| # taz.de -- Vorwürfe gegen Schweinehalter: Ökosiegel trotz Bioskandal | |
| > Ein Schweinehalter in Niedersachsen soll konventionelles Fleisch als | |
| > Bio-Ware verkauft haben. Bioland schloss ihn aus. Dennoch darf er | |
| > weitermachen. | |
| Bild: Künftiges Biofleisch auf der Wiese – hier nicht von dem betreffenden H… | |
| Berlin taz | Ein vom Ökobauernverband Bioland wegen schwerwiegender | |
| Verstöße gegen das Öko-Recht ausgeschlossener Schweinehalter darf immer | |
| noch Ware mit dem EU-Biosiegel verkaufen. Dem Inhaber des Betriebs im Dorf | |
| Zargleben im niedersächsischen Wendland gehören mindestens zwei weitere | |
| Firmen, die auch drei Monate nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den | |
| Landwirt biozertifiziert waren. Auch der Hof selber darf nach wie vor | |
| Getreide und andere pflanzliche Erzeugnisse als [1][Ökoprodukte] | |
| vermarkten. Die Bescheinigungen liegen der taz vor. | |
| Die Vorwürfe gegen den Landwirt – einen Pionier der Bio-Schweinehaltung – | |
| sind so gravierend, dass die Staatsanwaltschaft Oldenburg ein | |
| Ermittlungsverfahren eingeleitet hat. Dem Bauern werde vorgeworfen, „dass | |
| er Schweine geschlachtet habe ohne Fleischbeschau und dass er Fleisch als | |
| bio verkauft haben soll, obwohl es die Biovorschriften nicht erfüllt, weil | |
| möglicherweise ein unzulässiger Medikamenteneinsatz erfolgte“, sagte | |
| Staatsanwalt Thorsten Stein der taz. Die Schweine sollten auch im | |
| Ökolandbau verbotene Futtermittel bekommen haben. Am 5. Mai durchsuchten | |
| laut der Elbe-Jeetzel-Zeitung 40 Polizisten den Hof und einen Bioladen. | |
| „Nach aktuellen Erkenntnissen bestätigen sich schwerwiegende Vorwürfe gegen | |
| den Betriebsinhaber“, teilte Bioland der taz mit. Daher habe ihm der | |
| Verband sein Zertifikat für alle Warenarten entzogen. Mitte Juni habe man | |
| dann „für alle weiteren landwirtschaftlichen Bioland-Betriebe mit | |
| Beteiligung des Betriebsleiters die ordentliche Kündigung ausgesprochen“. | |
| Denn die Vorwürfe lassen an seiner Zuverlässigkeit als Bio-Unternehmer | |
| zweifeln. Sollte er auch andere Produkte aus konventioneller Erzeugung als | |
| bio vermarkten und sollte das erst später entdeckt werden, wäre der Schaden | |
| an der Glaubwürdigkeit von Bioland im Speziellen und der Biobranche im | |
| Allgemeinen kaum noch zu beheben. | |
| Doch das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und | |
| Lebensmittelsicherheit (Laves) sieht bisher keine Veranlassung, den | |
| mutmaßlichen Betrüger zumindest vorläufig vom Bio-Markt auszuschließen. Man | |
| habe Erkenntnisse über Unregelmäßigkeiten auf dem Hof nur von der | |
| Staatsanwaltschaft bekommen, und die ließen lediglich zu, das Biozertifikat | |
| für tierische Produkte zu entziehen, schrieb das Amt der taz. | |
| ## Angst vor einer Klage | |
| Laut Laves wäre es „unverhältnismäßig“, alle anderen Unternehmen, an de… | |
| er beteiligt ist, aber in denen er „nicht unbedingt alleinverantwortlich | |
| tätig ist“, zu sperren, ohne dass auch in diesen Betrieben „konkrete | |
| Rechtsverstöße bewiesen werden können“. Offenbar hat das Laves Angst, vor | |
| dem Verwaltungsgericht zu unterliegen, wenn der Unternehmer gegen eine | |
| Sperre klagen sollte. Solche Verfahren machen den zuständigen, oft | |
| überlasteten Amtsabteilungen auch besonders viel Arbeit. | |
| Allerdings ist der Beschuldigte bei einer betroffenen Gesellschaft | |
| bürgerlichen Rechts einer von nur zwei Eigentümern – gegen seinen Willen | |
| kann dort nichts passieren. Eine Gesellschaft mit begrenzter Haftung darf | |
| er als Geschäftsführer allein vertreten. Die Vorwürfe sind so gut bewiesen, | |
| dass Bioland seinen Firmen kündigen und das Laves dem Hof des Bauern das | |
| Biosiegel für Tiere vorläufig sperren konnte. | |
| Artikel 30 der [2][EU-Ökoverordnung 834/2007] schreibt bei schwerwiegenden | |
| Verstößen ausdrücklich vor, „dem betreffenden Unternehmer“ die Bio-Lizenz | |
| allgemein zu entziehen. Es geht also nicht nur um einzelne Unternehmen, | |
| sondern alle Firmen des Betreffenden. Das Laves sieht die Verantwortung | |
| auch bei den privaten Öko-Kontrollstellen, die mit Zulassung der Behörden | |
| die Biobetriebe überprüfen. Sie „können und müssen“ das Zertifikat | |
| aussetzen, wenn die Verstöße das angemessen erscheinen ließen. Doch die | |
| Kontrollstellen fürchten meist Schadenersatzforderungen, wenn nicht das | |
| zuständige Amt gleichzeitig den Entzug des Zertifikats anordnet. | |
| 29 Aug 2021 | |
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| [1] /Agraratlas-und-Ernaehrungsreport/!5561158 | |
| [2] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX%3A32007R0834… | |
| ## AUTOREN | |
| Jost Maurin | |
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