# taz.de -- Neue Serie „True Detective“ auf Sky: Der Glanz der Erzählung | |
> Die HBO-Serie „True Detective“ erzählt die Geschichte zweier US-Ermittler | |
> in der Provinz. Dialog, Zeitwechsel, Story und Besetzung setzen neue | |
> Maßstäbe. | |
Bild: Links Woody Harrelson, rechts Matthew McConaughey. Hinten düsterer Süde… | |
Mit „True Detective“ gibt es wieder neues, hochwertiges Serienfutter aus | |
den USA. Die HBO-Serie von Nic Pizzolatto erzählt die Geschichte um das | |
Ermittlerduo Martin Hart (Woody Harrelson) und Rust Cohle (Matthew | |
McConaughey), die im Jahr 1995 beginnen, den Ritualmord an der jungen | |
Prostituierten Dora Lange aufzuklären. | |
Dabei entpuppen sich die Ermittlerfiguren als komplexe und grandios | |
gestaltete wie gespielte Charaktere. Im Speziellen Cohle, seine misanthrope | |
Erscheinung wie auch seine düsteren philosophischen Exkurse werfen gleich | |
zu Beginn eine ganze Menge Fragen über dessen Vergangenheit auf – für die | |
sich die Serie dann auch die nötige Zeit lässt, sie zu beantworten. Denn | |
hierin glänzt „True Detective“: in der Erzählung. | |
Anders als in Serien wie „The Wire“, die die Ermittlungen der Drogenfahnder | |
aus Baltimore zwar mit ähnlich epischer Tiefe und Sorgfalt zeigt, oder AMCs | |
Adaption des dänischen „Forbrydelsen“ („Das Verbrechen“), steht bei �… | |
Detective“ die Geschichte der beiden Ermittler und deren persönliche | |
Entwicklung im Vordergrund. | |
Geschickt integriert in die Story sind Rückblenden. Erzählstränge aus den | |
Jahren 1995, 2002 und 2012 wechseln sich stetig ab, um nach und nach mehr | |
Licht in das Geschehen zu bringen. Die Szenen aus dem Jahr 2012 zeigen eine | |
Verhörsituation. Cohle und Hart werden getrennt voneinander zu den | |
Geschehnissen um den Ritualmord von 1995 durch ein internes Ermittlerteam | |
auf dem Revier befragt, die ein merkwürdig großes Interesse an dem alten | |
Fall zeigen. | |
## Interne Ermittlungen | |
Nebenbei erfährt man, wie es einige Jahre nach ihrem gemeinsamen Einsatz | |
zum Zerwürfnis der beiden gekommen ist und warum sie bis zum Zeitpunkt des | |
Verhörs nie mehr ein Wort miteinander gesprochen haben. | |
Der Zeitwechsel gestaltet sich dabei zu keiner Zeit als problematisch, | |
sondern funktioniert stets harmonisch und ergänzend. Der Zuschauer springt | |
zwischen den Erzählungen von Cohle und Hart, der Geschichte der Zeit nach | |
dem Fall und den eigentlichen Ermittlungen hin und her – in denen die | |
beiden regelmäßig aneinandergeraten. | |
Hier kommt es immer wieder zu brillanten Dialogen, und wenn die | |
pessimistischen Vorträge von Cohle mal allzu abgedreht erscheinen, werden | |
sie von seinem nicht minder kaltschnäuzig auftretenden Partner passend | |
aufgefangen. Etwa als Hart gleich zu Beginn, bei dem Versuch, den stillen | |
Cohle während einer Autofahrt näher kennenzulernen, von dem mit einer Salve | |
düsterer Klagen über die Sinnlosigkeit des Lebens konfrontiert wird, und er | |
daraufhin bittet: „I got an idea. Let’s make the car a place of silent | |
reflection from now on. Okay?“ | |
Das Verhältnis der beiden bleibt auch den Rest der Serie fast durchgehend | |
konfliktbeladen. Durch das Nähe-Distanz-Spiel wird eine Grundanspannung | |
geschaffen, die das Gefühl vermittelt, es könne jeden Moment zum großen | |
Streit kommen. | |
## Champion des Miesseins | |
Besonders deutlich wird dies, als Harts Familie auseinanderzubrechen droht | |
und er in einer Bar gerade im Begriff ist, Cohle sein Herz auszuschütten. | |
Der aber gibt ihm sehr krass zu verstehen, dass er davon nichts hören wolle | |
(„It is not my fucking business!“). Hart knallt ihm daraufhin entgegen: | |
„You are like the Michael Jordan of being a son of a bitch.“ | |
Dennoch bleibt Cohle letztlich tragender Charakter, der sich neben all | |
seiner nihilistischen Fragmente fast manisch dem Auffinden des Mörders | |
verschreibt und in den entscheidenden Momenten durch sein besonderes Gespür | |
für den Fall den Respekt Harts auf seiner Seite weiß. | |
Eingebettet findet sich das Ganze in eine Südstaatenkulisse von endlosen | |
Landschaften, maroden Geisterstädten, gescheiterten Existenzen und | |
fanatischen Gläubigen. Eine Atmosphäre, die in ihrer Tristesse sehr | |
geschmeidig den Anschluss an Cohles Kommentare findet. Etwa wenn er bei | |
einer der Autofahrten bemerkt: „This place is like someone’s memory of a | |
town, and the memory is fading.“ | |
In „True Detective“ wurde ein Umfeld geschaffen, das seine eigenen Gesetze | |
zu haben scheint und suggeriert, die beiden Polizisten stünden hier von | |
vornherein auf verlorenem Posten. Regisseur Cary Joji Fukunaga inszenierte | |
eine undurchschaubare Provinzlandschaft, in der es Cohle und Hart im Laufe | |
ihrer Ermittlungen an immer obskurere Orte treibt. Die Krimihandlung | |
vermischt sich zusehends mit thrillerartigen Elementen. | |
## Neue Staffel, neue Besetzung, neue Handlung | |
„True Detective“ zeigt alleine schon durch die hochkarätige Besetzung, | |
welchen Stellenwert Autorenserien innerhalb der letzten Jahre eingenommen | |
haben, und setzt in puncto Qualität in vielerlei Hinsicht noch mal neue | |
Maßstäbe. Nicht zuletzt für die Macher selbst, die sich mit der | |
anspruchsvollen Aufgabe konfrontiert sehen, eine zweite Staffel, für die | |
eine neue Rollenbesetzung sowie eine neue Handlung angekündigt sind, auf | |
ähnlichem Niveau hervorzubringen. | |
Denn die gelungene Erzählung um Cohle und Hart und deren Dialoge bei ihrer | |
Suche nach dem mysteriösen Killer im trostlosen Niemandsland von Louisiana | |
machen „True Detective“ zu einer der besten Crimeserien derzeit. | |
16 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Fabian Lichter | |
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