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# taz.de -- Zweifel an Bioware: Ob du wirklich bio kaust…
> Eine Schlachtfirma soll Hühnerfleisch fälschlicherweise als bio
> deklariert haben. Wieder einmal bemerkten die Öko-Kontrolleure nichts.
Bild: …siehst du, wenn du aufs Siegel schaust. Nur was, wenn das gefälscht i…
Bei der Schlachtfirma Oberschwäbische Geflügel GmbH wissen sie, was
VerbraucherInnen wollen. „Bio: Die tierfreundlichste Hähnchenproduktion“ �…
mit diesem Slogan warb das Unternehmen aus dem baden-württembergischen Ort
Ertingen auf seiner Internetseite. Die Schlachterei bekomme ihre Tiere von
Höfen, die den Hühnern „Auslauf ins Freie“ und „deutlich mehr Platz“ …
Stall einräumten als konventionelle Betriebe.
Das Fleisch landete zum Beispiel bei den Ökosupermarktketten denns und
Alnatura. Für Biohähnchenbrust zahlen die KonsumentInnen typischerweise
mehr als das Doppelte als für konventionelle.
Doch ob sie dafür wirklich Bioware bekommen, daran hat die
Staatsanwaltschaft Landshut so große Zweifel, dass sie den Schlachtbetrieb
und seine bayerische Muttergesellschaft sowie die Wohnungen mehrerer
Tatverdächtiger vor Kurzem [1][von rund 150 Polizisten durchsuchen ließ].
„Zeitgleich fanden in ganz Bayern, Hessen, Baden-Württemberg,
Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen Durchsuchungen in Geschäftsräumen von
anderweitig beteiligten Unternehmen statt“, teilte die Staatsanwaltschaft
mit.
Fünf Verantwortliche der Unternehmen sollen seit Anfang 2018
konventionelles Hähnchenfleisch mit dem Herkunftszeichen „Geprüfte Qualität
Bayern“, dem amtlichen Bio-Siegel und der Marke des Ökoverbands Naturland
ausgezeichnet haben. „Weiter bestehe der Verdacht, dass aufgetaute Hähnchen
fälschlicherweise als Frischware etikettiert veräußert worden sein sollen“,
so die Ermittler.
## Kontrolle bleibt ergebnislos
Der Verdacht: gewerbsmäßiger Betrug und Verstöße gegen das
Lebensmittelrecht. Bioland, Biokreis, Demeter und Naturland haben daraufhin
den beiden Unternehmen verboten, weiterhin Ware mit den Marken der
Ökoverbände zu vermarkten. Die Oberschwäbische Geflügel GmbH war [2][dem
Branchenportal BioHandel zufolge] bis jetzt einer der wichtigsten
Geflügelschlachter für Ware der Bioverbände südlich der Donau.
Die beschuldigten Unternehmen wiesen in einer [3][Stellungnahme] die
„verlautbarten Vorwürfe vollumfänglich und mit Nachdruck zurück“. Bei den
Kontrollen habe es zu „keinem Zeitpunkt Auffälligkeiten oder relevante
Beanstandungen“ gegeben.
Spezielle KontrolleurInnen müssen jeden Ökobetrieb in Deutschland
mindestens einmal im Jahr überprüfen. Doch sie haben den Fall nicht ins
Rollen gebracht, sondern eine „Anzeige, die Mitte des Jahres 2022 bei der
Staatsanwaltschaft Landshut anonym eingegangen war“, so die Behörde.
„Wir haben im Rahmen der Hausdurchsuchung unter Leitung der
Staatsanwaltschaft Landshut am 16. 11. 2022 erstmals von den Vorwürfen
gegen die genannte Firma gehört“, schrieb die Sprecherin von Ecocert
Deutschland der taz. Das ist die Kontrollstelle, die der oberschwäbischen
Geflügelschlachterei das Biosiegel gegeben hat. Die Kontrollstelle Lacon,
die das Mutterunternehmen zertifiziert hat, wich der Frage aus, wann es von
den Vorwürfen erfahren hat.
Auch frühere Bioskandale wurden nicht von den in erster Linie zuständigen
Kontrollstellen aufgedeckt. Durch die Lappen ging ihnen zum Beispiel
[4][der Fall eines Bioschweinehalters aus dem niedersächsischen Dorf
Zargleben], der laut Staatsanwaltschaft seinen Sauen im Ökolandbau
verbotene Hormone gegeben hatte. Die Behörde hat nach eigenen Angaben
inzwischen einen Strafbefehl gegen ihn beantragt. Der Landwirt war mit
jährlich rund 7.000 gemästeten Tieren ein wichtiger Player in der Branche.
Sogar einer der größten Ökoskandale in Deutschland wurde nicht von der
Kontrollstelle, sondern einem Richter in einem Rechtsstreit zwischen einem
beteiligten Landwirt und dessen Legehennenlieferanten entdeckt: Über 100
vor allem niedersächsische Legehennenbetriebe hatten mehr Tiere als erlaubt
in ihren Ställen untergebracht.
Eine andere Kontrollstelle schaffte es laut Landgericht Schwerin erst nach
sieben Jahren, einem Bauern in Mecklenburg-Vorpommern auf die Spur zu
kommen, der seinen „Bioschweinen“ konventionelles Futter gab. Durch den
Verkauf von rund 6.500 Tieren nahm er knapp 900.000 Euro mehr ein, als
konventionelle Schweine eingebracht hätten, stellte das Gericht 2021 fest.
Einen anderen im September 2021 vom selben Gericht verurteilten Biobetrüger
deckte ebenfalls nicht die Ökokontrolle, sondern eine zunächst anonyme
Anzeige bei der Polizei auf. Der Landwirt hatte über zwei Jahre rund 8.500
konventionelle Schweine gekauft und sie als Biotiere weiterverkauft.
Ecocert ist ein privates Unternehmen, wie alle [5][19 von den Behörden
zugelassenen Biokontrollstellen] in Deutschland. Bezahlt werden sie von
denjenigen, die sie kontrollieren sollen: den Bauern und Firmen, die mit
dem Biosiegel werben. Die Kunden dürfen ihre Kontrollstelle selbst
auswählen – und auch wechseln. So können die Kontrollierten Druck auf die
Inspekteure ausüben. Die größte Kontrollstelle, Abcert, [6][bestätigte der
taz 2021 sogar, dass sie Kontrolleure auswechsele], wenn der Betrieb darum
bittet.
Das von den Grünen geführte Bundesagrarministerium sieht dennoch keinen
Reformbedarf. Den Behörden stehe ein „ausdifferenziertes Instrumentarium
zur Verfügung“, um Fehlverhalten zu sanktionieren, schrieb eine
Ministeriumssprecherin der taz. Ähnlich sieht das der Bund Ökologische
Lebensmittelwirtschaft. Bisher handele es sich im aktuellen Fall nur um
einen Verdacht, antwortete der Branchenverband auf die Frage, ob das System
reformiert werden müsse.
3 Dec 2022
## LINKS
[1] https://www.polizei.bayern.de/aktuelles/pressemitteilungen/038882/index.html
[2] https://biohandel.de/markt-branche/mutmasslicher-bio-betrug-mit-gefluegel
[3] https://www.gefluegel-gross.de/app/uploads/Stellungnahme_Gross_17112022_V2.…
[4] /Vorwuerfe-gegen-Schweinehalter/!5792577
[5] https://www.oekolandbau.de/oeko-kontrollstellen/
[6] /Whistleblower-packt-aus/!5816173
## AUTOREN
Jost Maurin
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weitermachen.
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