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# taz.de -- Netflix will Videospiele anbieten: Stranger Games
> Der Streamingdienst Netflix will ab 2022 eigene Games anbieten, um dem
> stagnierenden Wachstum entgegenzuwirken. Ob das klappt?
Bild: Bitte lieber Netflix-Games statt „Fortnite“, wird sich Reed Hastings …
Ob Reed Hastings selbst gern „Fortnite“ zockt, wissen wir nicht. Was wir
aber wissen: Der Netflix-Gründer und CEO möchte Games gern im Angebot
seines Streamingdienstes haben. So verkündete das Unternehmen Ende Juli
[1][bei der Präsentation der Zahlen für das zweite Quartal 2021], dass man
im Laufe des Jahres 2022 auch eigene Spiele auf der Plattform anbieten
wolle. Für den Anfang wolle man sich auf Mobile-Games, also Games für
Smartphones oder Tablets, beschränken. Die Abogebühren sollen nicht
steigen, die Spiele werbefrei bleiben. Zu schön, um wahr zu sein?
Dass Netflix Games entwickeln und anbieten will, hat sich in den letzten
Jahren bereits angedeutet. „Wir konkurrieren mehr mit Fortnite als mit HBO
– und wir verlieren“, s[2][chrieb Hastings Anfang 2019] in einem Brief an
die Aktionäre. Damit spielte er auf die sogenannte Screen Time an, die
Bildschirmzeit.
Menschen, die den vor allem bei Jugendlichen beliebten Onlineshooter
„Fortnite“ spielen, schauen demnach kein Netflix und denken
höchstwahrscheinlich auch nicht daran, ein Abo abzuschließen. Außerdem ist
„Fortnite“ [3][mit einem Umsatz von 9,1 Milliarden US-Dollar] allein 2018
und 2019 eine wahre Goldgrube für das Studio Epic Games. Eine Goldgrube,
von der auch Hastings etwas abhaben will, [4][um das stagnierende Wachstum
neu zu befeuern.] Mit eigenen Games.
Schon auf den [5][großen Spielemessen E3 in Los Angeles] und Gamescom in
Köln hatte das Unternehmen 2019 große Stände aufgebaut: „Deine
Lieblingsserien zum Leben erweckt: Wie Netflix-Originale zu Videospielen
werden“. Damit warb das Unternehmen für seinen dicken Markenkatalog. Die
Idee, aus eigenen Serien eigene Games zu entwickeln, klingt plausibel: Als
ballernder DEA-Agent im „Narcos“-Universum oder als Schachprofi in „Das
Damengambit“ könnte man viele Fans abholen.
## Mittel zum Zweck
Zwei kleinere Spiele [6][zum Serienhit „Stranger Things“] gibt es bereits.
Darin steuert man die Figuren aus der Retroshow aus der Vogelperspektive in
zeitgenössischer Pixelgrafik, vermöbelt Gegnerhorden und löst die
immergleichen Schalterrätsel. Die beiden Spiele wurden noch von externen
Studios entwickelt, bei denen Netflix lediglich als Produzent auftrat. Auch
kooperiert die Streaming-Plattform bereits mit Spielestudios wie CD Projekt
bei der Serienverfilmung von „The Witcher“ oder [7][mit Epic Games, die ein
Event von „Fortnite“] in der Welt von „Stranger Things“ spielen ließen.
2018 experimentierte Netflix ebenfalls mit interaktiven Formaten, bei der
Zuschauer:innen die Handlung im Thriller „Bandersnatch“ und der
„Minecraft“-Serie durch Entscheidungen beeinflussen konnten.
Games sind für Netflix ein Mittel zum Zweck, um das multimediale Angebot zu
schmücken und eigene Serien auszubauen. Transmediales Storytelling, also
Geschichten in verschiedenen Medien weiterzuspinnen, nutzte bereits das
erste „Stranger-Things“-Spiel von 2017. Zusammen mit dem im [8][Juni 2021
eröffneten Merchandise-Store], der Klamotten und anderen Krimskrams etwa
aus „The Witcher“ verkauft, könnte Netflix mehr Umsatz generieren und seine
Marken im Game-Bereich platzieren.
Der endgültige Schritt auf den Gamesmarkt könnte aber nun die größte
Herausforderung für das Unternehmen werden. Denn ausgerechnet die großen
Player der Tech-Branche sind bislang daran gescheitert, sich dort zu
behaupten. Zwar bietet Amazon mit seinen Web Services und der
Game-Streaming-Plattform Twitch eine schnelle Infrastruktur. Doch haben
es die hauseigenen Amazon Game Studios bislang nicht geschafft, [9][ein
einziges Spiel herauszubringen.]
