# taz.de -- Repressionen in Belarus: Lukaschenko macht NGOs dicht | |
> Riegel vor für KritikerInnen: Belarus' Machthaber Alexander Lukaschenko | |
> verbietet dutzende Organisationen, darunter auch Wohltätigkeitsvereine. | |
Bild: Kritik wird mit aller Härte unterbunden: Alexander Lukaschenko, Präside… | |
KIEW taz | Die offizielle belarussische Nachrichtenagentur Belta.by erklärt | |
den LeserInnen die Welt so, wie sie, ginge es nach dem Diktator des Landes, | |
gerne von der Bevölkerung gesehen werden sollte. Alexander Lukaschenko will | |
folgende Geschichte in die Öffentlichkeit tragen: Bald stehe in Belarus die | |
Zeit der Ernte an – darauf müsse man vorbereitet sein. Deshalb gehe es | |
jetzt, so belty.by, vor allem um zwei Dinge: Qualität und Tempo bei der | |
Ernte. Schöne Bilder von Mähdreschern untermalen diese Erzählung. Und | |
[1][Mitte August soll das AKW] Astrawez – wieder einmal – ans Netz gehen. | |
Von der Schnellabschaltung am 12. Juli indes kein Wort. | |
Um die Bevölkerung zügig auf diese Erfolgsmeldungen einzustellen, hat der | |
belarussische Staat nicht nur Belta.by zu seinem virtuellen Kampforgan | |
gemacht. Wer dieses Bild eines einträchtigen Belarus, das sich um Qualität | |
und Tempo der Ernteeinsätze sorgt, ankratzt, der muss mit der ganzen Härte | |
des Staates rechnen. | |
## Verbote folgen auf Hausdurchsuchungen | |
Und der Staat hat erneut zugeschlagen. 50 Nichtregierungsorganisationen hat | |
das belarussische Justizministerium am Donnerstag geschlossen. Unter ihnen | |
sind die Menschenrechtsorganisation Human Constanta, die Gruppe Youth Labor | |
Rights, das European Youth Parliament, der Presseclub Belarus, das Büro für | |
Menschen mit Behinderungen, der Europäische Dialog, das Zentrum für | |
Urbanistikprojekte, die Werkstatt soziales Kino und das Zentrum für soziale | |
Hilfe und für Ausgegrenzte. Bei vielen der betroffenen Organisationen waren | |
vor Kurzem Hausdurchsuchungen durchgeführt worden. Auch humanitäre Gruppen, | |
Sprachschulen, Behindertenverbände und Projekte gegen | |
Jugendarbeitslosigkeit finden sich in der Liste der geschlossenen | |
Organisationen. | |
Sofort nach Bekanntwerden der Verbote forderten mehrere belarussische | |
Menschenrechtsgruppen wie Wjasna, Die Rechtsinitiative und das | |
Belarussische Haus für Menschenrechte eine Rücknahme dieser Verbote. | |
Gleichzeitig baten sie internationale Organisationen „öffentlich ihre | |
Meinung zu den Handlungen der Machthaber kundzutun und alle Ihnen zur | |
Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um auf eine Änderung der | |
Situation hinzuwirken“. | |
## Freiheit durch Verbote? | |
Andere Betroffene sehen indes keinen Grund, die Lage zu dramatisieren. Die | |
Verbote von NGOs seien weniger schlimm als die [2][Jagd auf | |
JournalistInnen] und AktivistInnen der jüngsten Zeit, sagt Alexej Koslojuk | |
von der ebenfalls verbotenen Menschenrechtsgruppe Human Constanta gegenüber | |
euroradio.fm sarkastisch. Nun sei es eben an der Zeit, über ein Lean | |
Management nachzudenken. | |
Ein gutes Beispiel sei die Menschenrechtsorganisation Wjasna (zu deutsch: | |
Der Frühling). Trotz Verbot sei sie weiter als nicht eingetragener Verein | |
tätig und habe gute Arbeit geleistet. Jaroslaw Bekisch vom Grünen Netz | |
ergänzt, dass das Verbot viele Betroffene zu freieren Menschen gemacht | |
habe, da die Registrierung für die AktivistInnen immer auch eine gewisse | |
Anpassung an die staatlichen Erwartungen mit sich gebracht habe. „Die | |
Abwicklung von zivilen Initiativen schwächt das Regime mehr als die | |
Zivilgesellschaft“ ist sich Bekisch sicher. Organisationen, die sich hatten | |
registrieren lassen, hatten ihre Maßnahmen mit den Behörden absprechen | |
müssen. Das sei für den Staat nützlich gewesen. Nun entfalle diese | |
Kontrollmöglichkeit. „Damit hat sich das Regime selbst ins Knie | |
geschossen“, so der Umweltaktivist. | |
Auch viele [3][SportlerInnen mussten schon in Belarus für ihre Kritik am | |
Staat Nachteile erleiden]. Sie wurden nicht mehr auf Wettkämpfe geschickt | |
oder gar verfolgt. Dennoch haben es sieben namhafte KritikerInnen zur | |
[4][Olympiade nach Tokio] geschafft. Das sind die Bogenschützin Karyna | |
Kazlouskaya, der Boxer Dmitrij Asanau, der Schwimmer Yauhen Tsurkin, die | |
100-Meter Hürdenläuferin Elwira German, die Mittelstreckenläuferin Darja | |
Sjarhejeuna Baryssewitsch, die Hochspringerin Maryia Zhodzik und die | |
Marathonläuferin Wolha Masuronak. | |
24 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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