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# taz.de -- Landkarten-Ausstellung in Hamburg: Politische Pigmente
> Immer wieder Kolonialismus: Das Hamburger Museum am Rothenbaum zeigt, wie
> Farbe auf die Landkarten kam.
Bild: Bedeutende Berge sind Grün: Territoriale Karte des Großen Ostens (Detai…
Hamburg taz | „Landkarten und Farben gehören eng zusammen“, das ließ dies…
Tage das [1][Museum am Rothenbaum] in Hamburg wissen. Da wäre Mensch
vielleicht versucht zu sagen: Ja, stimmt, ist aber auch ganz schön banal,
oder? Wie man es nimmt: Dass manche uns heute sehr selbstverständlich
vorkommende Art und Weise, in diesem Zusammenhang Farbe zu benutzen, eben
nicht immer schon so verbreitet war, das könnte so ein*e Kritiker*in im
besagten Museum erfahren.
Denn dort hat gerade die [2][Ausstellung „Farbe trifft Landkarte“]
eröffnet, und die erzählt auch von den teils erst sehr spät sich
einigermaßen einheitlich darstellenden Kolorierungs-Konventionen. Apropos:
Auch vieles andere, das, sagen wir: die westliche Welt für unumstößlich
hält – Norden ist auf Karten oben, und die funktionieren grundsätzlich als
Draufsicht – gilt weltweit nicht oder nicht immer schon oder musste
überhaupt erst ausgehandelt werden.
Einerseits ist es ein ganz klassisch kulturwissenschaftlicher Ansatz, der
da verfolgt wird: Herangezogen wurden Karten seit dem 15. Jahrhundert,
einerseits aus Europa, andererseits aus dem fernen Osten, und einiges nun
Gezeigte ist wirklich selten. Zurückgreifen konnte man dafür auf zwei
Hamburger Sammlungen, nämlich Bestände der Stiftung Hanseatisches
Wirtschaftsarchiv sowie des Museums selbst.
Dort ist man etwa richtig stolz auf die eigenen, nun auch gezeigten
Exemplare der „Territorialen Karte des Großen Ostens“, also Koreas. Diese …
komplett ausgelegt gut sechseinhalb mal vier Meter große – Karte entstand
nach 1861, ist aber so präzise, dass sie der Überprüfung mit GPS
standhalte, so [3][Susanne Knödel], Leiterin des Ostasienbereichs am
Museum.
## Interesse auch am Material
Es gibt aber eine weitere Dimension: Hinter der Ausstellung steht ein 2018
initiiertes, auch mit Bundesmitteln gefördertes materialkundliches
Forschungsprojekt: Wie genau wurden die Jahrhunderte hindurch Landkarten
gefärbt? Welche Methoden gab und gibt es – und welche Farben?
So ist dort nun übers – spät erfundene, aber umso mehr Karriere machende –
Berliner respektive Preußisch Blau genauso etwas zu erfahren wie übers
lange verteidigte spanische Monopol auf das Wissen, dass sich aus
Schildläusen Karminrot herstellen ließ. Dass die Spanier darauf mitnichten
selbst gekommen waren, sondern es sich dabei um eine weitere koloniale
Aneignung handelte: Es passt natürlich bestens zu diesem ganzen Thema. Der
betrachtete Zeitraum – 15. bis 20. Jahrhundert – deckt sich ja mit den
[4][unter Neubewertungsdruck] geratenen europäischen „Entdeckungsfahrten“.
## Immer Thema: die Provenienz
Wie seit ein paar Jahren eigentlich immer in Hamburgs einstigem
Völkerkundemuseum wird die Provenienz beleuchtet. Einerseits können gerade
die ostasiatischen Karten auf heute als problematisch erachteten Wegen in
die Bestände gelangt sein. So weisen die Verantwortlichen etwa hin auf eine
nun ausgestellte Kartenrolle. Die dokumentiert chinesische Machtansprüche
auf benachbarte Regionen, war aber wahrscheinlich selbst Raubgut, als
während des „Boxerkriegs“ 1900/1901 der Kaiserpalast in Peking geplündert
wurde.
Die meisten europäischen Karten aus Hamburgs Commerzbibliothek und dem
Hanseatischen Wirtschaftsarchiv gelten als legal erworben. Anders liegt der
Fall wiederum bei solchen Objekten, mit denen 1943 ff. die durch
Bombentreffer und Löschwasser dezimierten Bestände wieder aufgestockt
wurden – das geschah auch über die „Reichsaustauschstelle“.
29 Aug 2021
## LINKS
[1] /Aufarbeitung-der-eigenen-Geschichte/!5459084
[2] https://markk-hamburg.de/ausstellungen/farbe-trifft-landkarte/
[3] /!5574296/
[4] /Hamburg-ehrt-bis-heute-Kolonialisten/!5691779
## AUTOREN
Alexander Diehl
## TAGS
Hamburg
Kolonialismus
Geografie
Chemie
Naturwissenschaft
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China
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Kolonialismus
Ausstellung
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