# taz.de -- Amri-Untersuchungsausschuss Berlin: SPD an Schärfe überholt | |
> Abschlussbericht zum Berliner Terroranschlag wird alsbald veröffentlicht. | |
> Grüne legen bereits Sondervotum vor. Auch die Linken haben einen in | |
> petto. | |
Bild: Szenen des Grauens auf dem Breitscheidplatz | |
Berlin taz | Vier Jahre hat sich der Untersuchungsausschuss des | |
Abgeordnetenhauses mit dem [1][Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz] | |
beschäftigt. Pünktlich zum Ende der Legislaturperiode liegt nun der | |
Abschlussbericht vor. Man kann getrost von einer Herkulesaufgabe sprechen. | |
Am 9. August soll das 1.000 Seiten umfassende Konvolut veröffentlicht | |
werden. | |
Die Grünen indes sind am Donnerstag mit einem Sondervotum, das Teil des | |
Berichts ist, vorgeprescht. Auch die Linken haben ein Sondervotum verfasst, | |
aber noch nicht veröffentlicht. In der Regel werden Sondervoten, auch | |
Minderheitenvotum genannt, von der Opposition abgegeben. Der Hintergrund: | |
Die Ausschussmehrheit, die den Bericht verabschiedet, ist in der Regel | |
identisch mit der Regierung. Und die hat kein Interesse daran, sich selbst | |
und den eigenen Sicherheitsbehörden zu schaden. | |
Das Besondere in diesem Fall: Die rot-rot-grüne Regierung war am 19. | |
Dezember 2016 erst ein paar Tage im Amt, als der islamistische Attentäter | |
Anis Amri mit einem Sattelschlepper über den Weihnachtsmarkt auf dem | |
Breitscheidplatz gefahren war. 12 Menschen kamen dabei zu Tode, an die 100 | |
wurden verletzt. | |
Die SPD hatte die Jahre zuvor mit der CDU regiert. Mit Frank Henkel hatten | |
die Schwarzen allerdings den Innensenator gestellt. Linke und Grüne waren | |
hingegen in der Opposition. Das ist die politische Folie, vor der man den | |
Bericht lesen sollte. Den Kern fasste der SPD-Obmann Frank Zimmermann | |
gegenüber der taz am Donnerstag so zusammen: „Es gab überall Defizite.“ D… | |
betreffe auch den Verfassungsschutz und die Sicherheitsarchitektur zwischen | |
Bund und Ländern. Vieles sei nebeneinander hergelaufen. „Insgesamt gab es | |
eine Fehleinschätzung der Gefährlichkeit Amris.“ | |
## Deutliche Defizite | |
Benedikt Lux (Grüne) und Niklas Schrader (Linke) betonten auf Nachfrage, | |
dass ihre Fraktionen den Abschlussbericht mittragen. Der sei in seiner | |
Gesamtheit „nicht unkritisch“ und stelle „deutliche Defizite“ fest. | |
Allerdings falle ihre Kritik an den Sicherheitsbehörden deutlich schärfer | |
aus. Insbesondere an Generalstaatsanwaltschaft, Staatsschutz und den | |
Verfassungschutzämtern. | |
Bis zum Anschlag hatte sich Amri in mindestens [2][sechs Bundesländern] | |
aufgehalten und 14 Alias-Identitäten verwendet. An die 50 Behörden waren | |
mit ihm befasst: straf-, polizei-, asyl- und ausländerrechtlich, dazu kamen | |
diverse Nachrichtendienste. Nach dem Anschlag sei die Aufklärung von dem | |
seinerzeitigen Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg | |
Maaßen, der von einem reinen Polizeifall gesprochen habe, „regelrecht | |
hintertrieben“ worden, so Lux zur taz. | |
Die Linken seien bekanntlich kein Freund des Verfassungsschutzes, sagt | |
deren Abgeordneter Sebastian Schlüsselburg. Nach dem NSU-Skandal habe man | |
aber die Erwartung gehabt, dass das Berichtewesen nachvollziehbarer werde. | |
„Im Fall Amri war das zum Teil nicht mal ansatzweise der Fall.“ Auch das | |
Frühwarnsystem habe versagt, weil Hinweise aus dem Ausland nicht so schnell | |
dort ankamen, wie es hätte sein müssen. | |
Das Sondervotum der Grünen umfasst 32 Seiten und ist mit einem 12-seitigen | |
Forderungskatalog verknüpft. Ein Auszug: Keine Datenfriedhöfe mehr anlegen. | |
Aufgestellt wird in dem Bericht auch die Vermutung, dass sich der | |
Staatsschutz unter Henkel auf den Linksextremismus fokussierte, statt auf | |
den islamistischen Terrorismus. In der Folge seien Observationskräfte nicht | |
auf Amri, sondern in der Rigaer Straße eingesetzt worden. „Beweisen könne | |
wir das nicht, aber es ist auch nicht widerlegt worden“, sagt Lux. | |
22 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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