# taz.de -- Frust an der Hamburger Hafencity-Uni: Studium am WG-Tisch | |
> Studierende der Hafencity-Uni kritisieren, dass ihre Hochschule die | |
> strengsten Coronaregeln hat. Zum Beispiel dürften sie das Gebäude nicht | |
> betreten. | |
Bild: Bald sollen sich die Gänge wieder füllen: Studierende in der Hafencity-… | |
HAMBURG taz | Der Asta der [1][Hafencity-Universität (HCU)] kritisiert | |
einen regiden Umgang mit Studierenden während der Pandemie. „Bei uns gibt | |
es die strengsten Regeln. Wir dürften im Grunde nur für Klausuren das | |
Hauptgebäude betreten, und das ohne Vorlaufzeit von zehn Minuten“, sagt | |
Clemens Schlage, der Asta-Vorsitzende der Bau-Universität. | |
Den Tiefpunkt gab es wohl im Lockdown im Februar. Als mehrere Kommilitonen | |
nach der Klausur noch vor der Uni an einem Automaten anstanden, um ihre | |
Semesterkarte zu verlängern, habe eine Streifenwagenbesatzung Personalien | |
aufgenommen und etwa ein halbes Dutzend Bußgelder von 150 Euro verhängt. | |
Schlage: „Das ist für Studierende viel Geld.“ | |
Seit Beginn der Coronapandemie vor anderthalb Jahren findet an den meisten | |
Hochschulen das Studium überwiegend nur digital statt. „Während anderswo | |
Universitäten ihre Räumlichkeiten für Studierende wieder öffnen, bleibt die | |
HCU dabei: Studierende müssen sich anderweitig einen Ort suchen“, schrieb | |
der Asta in einer Pressemitteilung. | |
„Es gibt Studierende im dritten Semester, die das Uni-Gebäude bisher nur zu | |
Prüfungen betreten konnten“, erläutert Asta-Mitglied Marvin Brinkmann. Erst | |
seit Juli stünden den rund 2.400 Studierenden eine Handvoll Plätze in | |
Bibliothek und Werkstätten zur Verfügung. | |
## Ausweich-Quartier ohne Tageslicht | |
Die Tragik der Geschichte: Schon vor der Pandemie war in der einst als | |
Leuchtturmprojekt geplanten Uni das Thema Öffnungszeiten umkämpft. Weil in | |
dem Gebäude seit 2018 ein [2][Notstromaggregat auf dem Dach defekt] ist, | |
dürfen die Türen aus Sicherheitsgründen nur bis 20 Uhr offen sein. Schon | |
dagegen hatten Studierende im Januar 2020 mit einer Besetzung protestiert. | |
Immerhin standen seit diesem Juli 30 provisorische Arbeitsplätze zur | |
Verfügung – in dem leerstehenden früheren Ausstellungscenter | |
„Märchenwelten“. Doch dort gibt es kein Tageslicht und keine geregelte | |
Platzvergabe, bemängelt der Asta. „Es geht nach dem Motto: Wer zuerst | |
kommt, kriegt den Platz. Weil man damit nicht planen kann, bleiben die | |
meisten zu Hause“, sagt Marvin Brinkmann. In der Not mieteten sich einige | |
sogar privat Räume an. | |
Das Studium der HCU sei praktisch ausgerichtet und beinhalte „viel | |
Gruppenarbeit“, sagt der Stadtplanungsstudent. Deshalb fehlten den | |
Studierenden die Computerarbeitsplätze im Haupthaus und die Plätze für | |
Gruppenarbeit und Modellbau so sehr. Privat sei es erlaubt, sich wieder zu | |
zehnt zu treffen. Statt dies unter kontrollierten Bedingungen im Uni-Haus | |
zu tun, müssten sich Studierende auf engem Raum in WG-Küchen treffen. | |
Brinkmann: „Viele haben schon ihre Studienzeit verlängert, weil es nicht | |
anders geht“. | |
Die HCU hat seit Juli 2019 mit Medienökonom Jörg Müller-Lietzkow einen | |
neuen Präsidenten. Doch der, so der Vorwurf des Asta, verweigere eine | |
transparente Kommunikation mit der Studierendenschaft und ihrer gewählten | |
Vertretung. In einem Chat mit dem Präsidenten, bei dem die Studierenden auf | |
die Notwendigkeit der Nutzung der PC-Plätze hinwiesen, soll Müller-Lietzkow | |
geschrieben haben, dass ein technisches Studium nur beginnen dürfe, wer | |
sich über die Kosten entsprechender Hard- und Software im Klaren sei und | |
diese unabhängig von der Unterstützung der Uni auch tragen könne. | |
## Studierende wieder nach Hause gezogen | |
Müller-Lietzkow sagt zur taz, er habe diesen Satz ein bisschen anders | |
gesagt. „Man sollte sich vor so einem Studium Gedanken machen, was für eine | |
Technik man sich anschafft.“ Die meisten Studierenden hätten einen eigenen | |
Rechner. In Härtefällen würde die HCU helfen. Auch habe die Hochschule | |
während des digitalen Semesters die gesamte Literatur kostenfrei zur | |
Verfügung gestellt. Und viele Studierende seien wegen der Pandemie wieder | |
nach Hause gezogen. „Das war sinnvoll und spart auch Geld“. | |
Er könne „den Frust der Studierenden verstehen“, sagt Müller-Lietzkow. Er | |
selber sei erst kurz vor Beginn der Pandemie und damit unter schwierigen | |
Bedingungen ins Amt gekommen, und lege großen Wert auf den Austausch mit | |
Studierenden. | |
All dies war Anlass für die Hochschulpolitikerin der Linken und ehemalige | |
HCU-Gleichstellungsbeauftragte Stephanie Rose, [3][eine Anfrage an den | |
Senat zu stellen]. „Die Situation der HCU zeigt, wie sehr wir eine | |
pandemiegerechte Öffnung aller Hochschulen brauchen“, sagt Rose. „Es darf | |
nicht sein, dass Bildungsgerechtigkeit auf der Strecke bleibt.“ | |
Zu dem am 1. Oktober startenden Wintersemester soll es nun an der HCU | |
wieder kleinere Lehrveranstaltungen mit bis zu 100 Personen in Präsenz | |
geben, sofern diese „geimpft, genesen oder getestet“ sind, heißt es in der | |
Antwort auf die Linken-Anfrage. Details zur Nutzung der studentischen | |
Arbeitsplätze und PC-Pools seien „noch offen“. | |
Und das kaputte Notstromaggregat könnte in absehbarer Zeit repariert | |
werden, heißt es in der Wissenschaftsbehörde. Noch im Wintersemester | |
sollten die Baumaßnahmen eingeleitet werden können, sagt auch | |
Müller-Lietzkow. Es könnte also wieder erweiterte Öffnungszeiten geben. | |
„Schön zu hören“, sagt Marvin Brinkmann. „Nur über solche Neuigkeiten | |
würden wir als Asta gern direkt informiert.“ | |
7 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.hcu-hamburg.de/ | |
[2] /HCU-Studis-fordern-laengere-Oeffnungszeit/!5657209 | |
[3] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/76929/ausgesperrt_schlecht… | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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