# taz.de -- Asta-Sprecher über Studieren in der Krise: „Wir brauchen warme A… | |
> Hamburgs Hochschulen drosseln ihr Angebot, um Energiekosten und Inflation | |
> aufzufangen. Asta-Sprecher Janis Wegner fordert Unterstützung von der | |
> Stadt. | |
Bild: Studierende in der Hamburger Staatsbiliothek: Zu Hause würde der Heizkos… | |
taz: Janis Wegner, können Sie verstehen, warum 20 Hamburger Studierende vor | |
Kurzem eine Mensa geplündert haben? | |
Janis Wegner: Zu dem Vorgang kann ich wenig sagen, aber es ging vermutlich | |
darum, auf die schwierige soziale [1][Lage der Studierenden] aufmerksam zu | |
machen. Ich glaube, ein Appell an die Politik hätte es auch getan. | |
Leiden Studierende denn tatsächlich Hunger? | |
Grundsätzlich kriegen wir unser Essen in den Mensen. Die Frage ist, ob wir | |
uns das leisten können. | |
Laut Speiseplan von letzter Woche gab es Seelachs-Ecken mit Kartoffeln für | |
3,50 Euro. Klingt noch günstig. | |
Na ja, dass die Mensen günstiges Essen bieten, ist ja ihre Kernaufgabe. | |
Aber es ist schon so, dass über den Sommer und auch in den vergangenen | |
Jahren seit 2017 auch die Mensa-Preise ordentlich gestiegen sind. Diese | |
Steigerung ist schon passiert, auch wenn der Hamburger Senat jetzt die | |
Finanzierung des beim Studierendenwerk aufgelaufenen Defizits übernimmt. | |
Einige Gerichte kosten auch schon mal über fünf Euro. Und wenn man jetzt | |
endlich in nachhaltigeres Essen und Mensen investieren will, darf das nicht | |
auf Kosten der Studierenden passieren. | |
Sie sind im Asta der Hafencity-Universität und Mitglied der | |
Landes-Asten-Konferenz in Hamburg, die gerade einen Offenen Brief | |
geschrieben hat. Haben wirklich elf Mensa-Standorte geschlossen? | |
Nach meiner Kenntnis wurden in Folge der Coronakrise Standorte teilweise | |
geschlossen. Das Angebot ist dort eingeschränkt, die Öffnungszeiten sind | |
kürzer. | |
Sie schreiben, viele könnten in der Krise dazu gezwungen sein, ihr Studium | |
aus Geldnot abzubrechen. | |
Ja. Denn wir wissen, aus der [2][Sozialerhebung des Studierendenwerks von | |
2016], dass in Hamburg schon vor den aktuellen Krisen drei von vier | |
Studierende neben dem Studium gearbeitet haben, um überhaupt ihren | |
Lebensunterhalt zu finanzieren. Viele leben bereits unter der Armutsgrenze | |
und haben auch keine Reserven, wenn jetzt die Lebenshaltungskosten so | |
steigen. Das heißt, Studierende müssen wählen zwischen Geldverdienen und | |
Studium. Sie können kaum die Regelstudienzeit einhalten, erbringen | |
schlechtere Leistungen oder brechen das Studium ab. | |
Kennen Sie Kommilitonen, die aus Geldnot abbrechen? | |
In meinem Freundeskreis zum Glück noch nicht. Aber die Zeit, die meine | |
Kommilitonen mit Jobben verbringen müssen, hat sich während dieser neuen | |
Krise merklich erhöht. | |
Sie meinen die nächste Krise nach der Coronaschließung? | |
Ja. Das war eine [3][beispiellose Zeit für alle Studierenden]. Es war eine | |
psychische Belastung, dass uns die [4][offene Hochschule als Ort des | |
sozialen Austauschs] fehlte. Deshalb beharren wir so darauf, dass den | |
Hochschulen jetzt geholfen wird. | |
Hamburgs Senat hat zugesagt, Studierenden bei den Lebenshaltungskosten zu | |
helfen. Hat sich Ihr Protest erledigt? | |
Nein, unsere Forderungen bestehen immer noch. Wir wollen zum Beispiel, dass | |
die Hochschulen zur kritischen Infrastruktur erklärt werden und – so wie | |
die Schulen – die Kosten der Energiekrise ersetzt bekommen. Das ist nämlich | |
nicht der Fall. Die Kosten der Schulen werden über den Landeshaushalt | |
finanziert. Die Hochschulen haben ihre eigenen sogenannten Globalhaushalte | |
und müssen das in Teilen selber ausgleichen. | |
Nun sagt der Senat, dass auch die Hochschulen vom Energiepreisdeckel | |
profitieren? | |
Dazu sagen wir: schön. Aber die Hochschulen müssen, wie die | |
Privathaushalte, ja trotzdem viel mehr für Strom und Wärme zahlen. Beim | |
Hochschulhaushalt kann dies auf Kosten anderer Bereiche, wie der Lehre, | |
gehen. Und zudem hat der Hamburger Senat für öffentliche Gebäude ein | |
Energiesparziel von 20 Prozent festgelegt. Das einfachste für die | |
Hochschulen ist natürlich, dafür Standorte kürzer aufzumachen oder ganze | |
Standorte temporär zu schließen. Und das wäre für die Arbeitsverhältnisse | |
von uns Studierenden der K.O.-Schlag. Entscheidend ist, dass es diesen | |
[5][warmen Arbeitsplatz für Studierende] an der Hochschule gibt, sodass es | |
nicht angenehmer ist, zu Hause zu arbeiten und damit selber Energiekosten | |
tragen zu müssen. | |
Also fordern Sie, dass etwa Bibliotheken ihre Öffnungszeiten nicht | |
einschränken? | |
Genau, das ist ein Kernanliegen. Aber die Hochschulen müssen sich das halt | |
leisten können. Dafür braucht es Hilfe vom Staat. | |
Die Asten fordern zudem allgemein die „Ausfinanzierung der Hochschulen“. | |
Tut der aktuelle Senat mit einer jährlichen Zwei-Prozent-Steigerung nicht | |
mehr als sein Vorgänger? | |
Ja, aber bei zehn Prozent Inflation sind zwei Prozent natürlich nicht viel. | |
Es gibt eine Perspektive, aber die Hochschulen brauchen für diesen und | |
kommenden Winter einen Finanzausgleich. | |
Im Moment fehlt es allen an allen Ecken und Enden, von der Kinderklinik bis | |
zur Feuerwehr. Wie wollen Sie da für Hochschulen Gehör finden? | |
Wir müssen uns bewusst sein, dass die Hochschulen am Ende diejenigen sind, | |
die auf die drängenden Fragen unserer Zeit die Antworten liefern. Hier zu | |
sparen heißt, an der Zukunft zu sparen. Jetzt die Hochschulen mit ihrem | |
Haushalt alleine zu lassen, wird den Hochschulstandort Hamburg nachhaltig | |
schwächen. Das darf nicht passieren. | |
Spricht der Senat mit Ihnen? | |
Wir haben den Termin mit der Wissenschafts-Staatsrätin in der nächsten | |
Woche. Da sind wir gespannt. | |
Planen Sie auch Proteste? | |
So weit sind wir noch nicht. Wir wollen aber in jedem Fall als Studierende | |
hochschulübergreifend unsere Stimme erheben, weil es um unsere Zukunft und | |
unsere Lehre geht. Und weil die Unterstützung des Staates in dieser Krise | |
nicht an uns vorbeigehen darf. | |
20 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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