Die Führungsriege im Tech-Konzern habe zu viel gewollt und nicht
verstanden, wie Spiele funktionieren, da sie noch nie vorher ein Game
entwickelt hatte, fasst es der Gamejournalist Jason Schreier [10][auf
Bloomberg] zusammen. Große Teile der Belegschaft [11][wurden im Juni 2019
gefeuert] und das Onlinegame „New World“ mehrfach verschoben, Ende
September 2021 soll es nun erscheinen. Google hat indes das hauseigene
Entwicklerteam für seine [12][Streaming-Plattform Stadia aufgelöst] und
will künftig nur noch Games von anderen Studios anbieten.
## Starke Konkurrenz
Netflix kann also vermutlich nicht mit Microsoft, Sony und anderen
erfahrenen Studios mithalten. An großen Spieleproduktionen wie dem
Western-Epos „Red Dead Redemption 2“ von Rockstar Games [13][arbeiteten
etwa 2.000 Menschen], das [14][ist rund ein Viertel der gesamten
Netflix-Belegschaft.] Aber mit seinem Mobile-First-Ansatz könnte Netflix
trotzdem Erfolg haben. So ist es denkbar, dass die neue Games-Abteilung
simple Spiele abliefert, die sich schnell und kostengünstig entwickeln
lassen.
Möglichst schnell und kostengünstig, so war der Ansatz von vielen
Umsetzungen von Filmen und Serien in Games seit den 80er Jahren. Mit „E. T.
The Extra-Terrestrial“ für die Konsole Atari 2600 von 1982 floppte eines
der ersten Lizenzspiele wegen der geringen Qualität spektakulär. Der Grund:
Nur ein einzelner Entwickler war für das Projekt abgestellt worden,
lächerliche fünf Wochen Zeit hatte er bekommen. Auch bei anderen
Lizenzspielen übten Filmemacher:innen Druck auf Entwickler:innen
aus, strichen ihnen Gelder oder verstanden nicht, dass Games oft eine
längere Produktionszeit haben als Filme.
Simple Produktionen, mit denen Netflix in den vergangen Jahren den Markt
geflutet hat, funktionieren als Serie oder Film besser. Denn deren Qualität
und Komplexität reicht aus, wenn Zuschauer:innen sich berieseln lassen
wollen. Bei Games klappt das nicht, weil diese interaktiv sind und die
ständige Aufmerksamkeit der Spieler:innen erfordern. Ob
Netflix-User:innen überhaupt spielen wollen, ist unklar. Ebenso unklar
ist, ob mit Games neue Abonnent:innen gewonnen werden können. Denn wer
qualitativ hochwertige Games spielen will, greift zur Konkurrenz von
Microsoft und Sony. Hoffen wir, dass die Netflix-Abonnent:innen ab 2022
nicht doch höhere monatliche Gebühren zahlen müssen für mittelmäßige
Mobile-Games, die keiner will.
22 Aug 2021
## LINKS
[1] https://s22.q4cdn.com/959853165/files/doc_financials/2021/q2/FINAL-Q2-21-Sh…
[2] https://gizmodo.com/netflix-the-goal-is-to-become-hbo-faster-than-hbo-can-5…
[3] https://www.theverge.com/2021/5/3/22417447/fortnite-revenue-9-billion-epic-…
[4] https://variety.com/2021/digital/news/netflix-q1-2021-media-earnings-123495…
[5] https://twitter.com/NetflixGeeked/status/1128044834361495552
[6] https://store.steampowered.com/app/1097800/Stranger_Things_3_The_Game/
[7] https://twitter.com/FortniteGame/status/1146933441046487042?ref_src=twsrc%5…
[8] https://www.netflix.shop/products/first-encounter-geralt-by-tracy-tubera
[9] https://qz.com/1999032/why-amazon-keeps-failing-at-video-games/
[10] https://www.bloomberg.com/news/features/2021-01-29/amazon-game-studios-str…
[11] https://kotaku.com/amazon-lays-off-dozens-of-game-developers-during-e3-183…
[12] https://www.googlewatchblog.de/2021/02/stadia-google-spieleentwicklung-ent…
[13] https://en.wikipedia.org/wiki/Development_of_Red_Dead_Redemption_2
[14] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/553249/umfrage/anzahl-der-m…
## AUTOREN
Denis Gießler
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