terror“: Horror und Historie | |
| > Die Serie „The Terror: Infamy“ erzählt von US-Internierungslagern im | |
| > Zweiten Weltkrieg. Und setzt dabei auf eine sonderbare Genre-Mischung. | |
| Bild: Für Terror sorgen die Menschen: Japanischstämmige US-Bürger werden int… | |
| Das Konzept der Anthologie-Serie – in der entweder jede Folge oder jede | |
| Staffel eine andere Handlung mit anderem Figurenensemble hat – ist nicht | |
| neu (man denke: „Alfred Hitchcock präsentiert“), wurde aber nie zuvor so | |
| virtuos angewendet wie in dem allerweil ausgerufenen „Goldenen | |
| Serienzeitalter“ unserer Tage (man denke an: „American Horror Story“, | |
| [1][„Black Mirror“], „Fargo“, [2][„True Detective“]). Schon jetzt w… | |
| [3][die gerade erst angekündigte dritte Staffel „American Crime Story“] mit | |
| Spannung erwartet, in der die „Lewinsky-Affäre“ einmal aus der Sicht der | |
| ehemaligen Praktikantin im Weißen Haus Monica Lewinsky aufgearbeitet werden | |
| soll. | |
| Trotzdem ist es eine veritable Überraschung, wenn nun die Serie „The | |
| Terror“ in ihrer zweiten Staffel als Anthologie-Serie geoutet wird – | |
| spielte doch die erste Staffel auf dem Schiff „HMS Terror“ und handelte von | |
| der „Franklin-Expedition“, die zwischen 1845 und 1848 alle Teilnehmer auf | |
| der Suche nach der Nordwestpassage das Leben gekostet hatte: Personal tot; | |
| das für die Serie scheinbar namensgebende Schiff „Terror“ auf dem | |
| Meeresgrund – Fortsetzung ausgeschlossen. | |
| Oder eben nicht. Liegt der Terror doch in der Natur des Menschen. Die | |
| zweite Staffel – „The Terror: Infamy“ – spielt also knapp 100 Jahre sp�… | |
| an verschiedenen Orten in den USA und auf der Pazifikinsel Guadalcanal. Der | |
| Angriff auf Pearl Harbor und der Eintritt der Vereinigten Staaten in den | |
| Zweiten Weltkrieg ereignen sich während der ersten Folge. „Die Serie ist | |
| eine der ersten, die sich mit der Internierung der japanischen Amerikaner | |
| so intensiv beschäftigen – inklusive authentisch nachgebildeter Lager“, | |
| rühmt sich der produzierende Kabelsender AMC. | |
| Tatsächlich hatte schon in der ersten Staffel die akribische historische | |
| Rekonstruktion beeindruckt. Die herausragenden Schauspieler (wie Jared | |
| Harris) vermochten unter diesen Umständen einen beängstigend authentischen | |
| Eindruck davon zu vermitteln, welche Eigenschaften die Extremsituation aus | |
| Weite und Enge, Hunger und Kälte, Todesangst und Überlebenswillen im | |
| Menschen hervorbringt. Da hätte es des Eisbären-Monsters, dem nebenbei | |
| mehrere Crewmitglieder zum Opfer fallen, gar nicht bedurft. Aber | |
| coproduziert hatte nun einmal der „Alien“-Regisseur Ridley Scott. Das | |
| Monster schien ein unnötiger Randaspekt zu sein. | |
| ## Den wirklichen Terror besorgen die Menschen | |
| Noch so eine Falschannahme. „The Terror: Infamy“ (Scott ist wieder als | |
| Co-Produzent an Bord, „Showrunner“ sind Alexander Woo, Produzent von „True | |
| Blood“, und Max Borenstein) stellt nun klar, dass ausgerechnet das der | |
| Markenkern der Anthologie-Serie sein soll: die widersprüchliche Vermählung | |
| von genau recherchierter Historie und dem Übernatürlichen des | |
| Horror-Genres. Schon ganz zu Beginn wird hier geraunt: „Ein böses Omen, von | |
| der anderen Seite des Ozeans … Nicht einmal die Toten finden Ruhe.“ | |
| Milchige Augen, staksiger Gang, eckige Bewegungen, suizidale Neigungen – so | |
| sieht es aus, wenn ein Geist von einem Menschen Besitz ergreift. | |
| „Ich bin kein Spion. Ich bin ein einfacher Fischer. Ich liebe dieses Land“, | |
| sagt der alte, japanischstämmige Mann (Shingo Usami) am Anfang seiner | |
| Gefangenschaft noch. Die Beziehung seines Sohnes (Derek Mio) zu einer Frau | |
| mit hispanoamerikanischer Herkunft (Christina Rodlo) steht im Zentrum der | |
| Handlung. Sie ist schwanger, und nur wegen des Kindes muss auch sie in das | |
| Internierungslager nach Oregon. | |
| Heute ist es unmöglich, in der rein vorsorglichen Internierung von 120.000 | |
| aus Japan stammenden Amerikanern etwas anderes zu sehen als blanken | |
| Rassismus. Einzelne Momente evozieren Trumps Politik der Trennung von | |
| Migrantenkindern von ihren Eltern und schlagen die Brücke von der | |
| Vergangenheit in die Gegenwart. „Infamy“ ist eine von Amerikanern | |
| zuallererst für ein amerikanisches Publikum gemachte Serie. Als solche muss | |
| man sie sehen. Den Horror muss man mögen. Den wirklichen Terror besorgen | |
| hier die Menschen. | |
| 19 Aug 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jens Müller | |
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