# taz.de -- Boxweltmeister aus Russland abgeschoben: An Belarus ausgeliefert | |
> Ein belarussischer Sportler wird von den russischen Behörden an Belarus | |
> übergeben, weil er dort einen Polizisten geschlagen haben soll. | |
Bild: Ihm droht jetzt eine Haftstrafe in Belarus: Boxweltmeister Alexej Kudin | |
KIEW taz | Stundenlang hatte Tatjana Parchimowitsch, Ehefrau des mehrfachen | |
belarussischen Weltmeisters im Kick- und Thaiboxen, [1][Alexej Kudin], am | |
Mittwoch vor der russischen Haftanstalt Selenograd mit ihrer jüngsten | |
Tochter ausgeharrt, weil sie auf ein Lebenszeichen ihres dort in | |
Abschiebehaft sitzenden Mannes gewartet hatte. Doch was sie nicht wissen | |
konnte: Zu diesem Zeitpunkt war ihr Mann schon nicht mehr in Abschiebehaft. | |
Am Donnerstagmorgen traf Kudin in Minsk ein. | |
Am Mittwoch hatte ein Moskauer Berufungsgericht die Klage von Kudins | |
Anwälten gegen die geplante Auslieferung abgewiesen. Noch in letzter Minute | |
hatten die Anwälte von Kudin ein Auslieferungsverbot nach Belarus durch | |
eine Eilentscheidung des Europäischen Menschengerichtshofes in Straßburg | |
erwirkt. Doch auch dieses konnte die russischen Behörden nicht mehr | |
abhalten. | |
Kudin hatte am 10. August vergangenen Jahres nur einmal kurz vor die Tür | |
gehen wollen, um zu erfahren, ob auch bei seinen Nachbarn das Internet | |
ausgefallen war. Was sich vor seinen Augen abspielte, war ein Bild des | |
Schreckens und der Gewalt gegen Demonstranten durch OMON-Sonderpolizisten. | |
Als er dann von einem Polizisten unsanft aufgefordert worden war, die | |
Straße zu verlassen, hatte er diesen geschlagen. | |
Wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt drohen dem 37-jährigen Sportler | |
nun fünf Jahre Haft in Belarus. Um einer langjährigen Haft zu entgehen, war | |
der Vater von fünf Kindern am 18. November nach Moskau geflohen. Doch lange | |
konnte der Mann, der sich bis zum 9. August 2020, dem Tag der | |
Präsidentschaftswahlen, immer als unpolitisch verstanden hatte, nicht in | |
Freiheit verbringen. | |
## Asylgesuch abgelehnt | |
Am 21. Januar wurde er dort aufgrund eines belarussischen | |
Auslieferungsgesuchs festgenommen. Sein Asylgesuch wurde von den russischen | |
Behörden abgelehnt. Bei von der World Association of Kickboxing | |
Organisations (WAKO) veranstalteten Weltmeisterschaften hatte er zwei | |
Goldmedaillen und eine Silbermedaille, im Thaiboxen hatte er bei | |
Weltmeisterschaften fünfmal Gold geholt. | |
Die russische Menschenrechtsorganisation Memorial verurteilt die | |
Auslieferung von Kudin, kann es nicht fassen, dass Russland eine | |
Entscheidung des Menschengerichtshofes von Straßburg – wieder einmal – | |
missachtet hat. Zum Vorwurf der Gewalt gegen die Staatsgewalt, meint | |
Memorial: „Wir haben keinen Zweifel daran, dass die Handlungen Kudins eine | |
erforderliche Reaktion auf rechtswidrige Handlungen der Milizionäre war.“ | |
Gegenüber dem russischen Fernsehsender „Doschd“ erklärte Kudins Ehefrau | |
Tatjana Parchimowitsch, ihr Mann habe sich am 10. August nur verteidigt, | |
die Milizionäre seien nur leicht verletzt gewesen. „Wenn Ljoscha wirklich | |
zugeschlagen hätte, hätte dies zu schweren Verletzungen geführt“, so die | |
Ehefrau. Sie fürchtet, dass die belarussischen Machthaber nun einen | |
Schauprozess gegen ihren Mann durchführen werden, der alle kritischen | |
Bürger*innen abschrecken soll. | |
23 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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