# taz.de -- Werbung beim Fußball: Die Bigotterie der alten Herren | |
> Tennis Borussia Berlin darf auf seinen Trikots nicht für einen Opferfonds | |
> werben. Der Grund: fehlende politische Neutralität. Ernsthaft jetzt? | |
Bild: Will von Politik im Fußball nichts wissen: NOFV-Präsident Herrmann Wink… | |
Der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV) hat mal wieder einen rausgehauen. | |
[1][Der NOFV], das ist der, der vor einem Jahr Tennis Borussia Berlin | |
verboten hat, mit dem Schriftzug „Black Lives Matter“ aufzulaufen, weil zu | |
politisch. Der über Rufe wie „Zecken, Zigeuner, Juden“ hinwegsah, aber | |
dafür „Nazischweine raus!“ sanktionieren wollte, das war Babelsberg gegen | |
Cottbus 2017. Indessen durfte Babelsberg [2][für „Seebrücke“] werben, das | |
galt ihm als unpolitisch. | |
Nun hat diese menschenrechtlich hochkompetente Institution Tennis Borussia | |
verboten, Werbung für den Opferfonds Cura der Amadeu Antonio Stiftung zu | |
tragen. Wie üblich: Die Werbung stehe „im Gegensatz zur satzungsgemäßen | |
politischen und konfessionellen Neutralität des Sportverbandes“, so der | |
NOFV in einem Schreiben. „Zudem haben wir Sorge, dass sich eine bestimmte | |
Gruppe von Personen durch die Werbung provoziert fühlen könnte.“ | |
Dass der Verband keine Nazis provozieren will und das auch noch offen so | |
sagt, ist eine Katastrophe. Auf Rückfrage des Münchner Merkurs lavierte der | |
NOFV: „Es können sich Leute provoziert fühlen [..] weil sie linke Gewalt | |
erleben mussten und die Aufmerksamkeit ebenfalls verdient hätten.“ Warum | |
Opfer mit demokratischer Gesinnung sich provoziert fühlen sollen, wenn | |
anderen Gewaltopfern Hilfe zuteil wird, weiß nur der NOFV. Fatal ist aber | |
vor allem die immer noch verbreitete Heuchelei zur politischen Neutralität. | |
[3][Sportverbände sind nicht unpolitisch]. Trikotwerbung ist eh nicht | |
unpolitisch, sie wirbt für Glücksspiel, Energiekonzerne, Volkswagen oder | |
Gazprom. Allein, dass sie das Kaufen bewirbt, ist zutiefst politisch. | |
Solange Verbände das nicht verstehen, blamieren sie sich weiter. | |
Sie selbst sind, by the way, zutiefst politisch. Präsident des NOFV ist | |
derzeit Ex-CDU-Politiker Herrmann Winkler, auch schon während seiner | |
CDU-Karriere Fußballfunktionär. Chef des Fußballverbands Sachsen-Anhalt ist | |
CDU-Mann Holger Stahlknecht (der, dem die eigene Partei zu viel Nähe zu AfD | |
nachsagte). In seiner Liebe zur Polizei versteht er sich gewiss gut mit dem | |
NOFV-Vizepräsidenten Bernd Schultz, Polizist, der im Berliner Landesverband | |
vielen als Inbegriff konservativer Verkrustung gilt. Ein politisch | |
neutraler Verband alter Herren also. | |
Tiefschwarz regiert im Fußball schon lange. Es haben schon in den siebziger | |
Jahren die Großen Gerd Müller und Franz Beckenbauer offen für die CSU | |
geworben. Ohne jeden Ärger. Bei Sportverbänden ist das eher so: Politisch | |
wird Werbung, wenn man für die Falschen wirbt. | |
6 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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